Kulinaria
ZEIT ZUM GENIESSEN
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Fallls jemand „Heidi“ im Original gelesen hat: Die Schweizer Autorin Johanna Spyri beschrieb, wie man’s machte. Da warf der Alm-Öhi sämtliche Käsereste in eine Pfanne, stellte sie aufs Feuer, reichte der kleinen Heidi Brotstückchen und eine Gabel – und fertig war das Abendessen.
Hauptsache geschmolzen 400 Jahre soll es alt sein, das Rühren von Brotstücken in flüssigem Käse. Schweizer und Franzosen streiten sich über die Urheberschaft. Im Wortstamm findet sich beides: fody im Schwyzerdütsch und fondre im Französischen bedeutet jeweils „geschmolzen“. Uns ist es heute egal, wir finden’s einfach nur lecker. Denn das Fondue ist das perfekte Gästeessen, das auch dem Gastgeber einen Hauch der Chance lässt, frisch und ausgeruht am Tisch zu erscheinen. Denn schließlich kann man alles vorbereiten. Und hat sogar noch die Wahl zwischen Fleisch, Fisch, Hühnchen, Gemüse und Käse. Doch ob Fleisch-, Brüh- oder Käsefondue – jede Sorte hat so ihre Tricks und Kniffe.
Feuertopf und Caquelon Fondue wird klassisch in einem speziellen Behälter zubereitet. Dies ist beim Käsefondue der Caquelon aus Keramik mit seinem charakteristischen Griff, beim Fleischfondue ein Edelstahltopf Zeit zum Genießen © olgakr / iStock / Thinkstock Was einst klassisches Resteessen war, gilt heute als Zelebrieren kultivierter Gastlichkeit: das Fondue. Gerade an den Festtagen, an denen viele Menschen zusammenkommen, ist es beliebt. PRAXIS KULINARIA DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2016 | www.diepta.de 123 (der sich am besten für die hohen Temperaturen des Fettes eignet) und der deswegen auch „Feuertopf“ heißt.
Allen gleich ist, dass die Flüssigkeiten vorab auf dem Herd erhitzt und dann auf dem Tisch mittels einer Vorrichtung heiß gehalten werden. Die Rechauds für Brennspiritus oder Brennpaste gelten als klassische Variante, doch bergen sie nicht unerhebliche Gefahren, denn auch Servietten, Tischdecke und Tannenzweige werden zuweilen von den Flammen erfasst. Empfohlen wird deshalb eine elektrische Warmhaltevorrichtung, die sich zudem bequem temperieren lässt. Für das Käsefondue gilt die bewährte Mischung: zwei Teile Käse, ein Teil Weißwein plus ein Schuss Kirschwasser, zum Würzen nur Knoblauch und Pfeffer. Zum Binden empfiehlt sich ein Esslöffel Speisestärke im Kirschwasser. Die Säure des Kirschwassers verbindet sich perfekt mit den Strukturen des Käses und ergibt eine cremige Masse; Kenner schwören sogar darauf, die Mischung schon am Tag zuvor anzusetzen und bis zum Einsatz im Kühlschrank zu lassen
Kombination der Käsesorten Aufwendig beim Käsefondue ist eigentlich nur das Reiben des Käses (ein Kilo für fünf Personen) sowie das beständige Rühren beim Schmelzen, denn sonst brennt der Käse an. Dabei wird zuerst der Weißwein erhitzt, dann der Käse hinzugegeben; die Temperaturen dürfen dabei nicht zu hoch sein. Wenn der Käse Blasen wirft, ist er richtig. Ja, und bei der „richtigen“ Käsemischung gibt es wahre Glaubenskriege: Die einen nehmen nur Emmentaler, Comté und Beaufort (Fondue savoyarde), die anderen schwören auf Gruyère und Vacharin (motiémotié). Im Grunde aber ist es eine Sache des persönlichen Geschmacks. Appenzeller, Tilsiter und Cheddar gehen genauso wie Gouda und Butterkäse. Nur mehr als drei Sorten sind nicht zu empfehlen, sonst ist keine mehr herauszuschmecken. Junger Käse bindet übrigens besser als alter. Dazu empfohlen: Baguette mit knuspriger Kruste oder Graubrot, alles in Würfel geschnitten und fertig zum Aufspießen. Lecker ist auch das Anbraten der Brotwürfel in ein wenig Butter mit Knoblauch. Auch gekochte Kartoffeln, in mundgerechte Stücke geteilt, eignen sich.
Fleischeslust Das Fleischfondue braucht als Grundlage das richtige Fett. Da dieses auf 180 bis 190 Grad erhitzt wird, eignen sich Margarine oder Butter nicht, sondern es muss Kokosöl, Sonnenblumen-, Erdnuss- oder Rapsöl sein. Das klassische Blockfett liegt dabei schwerer im Magen als beispielsweise Rapsöl. Beim Fondue bourguignonne – es stammt aus dem französischen Burgund – werden Stücke vom Rumpsteak ins siedende Fett getaucht. Dabei gilt: Das Fleisch darf vorher nicht gewürzt sein und es sollte zimmerwarm verwendet werden, denn das Öl kühlt sonst beim Eintauchen zu sehr ab. Man rechnet pro Person 200 Gramm Fleisch, es kann durchaus gemischt sein. Und der Clou dabei sind die Würzsoßen, die prima vorbereitet werden können: Aioli, Cocktailsoße, Chutneys und Remoulade sind besonders beliebt. Brot gehört ebenso dazu wie gekochte Kartoffeln, Paprika, Kirschtomaten oder Gewürzgurken. Auch ein Salat kann dazu gereicht werden.
UND ALS DESSERT...
Zum guten Schluss etwas Süßes: Das Schokoladenfondue. Geschmolzene Schokolade, mit etwas Sahne verfeinert, umhüllt frisches Obst wie Ananas, Banane oder Weintrauben (100 Gramm pro Person). Für ganz Süße dürfen’s auch Marshmallows sein.
Sieden im Körbchen Die asiatische Variante, das Fondue chinoise, setzt auf kochend heiße, kräftige Fleischbrühe als Grundlage. Sie nimmt denselben Edelstahltopf, doch werden statt Gabeln kleine Körbchen verwendet, in denen man die dünn geschnittenen Fleischtranchen schwimmend gart. Auch Teigtaschen oder Gemüsestückchen sind in der pikant gewürzten Brühe gut aufgehoben. Der große Vorteil bei dieser Methode: Sie ist zum einen kaloriensparend und zum anderen dürfen die Fleisch-, Fisch- und Hühnerstückchen vorher mariniert werden. Für den Fisch sind das beispielsweise zwei Esslöffel Sojasauce mit Sesamöl und Zitronensaft. Für Rindfleisch gehackte Knoblauchzehen, Chilipulver, Pfeffer plus zwei Esslöffel Erdnussöl, fürs Huhn zwei Esslöffel Zitronensaft und Sesamöl plus gehackten Ingwer.
Fleisch und Gemüse können übrigens auch zusammen in den kleinen Sieben miteinander gegart werden. Als ganz besonderer Abschluss bekommen alle am Tisch die Garbrühe serviert – in der die Aromen des gesamten Abends schwimmen. Das große Plus an allen Arten des Fondues ist seine lange Dauer. Man kann es spielend auf zwei bis drei Stunden ausdehnen, und da bleibt Zeit für das wichtigste: das Gespräch miteinander. Beflügelt von einem passenden Weiß- oder Rotwein, kann’s auch mal sehr lustig werden. Vielleicht mag man an der langen Tafel auch zwei Fonduearten anbieten. Als Beilage eignen sich übrigens auch alle Arten von Antipasti: Marinierte Auberginenscheiben, Oliven und Peperoni, Zucchini und eingelegte Tomaten. Doch auch die heimischen Gemüse wie Karotten, Radieschen und Paprika laden zum Knabbern und Tunken ein, ebenso Brot in allen Varianten.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 122.
Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion