So ein Schwätzchen im Büro kann schon interessant sein. Aber hören wir nur zu, wenn uns das Thema oder die Person interessiert? Einer neuen Studie zufolge hat es wohl mehr mit bestehendem Blickkontakt zu tun. © racorn / 123rf.com

Sinne | Wahrnehmung

ZUHÖREN KLAPPT BESSER BEIM ZUSEHEN

Der Unterschied von Hören und Zuhören liegt zwischen der Registrierung eines akustischen Reizes und dessen bewusster Wahrnehmung und Bewertung. Das heißt, ob wir den Inhalt verstehen und darauf reagieren können. Dies gelingt uns anscheinend besser, wenn wir die Geräuschquelle auch sehen können.

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Egal wovon wir abgelenkt werden, sei es ein Buch, Fernsehen, ein vorbeilaufender Hund – plötzlich fällt unserem Gesprächspartner auf, dass wir gar nicht richtig zuhören. Haben wir ihn allerdings fest im Blick, können wir ganzen Gesprächsromanen folgen, sogar in einer lauten Menschenmenge. Mit Hilfe von Gestik, Mimik, Lippenbewegung und vorher Verstandenem, ergänzt das Gehirn ganz automatisch Satzinhalte, die akustisch verloren gegangen sind. Bisher ging man davon aus, dass Blickkontakt die Konzentration auf das Gespräch und damit auch das Hörverständnis verbessert, das heißt, dem Phänomen liegen allein kognitive Ursachen zugrunde. Neurologen der Duke University behaupten nun, dass es auch physiologische Gründe gebe.

Laut den Forschern richtet sich der Hörapparat, ähnlich einer kleinen Antenne, je nach Blickrichtung auf die potenzielle Geräuschquelle aus: Zum einen tragen die Innenohr-Knöchelchen zu einer optimalen Positionierung des Trommelfells bei. Zum anderen können auch die Haare der Gehörschnecke durch leichte Stellungsveränderungen den Schall entsprechend weiterleiten. So seien wir in der Lage, bestimmte akustische Signale besser zu fokussieren und aus Hintergrundgeräuschen zu filtern. Ihre Hypothese untersuchten die Wissenschaftler mit Hilfe einer Probandengruppe, denen zuvor kleine Sensoren in den Gehörgang gesetzt wurden. In einem dunklen Raum sollten die Teilnehmer LED-Lichtern mit den Augen folgen, die Sensoren erfassten dabei über veränderte Vibrationen den Stellungswechsel des Trommelfells – zur Blickrichtung der Augen. Und das Besondere daran: Die Trommelfellbewegung setzt kurz vor der Augapfelbewegung ein. Das bedeutet, es liegt eine neurologische Verbindung zwischen Augen und Ohren vor. „Das ist, als ob das Gehirn sage ‚Ich bewege gleich die Augen. Da sage ich besser auch den Ohren Bescheid!‘“, erklärt die Neurologin Jennifer Groh.

Wie genau diese Kopplung funktioniert, konnten die Forscher nicht herausfinden. Auditive und visuelle Reize werden vom Gehirn auf unterschiedliche Wege registriert und bewertet, sie in Einklang zu bekommen halten die Neurologen aber für völlig nachvollziehbar, um sowohl dreidimensionale Räume wahrzunehmen als auch potenzielle Gefahren möglichst schnell zu orten und einzuordnen.

Farina Haase,
Volontärin, Apothekerin

Quelle: www.spiegel.de

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