Eine Apothekerin/PTA grübelt über die Medikamentenbestellung
Was tun, wenn dringend benötigte Arzneimittel einfach nicht zu besorgen sind? © dragana991 / iStock / Getty Images Plus

Symposium | Expertenmeinungen

WIE ENGPÄSSE BEI MEDIKAMENTEN VERMIEDEN WERDEN SOLLEN

Es kommt immer wieder vor: Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Warum das so ist und was dagegen getan werden kann, damit beschäftigte sich ein Symposium in Berlin.

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Wie ist diesem wachsenden Problem zu begegnen? Die Frage stand im Zentrum einer Veranstaltung, zu dem die Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GPRG) vergangene Woche geladen hatte. Mehr Transparenz könne von Vorteil sein – und die Politik müsse stärker durchgreifen, so das Fazit.

Stetig wachsende Lieferengpässe – woran liegt das eigentlich? Vertreter von Aufsichtsbehörden, Pharmaindustrie, Krankenkassen, Apothekerschaft und Politik waren sich einig: Vor allem die global zunehmende Marktverengung bei der Wirkstoffherstellung gilt als Ursache dafür, dass teilweise sogar lebenswichtige Medikamente in der Versorgung der Bevölkerung fehlten. Auch führten Lieferengpässe ganz schnell zu Compliance-Problemen, betonte Professor Michael Horn vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Bestes Beispiel sei dabei Valsartan: Vom Rückruf seien 50 Prozent des Weltmarktes der entsprechenden Medikamente betroffen gewesen, so Horn. Damals waren Nitrosamine in Generika gefunden worden. Daraufhin mussten hierzulande 40 Prozent der Anbieter ihre Valsartan-haltigen Produkte vom Markt nehmen. Ein weiteres Beispiel für die Konzentration von Wirkstoffherstellern sei laut Horn das Antibiotikum Piperacillin/Tazobactam. Durch eine Explosion in der Fabrik des Zulieferanten waren 2016 50 Prozent des Weltmarktes betroffen. Horn forderte daher von der Politik Rahmenbedingungen, die einer weiteren Oligo- und Monopolisierung entgegenwirkten. Transparenz brauche es auch bei der Herkunft von Medikamenten, inklusive Wirkstoffe.

Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Berliner Apothekerkammer, wies zudem auf das Kontigentierungsproblem von Medikamenten aufgrund unterschiedlicher Erlöse hin: Europa zahle am Markt die schlechtesten Preise. Um Kontigentierungen zu vermeiden, verwies Frank Dörje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) auf Belgien: Dort ist am 28. Mai ein Gesetz in Kraft getreten, das Großhändlern den Export von Medikamenten verbietet, die für belgische Patienten benötigt werden.

Mehr Transparenz, um die Versorgung besser zu planen und drohende Engpässe frühzeitig zu erkennen – Gesundheitspolitker Tino Sorge (CDU) setzt dabei auf die Digitalisierung. Michael Horn nannte hierzu auch bessere Möglichkeiten im Zuge der aktuell umgesetzten EU-Fälschungsrichtlinie. Vorgegebene Identifizierungscodes machten es möglich, zu überprüfen, wie viele Packungen eines Medikamentes am Markt sind. Dadurch könne einer drohenden Verknappung gegengesteuert werden. Die Symposium-Teilnehmer sahen auch die Mehrfachvergabe von Rabattversträgen und die Einkaufspolitik der Kassen als Änderungsmöglichkeit. Krankenkassen, so die Chefin des Verbandes der Ersatzkassen, Ulrike Elsner, könnten die Beratung ihrer Versicherten im Fall von Lieferengpässen optimieren, wenn beispielsweise Rabattverträge bei versorgungsknappen Medikamenten ausgesetzt würden. Kemmnitz sagte dazu: „Wir brauchen mehr Möglichkeit zu agieren und weniger Bürokratie.“

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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