Ein Mann schaut schreiend in die Kamera.
Personen mit toxischem Verhalten können ihrem Unternehmen ernsthaft Schaden. © yuriyzhuravov / iStock / Getty Images Plus

Psychologie | Beruf

WAS WIRKLICH BERUFLICHEN ERFOLG BRINGT

Forscher haben in einer Langzeitstudie untersucht, ob Wesenszüge wie Arroganz, Egoismus und aggressive Dominanz zu mehr beruflichem Erfolg führen. Haben „Unsymphaten“ und Egoisten einen Karrierevorteil? Nein. Deutlich erfolgreicher sind extrovertierte Menschen.

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„Selbst bei nur kurzem Nachdenken fällt den meisten von uns eine Person ein, die tyrannisch, egoistisch und arrogant ist – sei es im Unternehmen, in der Politik, in der akademischen Welt oder in der Kunst.” Das sagt zumindest Cameron Anderson von der University of California in Berkeley. Einige Studien zeigen tatsächlich, dass Menschen in Führungspositionen eher zu einem asozialen Verhalten neigen und zum Teil psychopathische Tendenzen zeigen.

Anderson und seine Kollegen stellten sich deshalb die Frage: Haben Menschen, die zu Beginn ihrer Karriere unsympathisch sind, eine größere Aufstiegschance als verträglichere Menschen?

Um dies zu beantworten, führten sie eine Langzeitstudie durch, bei der sie zunächst über standardisierte Tests und Befragungen den Persönlichkeitstyp von rund 670 Studienabgängern mehrerer US-Universitäten erfassten. Neben Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Extrovertiertheit wurde auch die Verträglichkeit – der Aspekt, der den Umgang mit anderen beschreibt – bewertet. Denn Menschen mit geringer Verträglichkeit neigen eher zu einem Konkurrenzverhalten. „Solche Personen neigen dazu, anderen gegenüber feindselig und ausnutzend zu handeln und Menschen zu ihrem eigenen Vorteil zu täuschen und zu manipulieren”, erklärt Anderson.

10 bis 14 Jahre nach der Durchführung des Tests wurde deren beruflicher Erfolg überprüft, um herauszufinden, ob diese Wesenszüge einen Karrierevorteil erbrachten. Dabei erfassten die Forscher die Position, die Unternehmenskultur und hierarchische Organisation ihres beruflichen Umfelds. Zusätzlich wurden die jeweiligen Arbeitskollegen von 214 Teilnehmern befragt. Sie sollten das Verhalten, die Karriereposition und die Macht der Versuchsperson bewerten.

Entgegen der Erwartung ergaben die Auswertungen, dass aggressives und manipulatives Verhalten nicht bedeuten, beruflichen Erfolg zu haben. „Ich war über die Konsistenz der Ergebnisse überrascht: Unabhängig vom Individuum oder dem Kontext verliehen die geringen Verträglichkeitswerte den Personen keinen Vorteil im Kampf um die Macht – selbst in sehr konkurrenzbetonten ‚Haifischbecken‘-Unternehmenskulturen”, sagt Anderson. „Das bedeutet nicht, dass Unsympathen nicht an die Spitze kommen. Aber sie schaffen das nicht häufiger und schneller als andere. Ein Unsympath zu sein, hilft ihnen offenbar nicht.”

Für Frauen ebenso wie für Männer gilt: Diejenigen Personen, die bei Studienabschluss als wenig verträglich eingestuft worden waren, hatten es im Laufe ihrer Karriere nicht häufiger an Spitzenpositionen geschafft als ihre verträglicheren Kommilitonen.

Extravertiertheit ist ein Wesenszug, der deutlich erfolgversprechender zu sein scheint. Die Versuchspersonen, die bei Studienabschluss besonders hohe Werte bei der Extraversion erzielten, hatten später im Schnitt eine erfolgreichere Karriere gemacht.

Analyse-Ergebnissen zufolge hängt das Erreichen einer höheren beruflichen Position vor allem von vier Verhaltensweisen ab:

  • aggressive Dominanz
  • die Fähigkeit, „politisch” zu agieren, indem man Verbündete gewinnt
  • fachliche Kompetenz und Effektivität
  • die soziale Zugewandtheit gegenüber Kollegen

„Personen, die all diese Verhaltensweisen möglichst gut beherrschen, haben den größten Erfolg”, so Anderson und seine Kollegen. Personen mit hoher Extravertiertheit konnten meist in allen Bereichen punkten.

Anders dagegen die Menschen mit eher geringen Verträglichkeitswerten – die Unsympathen: “Sie zeigen zwar einige Verhaltensweisen, die ihre Macht stärken, wie das dominant-aggressive Verhalten, aber in anderen Bereichen schaden sie sich eher”, so die Forscher. Die Strategie, „über Leichen zu gehen”, verhindere, dass sie Bündnisse schmieden, sodass sie keine Unterstützung und keinen Rückhalt von ihren Kollegen bekämen. „Diese beiden Aspekte heben sich gegenseitig auf, sodass am Ende kein Vorteil übrigbleibt”, erklären Anderson und sein Team. Die schlechte Nachricht: „Personen mit toxischem Verhalten können dennoch genauso häufig an die Spitze gehoben werden wie Menschen mit angenehmeren Wesenszügen. Und solche Menschen in Machtpositionen können ihren Unternehmen und Organisationen auf Dauer ernsthaft schaden.”

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Sabrina Peeters,
Redaktionsvolontärin

Quelle: wissenschaft.de

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