Gerade schwangere Frauen fragen bei Krankheit besonders kritisch nach. Ist eine Arzneimitteltherapie indiziert oder schadet sie nicht möglicherweise dem ungeborenen Kind? © subbotina / 123rf.com

Schwangerschaft | Arzneimittelrisiken

WIE SICHER SIND PFLANZLICHE WIRKSTOFFE IN DER SCHWANGERSCHAFT?

Unruhe, Sorgen, Schlaflosigkeit – leichte psychische Beschwerden, die jeden einmal betreffen können. Und erst recht Schwangere! Eine Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft sollte immer sorgsam abgewogen werden.

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Egal zu welcher Indikation, in der Regel gehen Kunden davon aus, dass pflanzliche Alternativen harmlos sind. Auch wenn viele Phytopharmaka besser verträglich sind und mit weniger Nebenwirkungen als ihre klassisch-chemischen Verwandten einhergehen, gibt es genügend Beispiele, die gegen diese Aussage sprechen. Angefangen bei Digitalis- oder Colchicin-Präparaten, bei deren Fehldosierungen schwere Vergiftungen auftreten bis hin zu apothekenpflichtigen Arzneimitteln wie zum Beispiel Anthrachinon-Abführdrogen, deren übermäßige Anwendung zu Störungen im Elektrolythaushalt führen können. Bei psychischen Problemen wie Depressionen, Angstzuständen oder starkem Stress greifen ebenfalls viele zu pflanzlichen Produkten, vor allem in der Schwangerschaft. Aber wie sicher sind Baldrian, Lavendel und Co. denn in der Schwangerschaft?

Eine wissenschaftliche Kooperation bestehend aus Forschern des Universitätsklinikums Freiburg, des Universitätsspitals Zürich und der Universität Basel widmet sich nun in einer Studie speziell dieser Frage. Im März 2018 ist das gemeinsame Projekt gestartet, das vom Schweizerischen Nationalfond mit rund 1,3 Milliarden Euro gefördert wird. Das Besondere ist der Studienaufbau: Zuerst werden Frauen über die Anwendung von Phytopharmaka dieses Indikationsgebietes befragt. Es schließen sich Stoffwechsel-Untersuchungen an, ein völlig neuer Ansatz in der Risikobewertung pflanzlicher Arzneimittel. Die oft komplexen Wirkstoffe werden hinsichtlich ihrer Aufnahme im Magen-Darm-Bereich untersucht und ihre Biotransformation in der Leber und durch die Darmflora beobachtet. In Zellkulturen, genauer an Immun- und Plazentazellen, soll in einem nächsten Schritt die mögliche erbgut- oder zellschädigende Wirkung pflanzlicher Arzneimittel und deren Stoffwechselprodukte getestet werden. Auf den Einsatz tierexperimenteller Studien soll dabei bewusst verzichtet werden. Anschließende Untersuchungen, inwieweit Störungen im Hormonhaushalt, Plazentagängigkeit oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln vorliegen, schließen das Projekt ab.

Die Forscher erhoffen sich eine wegweisende Methodik in der Untersuchung von Phytopharmaka, zukünftige Pharmakologie- und Sicherheitsstudien sollen davon profitieren können. Alle Testungen finden laut der Wissenschaftler mit Hilfe modernster experimenteller Modelle statt. Durch die Kooperation der drei Fakultäten soll ein großer Wissens- und Technikaustausch stattfinden – unter anderem kommt eine speziell entwickelte Plazenta-Perfusion zum Einsatz.

Eine schöne Vorstellung, bald auf die Frage einer unsicheren Kundin, ob sie dies auch in der Schwangerschaft anwenden könne, mit wissenschaftlich fundierten Argumenten zu antworten und nicht nur entschuldigend zu informieren: „Klinische Daten über die Einnahme während der Schwangerschaft liegen nicht vor. Sie sollten es daher während der Schwangerschaft nicht anwenden.“

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg

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