Kulturpflanzen
WERTVOLL UND PREISWERT
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Meist Importware Vom Orient aus gelangten die Linsen dann nach Afrika und Indien sowie über Anatolien, Griechenland und die Balkanhalbinsel nach Mitteleuropa, wo sie heute allerdings kaum mehr angebaut wird. In Deutschland liegen traditionelle Anbaugebiete im östlichen Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Seit dem Mittelalter ist der Anbau bei uns zunehmend zurückgegangen. Lange Zeit war ihr Anbau in Deutschland sogar nahezu völlig erloschen. Heute erfährt er durch den Trend zur vegetarischen und veganen Ernährung wieder einen gewissen Aufschwung. Vor allem im ökologischen Landbau wurde die Linse in den vergangenen Jahren wiederentdeckt. Die meisten Linsen werden aber aus der Türkei, den USA und Kanada importiert.
Schmetterlingsblütler Die Linse (Lens culinaris) ist eine einjährige krautige Pflanze aus der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae), die zur Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), auch Leguminosen genannt, zählt. Sie kann bis zu einem halben Meter hoch werden. Der dünne, kantige und weich behaarte Stängel ist vom Grunde her verzweigt und wenig standfest. An ihm sitzen wechselständig zwei bis fünf Zentimeter (cm) lange, stark gefiederte Laubblätter. Sie tragen paarweise schmale, lanzettliche Fiederblättchen und enden oben in einer Ranke. Ihre meist selbstbefruchtenden weißen oder blauen Schmetterlingsblüten erscheinen von April bis September und sitzen einzeln oder zu zweit bis dritt in traubigen Blütenständen. Zwischen Mai und September reifen gelbe 10 bis 15 Millimeter (mm) lange Hülsenfrüchte mit ein bis drei runden, flachen Samen heran.
Große Sortenvielfalt Die Samen sind je nach Sorte unterschiedlich groß sowie verschieden gefärbt und geformt. Während die kleinsten Linsen einen Durchmesser von etwa drei Millimeter haben, weisen große bis zu sieben Millimeter auf. Ihre Form variiert von unregelmäßig rund und bauchig bis diskusförmig flach. In ihrer Farbe changieren die verschiedenen Sorten von gelb, rot, grün, braun bis schwarz. Einige davon sind einfarbig, andere fein punktiert bis marmoriert. In Abhängigkeit von der Sorte unterscheiden sich die Linsen zudem nicht nur in ihrem Aroma, sondern auch in ihren Kocheigenschaften. Während beispielsweise die grün-braunen Tellerlinsen leicht mehlig und daher ideal für Eintöpfe oder Brotaufstriche sind, eignen sich die schwarz glänzenden Beluga-Linsen oder die oliv-grünen Puy-Linsen aufgrund ihrer festeren Konsistenz besonders für Salate.
Reich an Nähr- und Ballaststoffen Dank ihres hohen Ballaststoffanteils (10 Gramm auf 100 Gramm) sorgen Linsen für eine lang anhaltende Sättigung und aktive Darmtätigkeit. Zudem lässt ihr hoher Gehalt an unverdaulichen Kohlenhydraten die Blutzuckerkonzentration nur langsam ansteigen (niedriger Glykämischer Index). Weiterer Vorteil ist ihr äußerst geringer Fettanteil (circa 1,4 Prozent) und ihre geringe Energiedichte, das heißt,Linsen liefern bezogen auf die Menge nur wenige Kalorien. All das kann helfen, das Körpergewicht zu halten oder zu senken. Statt Fett warten Linsen mit reichlich Eisen, Kalium, Magnesium und Calcium auf. Ebenso sind alle B-Vitamine (außer B12), Vitamin K, A und E enthalten. Linsen sind auch reich an sekundären Pflanzenstoffen und haben damit eine positive Wirkung auf die Gesundheit. Vor allem wird ihr cholesterinsenkender Effekt geschätzt.
Echte Eiweißpakete Alle Linsensorten sind wegen ihres hohen Eiweißgehaltes von 25 bis 30 Prozent eine wichtige Proteinquelle und Fleischalternative – nicht nur für Vegetarier oder Veganer. Allerdings enthalten sie nicht das gesamte Aminosäurespektrum, sodass die Proteinqualität eingeschränkt ist. Damit sie für Menschen, die wenig oder gar kein Fleisch verzehren, zu einer hochwertigen Proteinernährungsgrundlage werden, empfehlen Ernährungswissenschaftler sie gleichzeitig mit Milch- oder Getreideprodukten zu verzehren. Traditionelle Gerichte wie Schwäbische Linsen mit Spätzle oder der Deutsche Linseneintopf mit Brot sind daher nicht nur schmackhaft, sondern stellen sinnvolle Lebensmittelkombinationen dar.
Schwere Kost Der hohe Gehalt an unverdaulichen Kohlenhydraten (Oligosacchariden) führt aber auch zu Blähungen. Zwar verdaut der Körper von allen Hülsenfrüchten Linsen am besten, dennoch ist auch der Linsenverzehr mit Gasbildung verbunden. Bekömmlicher werden Linsen, wenn sie vor dem Kochen mehrere Stunden in heißem Wasser eingeweicht wurden. Darüber hinaus hilft es, das Einweich- und Kochwasser vor dem Genuss wegzuschütten. Darin bereits gelöste blähende Oligosaccharide gehen damit verloren. Glücklicherweise stellt sich zudem ein Gewöhnungseffekt ein. Bei einem mehrmals wöchentlichen Verzehr der Hülsenfrucht lassen die Flatulenzen nach.
Vorsicht bei Zöliakie und Gicht Linsen sind glutenfrei. Dennoch müssen Zöliakie-Patienten oder andere Personen, die Gluten nicht vertragen, aufpassen. Der Anbau von Linsen erfolgt häufig als Mischkultur im Gemenge mit Getreide (üblicherweise Gerste oder Hafer), das der wenig standfesten Pflanze als Rankhilfe dient. Beim nachfolgenden Trennungsverfahren können geringe Mengen des glutenhaltigen Getreides in der Linsenfraktion zurückbleiben. Um Verunreinigungen zu vermeiden, ist es empfehlenswert, Linsen vor der Verarbeitung auf einer Arbeitsfläche auszubreiten und auszulesen. Gichtpatienten sollten beachten, dass Linsen reich an Purinen sind. Sie sollten die Hülsenfrüchte – wenn überhaupt – nur sehr selten essen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/19 ab Seite 98.
Gode Chlond, Apothekerin
Linsen versorgen nicht nur den Boden mit wichtigen Nährstoffen wie Stickstoff und unterstützen somit eine nachhaltige Landwirtschaft. Die kleinen unscheinbaren Samen sind vor allem für den Menschen eine bedeutende Nahrungsquelle, die sich durch einen hohen Proteingehalt, viele Ballaststoffe und wenig Fett auszeichnet. Bereits bei den alten Ägyptern und Römern waren Linsen ein geschätztes Grundnahrungsmittel. Noch heute sind Linsen aus der internationalen Küche nicht wegzudenken. In Mitteleuropa galten sie allerdings lange Zeit als Arme-Leute-Essen und hatten es schwer, von ihrem Image wegzukommen. Doch inzwischen erhalten sie durch den Trend zur veganen Lebensweise auch bei uns einen neuen Stellenwert.
Alte Kulturpflanze Linsen dienen dem Menschen bereits seit sehr langer Zeit als wertvolle Nahrungsquelle. Es existieren archäologische Funde von der griechischen Insel Peloponnes, die bezeugen, dass schon die Neandertaler während der Altsteinzeit Wildlinsen verzehrten. Mit der Kultivierung der Linsen wurde etwa 10 000 v. Chr. in der Region des Fruchtbaren Halbmondes begonnen, also in dem sichelförmigen Niederschlaggürtel des Nahen Ostens, wo sich die entscheidenden Grundlagen der frühen Hochkulturen entwickelten (z. B. Keilschrift). Linsen gehören damit neben Emmer, Einkorn, Gerste, Erbsen, Kichererbse, Linsen-Wicke und Lein zu den ältesten Kulturpflanzen und gelten als Ursprung der Ackerbaukultur.