Kopfschmerz & Migräne
PTA-Fortbildung

Gut beraten zu Kopfschmerz und Migräne

Stechen, Pulsieren oder Hämmern im Kopf – Kunden beschreiben ihre Schmerzen im Kopf ganz unterschiedlich. Kein Wunder, schließlich gibt mehr als 200 verschiedene Varianten. Informieren Sie sich hier über die Unterschiede, Hintergründe und Behandlungsoptionen.

22 Minuten

Kopfschmerzen sind die Nummer 1 unter den Schmerzen. Laut einer im Jahr 2020 durchgeführten Studie zur Prävalenz von Kopfschmerzen bei Erwachsenen in Deutschland leiden 57,5 Prozent der Frauen und 44,4 Prozent der Männer binnen eines Jahres mindestens einmal an Kopfschmerzen.

Die Mehrzahl der Betroffenen behandelt die Schmerzen im Rahmen der Selbstmedikation.

Damit nehmen PTA und Apotheker eine Schlüsselrolle als kompetente Ansprechpartner ein, die ihre Kunden bei der Auswahl und Anwendung geeigneter schmerzstillender Medikamente beraten.

Lernziele

Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem,
• welches die zwei wichtigsten Kopfschmerzformen sind,
• wie sich Migräne und Spannungskopfschmerzen voneinander unterscheiden,
• welche Substanzen zur Behandlung leitliniengerecht sind,
• welche Analgetika und Triptane Sie im Rahmen der Selbstmedikation empfehlen können,
• welche neuen Substanzklassen bei der Migräne zugelassen sind und
• bei welchen Alarmsignalen Sie Kopfschmerzgeplagte zum Arzt schicken sollten.

Ursachen für Kopfschmerzen: idiopathisch oder sekundär

Bei nur zehn Prozent der Kopfschmerzgeplagten liegt den Schmerzen eine erkennbare Gesundheitsstörung zugrunde. Die Liste der Ursachen ist lang:

  • Verschiedene Lebensmittel, wie Rotwein,
  • Chemikalien, beispielsweise Lacke,
  • Umwelteinflüsse wie Hitze
  • Medikamente 

Manchmal ist es auch einfach zu viel von irgendetwas. Das gilt nicht nur für Alkohol, auch Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch von Analgetika oder Triptanen sind bekannt. Ebenso können Kopfschmerzen die Reaktion auf einen plötzlichen Entzug sein, beispielsweise von Coffein.

Ebenso spielen zahlreiche Erkrankungen eine Rolle. Diese reichen

  • von eher harmlosen fiebrigen Infektionen
  • bis hin zu chronischen Krankheiten,
    wie Bluthochdruck
    oder Diabetes,
  • oder lebensbedrohlichen Zuständen,
    wie zum Beispiel Hirnblutungen,
    Hirnhautentzündung (Meningitis),
    Gehirnentzündung (Encephalitis),
    Tumoren
    oder Schädel-Hirn-Traumen.

Ist der Schmerz eindeutig auf eine Ursache zurückzuführen, spricht man von sekundären (organischen) Kopfschmerzen. In 90 Prozent der Fälle lässt sich allerdings keine Ursachen für die Pein im Kopf finden. Die Betroffenen leiden definitionsgemäß an primären (idiopathischen) Kopfschmerzen. Sie stellen ein eigenes Krankheitsbild dar. Die beiden häufigsten Vertreter darunter sind Spannungskopfschmerzen und Migräne. Sie machen etwa 70 bis 80 Prozent aller primären Kopfschmerzsyndrome aus.

Wann zum Arzt?

Ein Arztbesuch ist unbedingt angezeigt, wenn Kopfschmerzen …

+ an mehr als zehn Tagen pro Monat auftreten.
+ mit weiteren Symptomen wie Lähmungen, Gefühls-, Seh-, Gleichgewichtsstörungen, Augentränen oder starkem Schwindel einhergehen. Auch solche Kopfschmerzen sind im Allgemeinen harmlos, doch sollte eine genaue ärztliche Abklärung erfolgen.
+ mit psychischen Veränderungen wie Störungen des Kurzzeitgedächtnisses oder Störungen der Orientierung zu Zeit, Ort und Person einhergehen.
+ erstmals im Alter von über 40 Jahren auftreten.
+ in ihrer Intensität, Dauer und/oder Lokalisation unüblich sind.
+ erstmals während oder nach körperlicher Anstrengung auftreten und/oder sehr stark sind und in den Nacken ausstrahlen.
+ von hohem Fieber begleitet werden.
+ nach einer Kopfverletzung, z. B. einem Sturz auftreten.
+ trotz Behandlung an Häufigkeit, Stärke und Dauer zunehmen.
+ zusammen mit einem epileptischen Anfall und Bewusstlosigkeit auftreten.
+ nicht mehr auf die bisher wirksamen Medikamente ansprechen.
+ Im Zweifelsfall ist immer ein Arztbesuch anzuraten. 

(Quelle: S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne)

Spannungskopfschmerz

Spannungskopfschmerz ist die am weitesten verbreitete Kopfschmerzart. Die Prävalenz der Spannungskopfschmerzen wird unterschiedlich angegeben. Die Veröffentlichung der Kopfschmerzexperten Professor Dr. Andreas Straube und PD Dr. Stefanie Förderreuther (beide LMU München) aus dem Jahr 2020 spricht von rund 16 Millionen Betroffenen.

  • In der Regel sind unter den Patienten mehr Frauen als Männer.
  • Spannungskopfschmerz betrifft alle Altersklassen: Auch Kinder sind nicht gefeit. Allerdings leiden sie seltener unter ihnen als unter einer Migräne. Mit zunehmendem Alter tritt der Spannungskopfschmerz dann öfter auf.
  • Bei etwa 65 Prozent der Betroffenen werden begleitend psychische Erkrankungen (z. B. Depression, Panik- oder generalisierte Angsterkrankungen) beobachtet.

Spannungskopfschmerzen machen sich als dumpf-drückender bis ziehender, nicht-pulsierender Schmerz mit leichter bis mäßiger Intensität bemerkbar. Die Betroffenen berichten, sie haben das Gefühl, als ob der Kopf in einem Schraubstock oder in einem zu engen Helm stecke, wobei der Druck an der Stirn und im Nacken am stärksten empfunden wird. Der Spannungskopfschmerz kann aber auch bis zu den Augen reichen oder sich nicht eindeutig lokalisieren lassen.

Typischerweise tritt er – im Unterschied zur Migräne – auf beiden Hälften des Kopfes auf. Zudem sind Begleitsymptome wie Licht- und Lärmempfindlichkeit oder Übelkeit nur selten. Und wenn, dann nur eines der Phänomene in mild ausgeprägter Form. Zu mittlerer bis starker Übelkeit oder Erbrechen kommt es nie. Ebenso fehlt eine Verstärkung der Schmerzen bei körperlicher Alltagsaktivität wie Gehen oder Treppensteigen. Vielmehr kann Betätigung den Schmerz in den Hintergrund der Aufmerksamkeit treten lassen.

Die genaue Ursache für Spannungskopfschmerzen ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Man vermutet aber, dass Muskelverspannungen für die Schmerzen im Kopf verantwortlich sind. Diese Annahme stützt sich auf die Beobachtung, dass Spannungskopfschmerzen häufig in Verbindung mit Schulter- und Nackenschmerzen auftreten. In diesen Körperregionen wird eine verstärkte Anspannung der Muskulatur beziehungsweise eine vermehrte Aktivierung muskulärer Triggerpunkte angenommen, die eine erhöhte Empfindlichkeit der Schmerzzentren im Gehirn hervorrufen.

Typische Auslöser, die die Muskulatur verspannen lassen, sind

  • starker Stress,
  • Angst oder
  • innere Unruhe.
  • Ebenso zählen Fehlhaltungen oder
  • eine einseitige Belastung der Rückenmuskulatur dazu.
  • Viele Betroffene nennen auch Müdigkeit,
  • Erschöpfung und
  • Schlafstörungen als Faktoren, die Spannungskopfschmerzen bedingen. 

Häufig findet sich auch nicht nur eine Ursache für die Schmerzen. Sie sind vielmehr das Ergebnis eines komplexen Zusammenwirkens vielfältiger Faktoren.

Episodisch oder chronisch

Unbehandelt dauern die Schmerzen zwischen 30 Minuten bis zu 7 Tagen. Zeigen sie sich nur gelegentlich an ein bis zwei Tagen im Monat, handelt es sich um einen episodischen Spannungskopfschmerz. Bei etwa 13 Prozent der Betroffenen treten die Beschwerden an mehr als 15 Tagen pro Monat oder an mehr als 180 Tagen pro Jahr auf. In diesen Fällen hat sich möglicherweise ein Schmerzgedächtnis gebildet, sodass bereits geringe Reize Schmerzsignale ans Gehirn übermitteln.

Chronische Spannungskopfschmerzen sind immer ein Fall für den Arzt.

Der Spannungskopfschmerz ist damit chronisch geworden. Auch wenn episodische Spannungskopfschmerzen in der Regel ungefährlich und häufig gut im Rahmen der Selbstmedikation behandelbar sind, können sie in Einzelfällen ein Symptom einer ernsthaften Erkrankung sein und somit in ärztliche Behandlung gehören. Chronische Spannungskopfschmerzen sind immer ein Fall für den Arzt. Hier ist eine bildgebende Diagnostik erforderlich, die behandlungsbedürftige Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen ausschließt (z. B. Kopf- oder Wirbelsäulenverletzungen, intrakranielle Gefäßstörungen, Hirntumoren, Infektionen wie eine Meningitis).

Clusterkopfschmerz

Von Clusterkopfschmerzen sind ungefähr 150 000 Personen in Deutschland betroffen. Diese Schmerzen zählen zu den schwersten Kopfschmerzformen. Männer leiden dreimal häufiger als Frauen darunter, vor allem zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. 

Clusterkopfschmerzen sind durch heftige, unerträgliche, anfallsartige Schmerzattacken charakterisiert, die immer einseitig im Bereich der Augen, der Stirn oder der Schläfe auftreten. Die Dauer der Schmerzattacken reicht von 15 Minuten bis zu drei Stunden. Sie werden durch mindestens eines der folgenden Symptome begleitet, die auf der gleichen Seite erscheinen:

  • Augenrötung,
  • Augentränen,
  • Verstopfung der Nase,
  • Naselaufen,
  • vermehrtes Schwitzen im Bereich von Stirn und Gesicht,
  • Verengung der Pupille,
  • Hängen des Augenlides,
  • Schwellung der Augenlider und
  • körperliche Unruhe mit Bewegungsdrang. 


Die Schmerzen sind so stark und verursachen einen derartigen Leidensdruck, dass viele der Betroffenen Selbstmordgedanken entwickeln. Die Attacken treten meist periodisch auf, worauf auch die Bezeichnung dieser Kopfschmerzart verweist (engl. Cluster = Haufen oder Büschel). Während einer Cluster-Episode können sich die einzelnen Attacken sehr häufig (bis zu acht Mal am Tag) bemerkbar machen.

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