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Parasiten

WAS KRABBELT DENN DA?

Kopfläuse saugen auf der menschlichen Kopfhaut Blut. Meist werden sie erst entdeckt, wenn sie beim Kämmen aus dem Haar fallen oder den typischen starken Juckreiz auslösen. Treffen kann es fast jeden.

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Wer glaubt, nur Wasserscheue oder Obdachlose hätten Kopfläuse, liegt daneben. Die Parasiten kann man auch mit Wasser und Shampoo nicht loswerden. Die Mär, dass Kopfläuse etwas mit unzureichender Körperpflege zu tun haben sollen, hat den Befall mit den Parasiten aber zu einem Tabu gemacht – was es deutlich erschwert, ihn zu bekämpfen. Denn in Kindergärten und Schulen kommt es meist nur deshalb regelmäßig zu epidemieartigen Ausbrüchen, weil sich die Eltern schämen, den Befall zu melden.

Meist sind Kinder zwischen 5 und 13 Jahren betroffen, Mädchen häufiger als Jungen. Grund ist wohl ihr Sozialverhalten: Mädchen stecken häufiger mal „die Köpfe zusammen“ und haben meist länger engeren Körperkontakt untereinander als Jungen. In längeren Haaren werden die Läuse zudem meist auch erst später entdeckt und können sich so verstärkt vermehren. Den Schmarotzern selbst ist es jedoch egal, auf welchem Kopf sie sich ansiedeln – nur Glatzköpfe sind vor ihnen sicher.

Vom Ei zur Laus Ausgewachsene Läuse sind zwei bis vier Millimeter lang, also etwa so groß wie ein Reiskorn. Der Körper ist bräunlich-transparent, wobei er dunkler wird, wenn das aufgenommene Blut durchschimmert. Eine ausgewachsene Laus holt sich über ihren Saugrüssel alle zwei bis vier Stunden eine Blutmahlzeit. Beim Stich injiziert sie immer etwas Speichel, der das Blut flüssig hält und den typischen allergischen Juckreiz verursacht. Dieser kann auch durch den Läusekot auf der Kopfhaut ausgelöst werden. Läuse können weder springen noch fliegen und befallen auch keine anderen behaarten Körperregionen. Daher ist ihr Lebensraum auf die Kopfbehaarung begrenzt. Außerhalb dieser Umgebung sterben sie spätestens nach drei Tagen ab.

Für die Läuse ist es also überlebenswichtig, auf dem Kopf zu bleiben und gegen mechanische Belastungen wie Kämme, Bürsten oder kratzende Fingernägel gewappnet zu sein. Dafür haben sie einen harten Chitinpanzer und an allen sechs Beinen hakenförmige Krallen, mit denen sie sich im Haar gut anklammern können. Ein Weibchen legt pro Tag bis zu zehn Eier, im Lauf seines einmonatigen Lebens also etwa 300 Stück. Diese klebt sie mit einem wasserunlöslichen Haftmittel unmittelbar an der Kopfhaut seitlich an einzelne Haare, bevorzugt hinter den Ohren, an den Schläfen oder im Nacken. Diese Nissen sind stecknadelkopfgroß und trüb-weiß. Nach sieben bis zehn Tagen schlüpft aus der Nisse eine Larve, noch einmal so lange dauern die verschiedenen Stadien der Häutung, bis aus der Larve eine erwachsene Laus geworden ist.

Enger Kontakt hr eng umrissener Lebensraum sowie ihre Unfähigkeit, sich schnell von A nach B zu bewegen bedeutet, dass Kopfläuse den Wirt nur wechseln können, wenn enger Körperkontakt besteht. Daher sind häufiger Kinder als Erwachsene betroffen. Nach Erkältungskrankheiten ist Kopflausbefall tatsächlich die zweithäufigste ansteckende Krankheit bei Grundschulkindern. Haben Erwachsene Kopfläuse, lässt sich die Ansteckung meist auch auf Kontakt mit Kindern zurückführen. Die Weitergabe über Kopfbedeckungen oder Kopfstützen in öffentlichen Verkehrsmitteln wird gefürchtet und immer wieder diskutiert, wissenschaftlich belegt ist sie jedoch nicht. Da die Parasiten nur von Kopf zu Kopf wandern, ist es nicht nötig, Handtücher, Bettwäsche oder Spielzeug zu waschen. Wichtig ist jedoch, bei einem Befall sofort diejenigen zu informieren, die mit dem Betroffenen in näheren Kontakt gekommen sind.

Erkennen und handeln Oft weisen Hautirritationen am Haaransatz und starker Juckreiz auf einen Kopflausbefall hin – das muss aber nicht immer so sein. Beim Erstbefall kann es zudem bis zu sechs Wochen dauern, bis das Jucken einsetzt, was bei erneuter Ansteckung schon nach wenigen Tagen der Fall ist. Manchmal fallen einzelne Läuse bei Kämmen vom Kopf oder sie werden bei einem Friseurbesuch entdeckt. Recht schnell kann man einen Läusebefall erkennen, wenn man einzelne Haarsträhnen mit einem Läusekamm durchkämmt. Sein Zinkenabstand beträgt nur 0,2 Millimeter, sodass Läuse darin hängenbleiben. Noch feinzinkiger ist der Nissenkamm, der auch die Eier beseitigt.

Man kann trocken oder nass auskämmen. Bei letzterem wäscht man das Haar zuerst mit herkömmlichen Shampoos und trägt dann eine Pflegespülung auf, die nicht ausgewaschen wird. In dieser Spülung können sich die Läuse schwerer bewegen als auf trockenem oder nur nassem Haar. Sobald das Haar mit einem herkömmlichen Kamm ohne Ziepen gekämmt werden kann, fährt man mit den Läuse- oder Nissenkamm fort. Hierbei teilt man einzelne Strähnen ab und zieht den Kamm direkt von der Kopfhaut bis zu den Haarspitzen durch. Danach wischt man ihn auf einem hellen Küchentuch ab und untersucht dieses auf Läuse und Nissen.

Ist der ganze Kopf einmal durchgekämmt, wird die Pflegespülung ausgewaschen. Zur alleinigen Behandlung ist der Spezialkamm nicht geeignet, weil selbst beim sorgfältigsten Auskämmen meist nicht alle Läuse erwischt werden. Eine einzige übriggebliebene Laus oder Nisse kann jedoch die ganze Mühe zunichte machen. Daher sollte der Kamm lediglich unterstützend zur weiteren Therapie angewandt werden. Nissen, die mehr als einen Zentimeter von der Kopfhaut entfernt an einem Haar kleben, sind alt und stellen kein Risiko mehr dar, da ihre Larven entweder schon geschlüpft oder zuvor gestorben sind.

Chemie oder Natur? Früher wurden bei einem Kopflausbefall die Haare einfach kurzgeschoren. Das sparte die Zeit für aufwändige Behandlungen und unterbrach die Ansteckungskette am schnellsten. Heute ist das natürlich keine Option mehr. Zur Behandlung stehen chemische oder physikalische Parasitenbekämpfungsmittel bereit. Chemisch werden Läuse mit Insektiziden wie Allethrin oder Permethrin behandelt, die als Nervengift auf die Parasiten wirken. Allerdings können diese auch beim Menschen Nebenwirkungen haben und zum Beispiel starke Hautirritationen auslösen. Darüber hinaus sind viele Kopfläuse mittlerweile vor allem gegen Permethrin resistent. Sinnvoller ist daher die physikalische Behandlung mit Dimeticonen. Das sind Silikonöle, welche die Atemöffnungen der Läuse am Hinterleib verkleben, sodass sie ersticken. Hausmittel wie ätherische Öle, denen Kokos-, Neem- oder Anisöl zugesetzt wurde, können ebenfalls wirken, aber auch Hautirritationen verursachen. Essigwasser tötet keine Parasiten ab, es kann nur helfen, den Nissenklebstoff ein wenig anzulösen.

Behandlung über mehrere Wochen Um wirksam zu sein, muss die Behandlung wiederholt werden. Das Robert-​Koch-Institut empfiehlt folgendes Schema: Tag 1: Auskämmen mit Läuse-/Nissenkamm und Behandlung mit Läusemittel Tag 5: Erneutes Auskämmen mit Läuse-/Nissenkamm Tag 9: Wiederholungsbehandlung mit Läusemittel, um später geschlüpfte Larven abzutöten Tag 13: Kontrolle durch Auskämmen Tag 17: Kontrolle durch Auskämmen Finden sich am 17. Tag weder Läuse noch Nissen beim Auskämmen, gilt die Behandlung als erfolgreich beendet. Eine erneute Ansteckung ist jedoch jederzeit wieder möglich. Gerade in Familien müssen daher alle Betroffenen behandelt werden, wenn es nicht zu einem Ping-Pong-Effekt kommen soll.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/18 auf Seite 66.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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