Um die Versorgung gerade schwangerer Frauen mit Folsäure zu gewährleisten, werden in 81 Ländern dieser Erde getreidehaltige Grundnahrungsmittel damit angereichert. Nur Deutschland macht nicht mit. © Vitalina / iStock / Getty Images Plus

Amerikanische Studie | Anreicherung in Grundnahrungsmitteln

WENIGER PSYCHOSEN DURCH FOLSÄURE IM MEHL

Frauen mit Kinderwunsch wird empfohlen, vor einer möglichen Schwangerschaft Präparate mit Folsäure einzunehmen. Jetzt haben amerikanische Forscher nachgewiesen, dass der Stoff auch als Vorsorge gegen Psychosen beim Nachwuchs wirken könnte.

Seite 1/1 1 Minute

Seite 1/1 1 Minute

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben schon 1996 Nägel mit Köpfen gemacht: Im Hinblick auf die fetale Folsäureexposition – ein Mangel an diesem Stoff führt beim Embryo zu einem Neuralrohrdefekt; die Kinder kommen mit Spina bifida, dem sogenannten „offenen Rücken“ zur Welt – müssen Lebensmittelproduzenten ihre Produkte mit jeweils 140 Mikrogramm (µg) pro 100 Gramm Folsäure anreichern. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass Frauen vor allem im ersten, kritischen Schwangerschaftsmonat ausreichend versorgt sind. Weltweit folgten 81 Länder dieser Linie: Mehl und Getreide werden obligatorisch angereichert; die Bevölkerung nimmt somit automatisch genug Folat zu sich.

Nur Deutschland folgt dieser Linie nicht. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) zog noch 2017 das Fazit:

  • Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung sei sehr gut mit Folat versorgt
  • Wegen der „möglichen“ gesundheitlichen Risiken für ältere Menschen und solche mit bestimmten genetischen Prädispositionen sei eine flächendeckende Mehlanreicherung derzeit nicht zu empfehlen

Die Anreicherungs-Maßnahmen haben dazu geführt, dass das Risiko für Neuralrohrdefekte in diesen Ländern um circa 50 Prozent reduziert werden konnte. Zum Vergleich: Die geschätzten jährlichen Geburten mit Neuralrohrdefekten in Deutschland liegen bei circa 1000. Mindestens 500 davon ließen sich durch Verbesserung der Folatversorgung verhindern, berichtet das Ärzteblatt in seiner online-Ausgabe.

Der nun beobachtete Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und Folsäure-Gabe wird Wasser auf den Mühlen der Kritiker sein. Denn die retrospektive Beobachtungsstudie, im Fachblatt JAMA Psychiatry veröffentlicht, wies nach, dass Jugendliche, deren Mütter bereits in den Genuss der amerikanischen Folsäure-Regelung gekommen waren, seltener Psychosesymptome aufwiesen.

Die wissenschaftliche Diskussion über die Vermeidung von Neuralrohrdefekten ist weiterhin kontrovers.

Alexandra Regner,
PTA/Redaktion

Quelle: Ärzteblatt

×