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Verstopfung

WENN NICHTS MEHR GEHT

Eine stockende Verdauung kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Ratschläge zur gesunden Lebensführung zeigen nicht immer den gewünschten Erfolg. Leitlinien empfehlen Laxanzien.

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Das Klagen der Kunden über Verstopfung gehört zum Apothekenalltag. Das ist nicht verwunderlich, denn Schätzungen zufolge leiden etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland unter einer chronischen Obstipation. Vor allem Frauen kämpfen mit Blähbauch, Völlegefühl und einer gestörten Stuhlentleerung. Sie sind zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Männer. Zudem steigt die Obstipationsrate mit zunehmendem Alter bei beiden Geschlechtern an.

Diagnose stellen Doch wann spricht man von einer Obstipation? Die aktuellen Leitlinien zur chronischen Obstipation, die 2013 von der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) veröffentlicht worden sind, berücksichtigen bei der Diagnosestellung sowohl die Stuhlfrequenz, die Stuhlkonsistenz als auch das subjektive Empfinden der Betroffenen. Die Häufigkeit der Entleerung spielt im Gegensatz zu früheren Definitionen nicht mehr die entscheidende Rolle. Als obstipiert gelten heute auch Menschen, die täglich Stuhlgang haben, der allerdings nur sehr mühevoll und unter großer Anstrengung möglich ist. Definitionsgemäß liegt eine chronische Obstipation vor, wenn die Betroffenen über unbefriedigende Stuhlentleerungen berichten, die seit mindestens drei Monaten bestehen und mindestens zwei der folgenden Leitsymptome hinzukommen:

  • starkes Pressen,
  • klumpiger oder harter Stuhl,
  • subjektiv unvollständige Entleerung,
  • subjektive Obstruktion (Gefühl der Verengung),
  • manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation jeweils bei mehr als 25 Prozent der Stuhlentleerungen,
  • weniger als drei Stühle pro Woche.

Subjektive Symptome Die Definition trägt somit dem Umstand Rechnung, dass Betroffene ihre Probleme mit der Verdauung individuell beschreiben und mit unterschiedlichem Leidensdruck empfinden, da jeder seine Symptome anders wahrnimmt und bewertet. Bei den einen steht ein Klagen über zu seltene Stuhlentleerungen im Vordergrund. Andere haben eine normale Stuhlfrequenz von dreimal täglich bis dreimal pro Woche, aber für sie sind harte Stühle, das Pressen bei der Darmentleerung oder das Gefühl der unvollständigen Entleerung schwer zu ertragen. Daneben kann die Obstipation mit Völlegefühl, Bauchschmerzen und Blähungen einhergehen. Für manche sind die körperlichen Beschwerden derart belastend, dass sie sich auch psychisch beeinträchtigt fühlen. Somit ist eine Obstipation für die Betroffenen nicht nur eine banale Befindlichkeitsstörung, sondern als eine ernst zu nehmende Erkrankung anzusehen.

Akute Obstipationen Stellen sich plötzlich Beschwerden ein, spricht man von einer akuten Verlaufsform. Meistens basiert sie auf einer kurzfristigen Veränderung der täglichen Gewohnheiten, zum Beispiel auf Reisen in ungewohnter Umgebung. Der Darm braucht eine gewisse Regelmäßigkeit, um normal zu funktionieren. Aber durch Zeitverschiebung, einen veränderten oder hektischen Tagesablauf, ungewohnte klimatische Bedingungen, Ernährungsumstellung oder niedrigere Hygienestandards kann das prinzipiell sensible Verdauungssystem aus dem Rhythmus geraten und Verdauungsprobleme stellen sich ein. Kehrt der Betroffene zu seinen üblichen Lebensgewohnheiten zurück, kommt es fast immer zu einer spontanen Normalisierung seines Stuhlganges. Es können aber auch ernsthafte Erkrankungen eine plötzliche Verstopfung auslösen, die sich dann nicht von alleine reguliert und unbedingt in die Hand eines Arztes gehört.

BESTIMMUNGSGEMÄSSER GEBRAUCH VON LAXANZIEN
Das Ziel ist, einen weich geformten Stuhl zu erhalten, der ohne Pressen und Schmerzen ausgeschieden werden kann. Tritt Durchfall auf, sollte die Dosis reduziert werden. Dabei ist es nicht wichtig, einen täglichen Stuhlgang zu erhalten. Nach erfolgter Anwendung eines Laxans ist der Darm gründlich entleert und es kann zwei bis drei Tage dauern, bis der Darm wieder gefüllt ist und sich natürlich entleeren kann. Eine tägliche Anwendung ist daher nicht notwendig.

Chronische Obstipation Davon zu unterscheiden ist eine chronische Verlaufsform, die vielfältigste Ursachen haben kann. Häufig lösen Erkrankungen und Arzneimittel eine Verstopfung aus. Beispiele sind Erkrankungen, die mit Schädigungen der peripheren Nerven einhergehen (z. B. Diabetes mellitus), Krankheiten des zentralen Nervensystems (z. B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose), Rückenmarkserkrankungen oder – verletzungen sowie Erkrankungen des Darmsystems wie eine Divertikulitis oder Kolontumore und andere Tumore. Auch hormonelle Störungen (z. B. Hypothyreose) oder hormonelle Veränderungen (z. B. Schwangerschaft, Wechseljahre), Demenz, Depressionen, psychische Belastungen oder eine hektische Lebensweise können die Verdauung ins Stocken bringen.

Zu den obstipierenden Arzneimitteln gehören beispielsweise aluminiumhaltige Antazida, Antidepressiva, Kalziumantagonisten, Eisenpräparate, Antiepileptika, Opioid-Analgetika, Codein sowie anticholinerge oder dopaminerge Parkinsonmittel. Auch Diuretika und Laxanzien können bei missbräuchlicher Anwendung über einen Kaliummangel (Hypokaliämie) eine Verstopfung auslösen.

Passage- und EntleerungsstörungenHäufig ist keine Ursache feststellbar, was als funktionelle oder ideopathische Obstipation bezeichnet wird. Die Verstopfung kann dann vorwiegend Folge einer verlangsamten Passage des Darminhaltes durch das Kolon sein (kologene oder Slow-Transit- Obstipation), wobei der Störung der Transportfunktion vermutlich eine Fehlsteuerung des enterischen Nervensystems (Darmhirn) zugrunde liegt. Da eine verlängerte Kolontransitzeit mit starkem Flüssigkeitsentzug einhergeht, resultiert ein harter und fester Stuhl. In anderen Fällen kann ein gestörter Entleerungs-(Defäkations-) reflex bestehen, bei dem der Darminhalt zunächst normal weiterbefördert wird und schließlich im letzten Abschnitt des Enddarms beispielsweise aufgrund von Hämorriden, Fissuren oder Analstenosen stockt (anorektale Obstipation).

VERDAUUNG
Meist wird die Verdauung nur registriert, wenn sie nicht so wie gewöhnlich funktioniert. Als Verdauung bezeichnet man den Aufschluss der Nahrung in resorbierbare Bestandteile und deren Aufnahme in die Blutbahn. Der gesamte Vorgang dauert je nach Art der aufgenommenen Nahrung zwischen 30 bis 60 Stunden. Sie beginnt bereits im Mund mit dem Kauen der Nahrung. Dafür produzieren die Speicheldrüsen vermehrt Speichel mit dem Enzym Amylase, das in der Nahrung enthaltene Kohlenhydrate in kleinere Zuckermoleküle aufspaltet. Außerdem macht der Speichel mit seinem Schleimgehalt die Nahrung gleitfähig, damit sie leicht durch die Speiseröhre in den Magen gelangt. Im Magen tötet Magensäure Keime ab und spaltet mithilfe des Enzyms Pepsin Proteine in kleine Bestandteile auf. Der entstandene Nahrungsbrei wandert weiter in den Zwölffingerdarm, dem ersten Abschnitt des Dünndarms. Hier wird ihm Gallenflüssigkeit und Pankreassaft hinzugefügt, um den Brei in kleinste resorbierbare Bruchstücke aufzuspalten. Die Gallensäure emulgiert dafür die unverdauten Lipide zu einer Fettemulsion, die anschließend von dem Pankreasenzym Lipase weiterverarbeitet werden können. Sie spaltet die Fettsäuren der Triglyceride ab. Des Weiteren sind Sekrete aus der Bauchspeicheldrüse an der Kohlenhydratverdauung beteiligt, indem sie die Kohlenhydratstücke in die Einfachzucker zerlegen, die anschließend über die Darmwand ins Blut gelangen. Die übrig gebliebenen nichtresorbierbaren Nahrungsbestandteile und Wasser werden durch wellenförmige Bewegungen weiter in den Dickdarm transportiert. Dort spalten Bakterien die bisher unverdauten Ballaststoffe auf und dem Darminhalt wird überschüssiges Wasser entzogen, sodass der Stuhl während seiner Dickdarmpassage immer fester wird. Durch die Peristaltik wird der restliche Darminhalt langsam den Dickdarm entlang geschoben, bis er den Mastdarm erreicht, wo der Stuhl so lange gespeichert wird, bis ein ausreichendes Volumen den Defäkationsreflex auslöst und die letzten Reste der Nahrung als Kot ausgeschieden werden können.

Kompetenter Rat aus der Apotheke Obwohl der Leidensdruck sehr groß sein kann, schrecken viele vor einer Anwendung von Laxanzien zurück. Sie befürchten Nebenwirkungen wie Kaliumverluste und eine daraus resultierende Darmträgheit, die immer höhere Dosierungen an Abführmitteln erforderlich machen. Hier ist Ihre kompetente Beratung gefragt. PTA und Apotheker kommen bei der Beratung und Aufklärung des Patienten eine wichtige Rolle zu. Nehmen Sie Ihrem verunsicherten Kunden die Angst vor Abführmitteln. Fehlinformationen über Ursachen und Therapiemöglichkeiten, unberechtigte Sorgen vor einer Toleranzentwicklung oder körperlicher Abhängigkeit bei der Verwendung von Laxanzien führen dazu, dass die Obstipation oftmals nur unzureichend behandelt wird. Unterstützen Sie Ihren Kunden, das für ihn passende Mittel zu finden.

Grenzen der Selbstmedikation Nicht nur die Wahl eines adäquaten Laxans ist gefragt. Zu einer guten und umfassenden Beratung gehört es auch zu erkennen, wann der Betroffene zum Arzt weitergeleitet werden muss. Dies ist der Fall, wenn organische Ursachen (z. B. Tumore, chronische Darmentzündungen, Darmverschluss) vermutet werden. Hinweise darauf können sein, dass der Betroffene über Beimengungen von Blut oder Schleim im Stuhl berichtet, über nicht diagnostizierte Hämorriden, über eine Verstopfung, die sich mit Durchfall abwechselt, über eine Obstipation, die mit Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Schmerzen verbunden ist oder über einen plötzlichen Gewichtsverlust.

Umdenken erforderlichSelbstverständlich sollte das Thema Verstopfung mit viel Einfühlungsvermögen behandelt werden, denn Verstopfung zählt in Deutschland immer noch zu den Tabuthemen. Zum einen ist es vielen Menschen peinlich, über ihren Stuhlgang zu sprechen. Zum anderen fühlen sie sich oft schuldig, da sie eine ungesunde Lebensweise für ihre Verdauungsbeschwerden verantwortlich machen. Sie glauben, mangelnde Bewegung, eine zu geringe Ballaststoffzufuhr oder eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme seien Schuld an ihren Darmproblemen. Viele versuchen daher zunächst, ihnen durch eine Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten entgegenzuwirken und erhöhen ihre Ballaststoffzufuhr mit der zusätzlichen Einnahme von Flohsamenschalen oder Weizenkleie, steigern ihre Trinkmenge und ihre körperliche Aktivität – oft jedoch ohne den erwünschten Erfolg.

Keine Frage des LebensstilsStudien zufolge können Ernährung und Lebensgewohnheiten nicht generell als Ursache für das Auftreten von Verstopfung verantwortlich gemacht werden und daher im Umkehrschluss auch nicht immer die ersehnte Besserung herbeiführen. So nehmen Menschen mit einer Obstipation nicht weniger Ballaststoffe auf als Nicht-Obstipierte, und eine Verstopfung kann auch bei ausreichender Ballaststoffaufnahme auftreten. Erst bei einer sehr niedrigen Ballaststoffzufuhr kommt es häufiger zur Verstopfung. Daher profitieren in der Regel nur wenige, wenn sie ihren Ballaststoffverzehr steigern. Vielmehr verschlimmern sich dann bei Obstipierten häufig unerwünschte Blähungen und Bauchkrämpfe.

Ebenso ist die Trinkmenge bei verstopften und nicht-verstopften Menschen identisch. Eine gesteigerte Flüssigkeitsaufnahme über die empfohlene Trinkmenge von 1,5 bis zwei Litern am Tag kann die Beschaffenheit und Frequenz des Stuhlgangs nicht grundsätzlich verändern. Dies gelingt nur bei dehydrierten Patienten. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass sich Menschen mit einer Verstopfung nicht weniger bewegen als andere. Bewegungsmangel ist selten der Grund für eine Darmträgheit. Allein bei völlig inaktiven Personen lässt sich die Darmmotilität durch vermehrte Bewegung verbessern.

Leitlinien raten zu Laxanzien Damit haben vormals als allgemein gültig angesehene Maßnahmen ihren hohen Stellenwert bei der Entstehung und Behandlung einer Verstopfung verloren. Dennoch sollten Ratschläge zur gesunden Lebensführung beachtet werden, nicht zuletzt zum Erhalt des Wohlbefindens. Die aktuellen Leitlinien zur chronischen Obstipation berücksichtigen die neuen Erkenntnisse und empfehlen bei der Therapie einer Obstipation einem Stufenschema zu folgen. Als erstes raten sie im Sinne einer Basistherapie zu einer ballaststoffreichen Ernährung, ausreichender Flüssigkeitszufuhr und Bewegung (Stufe I).

Reichen diese Allgemeinmaßnahmen nicht aus, sollen zunächst zusätzlich Ballaststoffe wie beispielsweise Flohsamenschalen oder Weizenkleie zum Einsatz kommen (Stufe Ib). Greifen auch diese Maßnahmen nicht, raten sie im nächsten Step bei einer Obstipation ohne Entleerungsstörung zum Einsatz konventioneller Abführmittel, wobei sie in Wirkstoffe der ersten und zweiten Wahl unterscheiden (Stufe II). Mittel der ersten Wahl sind Macrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat. Macrogol sorgt für einen weichen und voluminösen Stuhl, Bisacodyl und Natriumpicosulfat regen die Darmmotilität an. Aktuelle Studien zeigen, dass diese Laxanzien bei bestimmungsgemäßem Gebrauch längerfristig eingesetzt werden können, ohne Elektrolytverluste, Gewöhnung oder erneute Darmträgheit zu provozieren.

Sogar ihr Einsatz in Schwangerschaft und Stillzeit ist möglich. Zu den Mitteln der zweiten Wahl zählen Zuckerstoffe (z. B. Laktulose) und Anthrachinone. Betroffene müssen also kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie Laxanzien benötigen. Sie befolgen vielmehr den Expertenrat und handeln gemäß wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Ballast- und Quellstoffe Weizenkleie, Leinsamen und Flohsamen sind also die Mittel, die zuerst versucht werden sollten. Ihre Wirkung ist rein physikalisch und beruht auf ihrem hohen Wasserbindungsvermögen bei gleichzeitig weitgehend fehlender Resorption. Sie passieren unverändert den Dünndarm und werden erst im Dickdarm durch Enzyme der natürlichen Darmflora abgebaut und somit nicht als Nährstoffe verwertet. Durch Erhöhung des Wassergehalts wird eine Zunahme des Stuhlvolumens und damit eine Dehnung der Darmwand erreicht, woraus eine Intensivierung der Peristaltik und eine Beschleunigung der Kolontransitzeit sowie eine Auslösung des Defäkationsreflexes resultiert. Ballast-und Quellstoffe müssen mit viel Flüssigkeit verabreicht werden, damit sie nicht im Darm verklumpen. Dann sind sie in der Regel gut verträglich und mild wirksam. Sie können aber auch zu unangenehmen Blähungen führen. Bei Patienten mit einer verlängerten Darmpassagezeit wirken sie zudem meist ungenügend.

Macrogole Dies sind Polyethylenglykole unterschiedlicher Kettenlängen. Sie zählen wie Laktulose zu den osmotisch wirksamen Laxanzien, die große Mengen an Flüssigkeit binden und somit einen weichen, formbaren Stuhl produzieren. Macrogole werden in der Regel in Wasser gelöst und als isoosmolare Lösung getrunken. Da Macrogole nicht von Darmbakterien metabolisiert werden, kommt es nicht zur Gasbildung und damit nicht zu Blähungen. Untersuchungen zufolge weisen sie im Vergleich zur Laktulose eine bessere Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkungen auf, sodass sie laut Leitlinien – im Gegensatz zu Laktulose – ein Mittel der ersten Wahl sind. Zu beachten ist, dass die abführende Wirkung osmotisch wirksamer Substanzen nicht sofort, sondern erst nach ungefähr nach zwei bis drei Tagen einsetzt.

Bisacodyl Dieses weitere Mittel der ersten Wahl ist ein Prodrug, das im Kolon durch körpereigene Enzyme in den eigentlich wirksamen Metaboliten umgewandelt wird. Dieser ist in der Lage, das in der Darmwand gelegene Nervensystem zu stimulieren und damit die Transportfunktion zu normalisieren. Aus der gezielten Anregung der Muskulatur resultiert eine Vorwärtsbewegung des Darminhaltes in Richtung Enddarm. Dieser motilitätsfördernde Effekt ist besonders günstig bei einer funktionellen Obstipation aufgrund verlängerter Kolontransitzeiten. Zusätzlich weist Bisacodyl sekretagoge Eigenschaften auf, da es den Einstrom von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen fördert.

Gleichzeitig hemmt die Substanz die Resorption von Wasser aus dem Kolon, es wirkt also auch antiresorptiv. Die sich daraus ergebende Volumenvermehrung des Darminhaltes stimuliert die Motilität des Dickdarms zusätzlich. Da die Substanz als Dragee mit einer säurefesten Ummantelung Magen und Dünndarm weitgehend unverändert passiert, wird der Wirkstoff nicht vom Körper aufgenommen. Er entfaltet seine Wirkung hingegen gezielt am gewünschten Wirkort, also im Dickdarm, und löst keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aus. Auch bleibt die Resorption von Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen im Dünndarm unbeeinflusst. Weiterer Vorteil von Bisacodyl ist seine gute Steuerbarkeit.

Der Wirkungseintritt ist beim Dragee durchschnittlich nach circa acht Stunden zu erwarten. Daher eignet es sich für die Einnahme am Abend, damit die Wirkung am nächsten Morgen einsetzen kann, wie es auch dem natürlichen Defäkationsrhythmus vieler Menschen entspricht. Beim Zäpfchen erfolgt die laxierende Wirkung schon nach wenigen Minuten, sodass es sich als schnelle Hilfe anbietet.

Natriumpicosulfat Es handelt sich dabei um den Schwefelsäureester des Bisacodyls und es ist ebenso wie Bisacodyl Mittel der ersten Wahl. Auch diese Substanz entfaltet ihre Wirkung erst gezielt im Dickdarm, da sie aufgrund ihrer sulfatierten Seitenketten nicht im Dünndarm resorbiert werden kann. Die aktive Wirkform entsteht gleichfalls erst im Darm, wobei hier Darmbakterien die Substanz in ihre wirksame Form überführen. Da die Wirkung auf demselben Metaboliten wie beim Bisacodyl beruht, hat Natriumpicosulfat das gleiche Wirkprofil und eine ebenso hohe Verträglichkeit und Sicherheit. Natriumpicosulfat hat zudem den Vorteil, dass es auch in Tropfenform herstellbar ist. Dadurch ist die Substanz in variabler Menge dosierbar.

Anthrachinone Sie zählen zu den Mitteln der zweiten Wahl. Anthrachinondrogen wie Aloe, Sennesblätter, Faulbaumrinde und Rhabarberwurzel haben wie Bisacodyl und Natriumpicosulfat eine duale Wirkungsweise (prokinetisch und sekretagog). Entgegen früherer Annahmen gehen Sennoside nur minimal in die Muttermilch über. Auswirkungen auf kindliche Stühle werden dadurch nicht beobachtet. Bei Einnahme in der Schwangerschaft kommt es nicht häufiger zu Fehlgeburten. Eine dunkle Verfärbung der Darmschleimhaut (Melanosis des Colons) ist nicht Ausdruck präkanzerogener Veränderungen, sondern eine harmlose und reversible Pigmentablagerung nach längerer Einnahme von Anthrachinonen.

Zucker und Zuckeralkohole Laktulose, Laktitol, Sorbit und Laktose zählen wie Macrogole zu den osmotisch wirksamen Laxanzien, die den Wassergehalt im Kolon vermehren, damit das Stuhlvolumen vergrößern und folglich über eine Dehnung der Darmwand reflektorisch die Darmpassage beschleunigen. Im Kolon werden sie aber durch die Flora in kurzkettige Fettsäuren und Gas metabolisiert. Je länger der Kolontransit dauert, desto mehr verlieren sie ihre Wirksamkeit. Weiterer Nachteil ist die störende Gasbildung. Die Leitlinien empfehlen sie nur als Mittel der zweiten Wahl. Rektale Entleerungshilfen Sie sind vor allem bei Entleerungsstörungen des Enddarms indiziert. Dabei sollten Bisacodyl- haltige oder CO2-freisetzende Zäpfchen bevorzugt werden. Klysmen sollen nicht dauerhaft zum Einsatz kommen.

Keine LeitlinienempfehlungSalinische Laxanzien wie Magnesiumsulfat (Bittersalz) oder Natriumsulfat (Glaubersalz) werden wegen potenzieller unerwünschter Arzneimittelwirkungen in den Leitlinien nicht angeraten. Sie sind vor allem bei Patienten mit Herz- oder Niereninsuffizienz problematisch. Auch Paraffinöl, das als oberflächenaktive Substanz den Stuhl erweicht, ist keine Leitlinienempfehlung. Es eignet sich aufgrund der Gefahr der Lipidpneumonie durch Mikroaspiration und der Störung der Resorption fettlöslicher Vitamine nicht zur Behandlung der chronischen Obstipation.

Neues Sollten die Betroffenen nicht auf die konventionellen Laxanzien ansprechen, kann der Arzt Prucaloprid verordnen. Diese Substanz ist ein 5- HT4-Agonist mit prokinetischer Wirkung im Gastrointestinaltrakt. Wirkt auch dieses nicht, steht als Reserve-Medikament Lubiproston, ein Chlorid-Kanal-Aktivator, zur Verfügung, der in Deutschland allerdings nicht zugelassen ist und daher importiert werden muss.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/17 ab Seite 14.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

„Wenn nichts mehr geht”

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