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Politik

ZYTOSTATIKA

Parenteralia, die patientenindividuell nach Vorlage einer ärztlichen Verordnung in Apotheken angefertigt werden, sind Rezepturarzneimittel. Welche Regelungen sind hier zu beachten?

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Die Apothekenbetriebsordnung wurde seit ihrem Inkrafttreten über fünfzehn Jahre lediglich punktuell geändert. Erst mit der Vierten Änderungsverordnung erfuhr sie 2012 eine „Generalüberholung“. Unter anderem wurde § 35 eingefügt und damit die Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Applikation, also zur Anwendung am Darm vorbei, in der Verordnung geregelt.

Die spezifischen Regelungen wurden erforderlich, weil die bis dahin gültigen Vorschriften an der üblichen Arzneimittelherstellung in Apotheken ausgerichtet waren. Für spezielle Tätigkeiten, wie die patientenindividuelle Herstellung von Zytostatika, Virustatika, Immunsuppressiva, monoklonalen Antikörpern und Nährlösungen waren sie nicht ausreichend.

Qualitätssicherung Die neuen Regelungen orientieren sich am Arzneibuch sowie an den Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur qualitätsgesicherten „Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia ohne toxisches Potenzial / mit toxischem Potenzial“ beziehungsweise an der Leitlinie des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker „Aseptische Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia“. Zudem existieren Umsetzungsempfehlungen der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen, kurz AG AATB, zur Apothekenbetriebsordnung im Allgemeinen und zur Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung im Speziellen, welche eine länderübergreifend möglichst einheitliche Umsetzung der Neuregelungen gewährleisten sollen.

Die in Form eines Frage- und Antwortpapieres formulierten Lösungsansätze sind nicht rechtsverbindlich, jedoch bei der individuellen, risikoorientierten Umsetzung der Verordnung sehr hilfreich, da in der Apothekenbetriebsverordnung hierzu keine Details zu finden sind. Beispielsweise werden im Absatz 1 des neuen § 35 der Apothekenbetriebsordnung Festlegungen von technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung von Kontaminationen, Kreuzkontaminationen, Verwechslungen, einschließlich der Überprüfung der Wirksamkeit der organisatorischen Maßnahmen gefordert.

»§35 Absatz 4 ApBetrO regelt Reinraumanforderungen, wobei zwischen Arzneimitteln, die im Endbehältnis sterilisiert werden und solchen ohne Sterilisationsverfahren unterschieden wird.«

Welche Maßnahmen in Betracht kommen, wird aber in der Verordnung nicht näher erläutert. Eine hilfreiche beispielhafte Aufzählung findet sich in der Umsetzungsempfehlung der Länderarbeitsgruppe. Konkrete technische Maßnahmen schließen unter anderem zweckbestimmte Räume und Werkbänke nach Gefährdungspotenzial der eingesetzten Substanzen, Verwendung von separaten raumlufttechnischen Anlagen, Gebrauch separater Ausrüstung und von Einmalartikeln ein. Organisatorische Maßnahmen umfassen vor allem die Verwendung bereichsbezogener Schutzkleidung, die Dekontamination des Materials vor Einschleusen, Reinigung und Desinfektion, spezielle Maßnahmen zur Abfallentsorgung, das Vier-Augen-Prinzip bei der Herstellung und die EDV-gestützte Herstellung.

Weiterhin sind alle in einem Qualitätsmanagementsystem zu dokumentierenden Punkte in der neu gefassten Apothekenbetriebsordnung geregelt. Diese reichen von den eingesetzten Arzneimitteln und Geräten sowie deren Handhabung über Kalibrierung, Wartung, Reinigung und Validierung bis zu Hygienemaßnahmen. Auch hierzu stellt das Papier der AG AATB ergänzende Informationen zu Verfügung.

Weitere Regelungen und Hinweise Das zur Herstellung eingesetzte Personal soll nach §35 Absatz 2 ApBetrO ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden. Eine Schulung umfasst laut AG AATB dabei auch und vor allem den Umgang mit CMR-Stoffen (also cancerogenen, mutagenen und reproduktionstoxischen Substanzen), Verfahren aseptischer Arbeitstechniken und die Unterweisung in mikrobiologischen Verfahren. Ein Nachweis der Kenntnisse und Fertigkeiten kann durch die Anfertigung von Nährmedien anstatt einer Zytostatikazubereitung erfolgen.

Zeigt sich im Nährmedium Bakterienwachstum, so ist eine erneute Schulung des Herstellenden angezeigt, bevor dieser tatsächlich Zubereitungen für Patienten herstellen darf. Der folgende Absatz der ApBetrO schreibt zwingend vor, dass die Herstellung parenteraler Arzneimittel in einem separaten Raum vorzunehmen ist und regelt insbesondere die Beschaffenheit der Wände und des Bodens sowie die Belüftung über spezielle Filter, um Kreuzkontaminationen und Verunreinigungen zu vermeiden. Ein nicht für andere Tätigkeiten genutzter Herstellungsraum, Schutzkleidung, eine Personalschleuse sowie eine hiervon getrennte Materialschleuse sind Stand von Wissenschaft und Technik.

In diesem Zusammenhang spricht der Verordnungsgeber immer wieder von „angemessen“ oder „geeignet“ und lässt manchen Leser ratlos zurück. Wesentlich konkreter wird das Papier der AG AATB, zum Beispiel welche Eigenschaften Schutzkleidung aufweisen muss und wie sie zu tragen ist. §35 Absatz 4 ApBetrO regelt Reinraumanforderungen, wobei zwischen Arzneimitteln, die im Endbehältnis sterilisiert werden und solchen ohne Sterilisationsverfahren unterschieden wird. Anwendung finden die Vorschriften nur für Arzneimittel, die nicht im geschlossen System hergestellt werden. Da jedoch bereits kleinste Öffnungen, etwa das Anstechen mit einer Kanüle, dazu führen, dass Umgebungsluft eintreten kann, liegt bei parenteralen Arzneimitteln in Apotheken in der Regel kein geschlossenes System vor und die Anforderungen sind einzuhalten.

§ 35 HERSTELLUNG VON ARZNEIMITTELN ZUR PARENTERALEN ANWENDUNG
(1) Festlegungen im Qualitätsmanagementsystem
(2) Personalqualifizierung
(3) Herstellungsräume
(4) Reinraumanforderungen
(5) Kontrollmaßnahmen
(6) Herstellungsanweisung und Plausibilitätsprüfung

Vorgaben finden sich zur Sicherheitswerkbank und der Umgebung in Bezug auf Partikel- und Keimzahl (Reinraumklassen) je nach verwendeten Verfahren und eingesetzter Technik. Sofern eine Sterilisation im Endbehältnis möglich ist, gelten geringere Anforderungen. Genaueres, wie der Luftreinheitsgrad überhaupt bestimmt wird, ist wiederum in der Arbeitshilfe der AG AATB zu finden.

Kontrolle Im fünften Absatz ist sodann die Überwachung der Reinraumbedingungen normiert. Laut AG AATB gilt dabei im direkten Arbeitsumfeld (Reinraumklasse A unter der Werkbank) für das mikrobiologische Monitoring, dass nach jeder Arbeitssitzung Sedimentationsplatten zum Einsatz kommen und ein Handschuhabdruck aller Finger genommen wird. Im sechsten und letzten Absatz findet sich der Hinweis, dass auch die §§ 6 bis 8 der Verordnung anzuwenden sind.

Hier sind die allgemeinen Vorschriften über die Herstellung und Prüfung sowie spezielle Vorgaben für Rezepturarzneimittel und Defekturarzneimittel abgehandelt. Eine Plausibilitätsprüfung der ärztlichen Verordnung muss hiernach auch die Regeldosierung und die sich aus den patientenindividuellen Faktoren eventuell ergebende individuelle Dosis umfassen. Hierzu listet das Papier der AG AATB beispielsweise Laborwerte zur Beurteilung der Leber- und Nierenfunktion, Körpergewicht, -größe und ggf. Körperoberfläche auf.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Generalüberholung der ApBetrO in der praktischen Umsetzung viele Fragen aufwirft. Zur Herstellung von parenteralen Arzneimitteln in der Apotheke und zu vielen weiteren Neuregelungen in der Verordnung bietet der Antwortkatalog der AG AATB eine nützliche Arbeitshilfe.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/15 ab Seite 54.

Nicole Binger, Apothekerin für Offizinpharmazie

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