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Erfrierungen

VORSICHT: KÄLTE!

Die Temperaturen sinken – und das Risiko, dass exponierte Körperteile wie Finger oder Zehen Schaden nehmen können, steigt. Das Tückische: Als erstes verschwindet das Gefühl.

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So schnell kann es gehen: Die Bahn verpasst oder das Auto springt nicht an – und schon steht man mit ungeeignetem Schuhwerk und zu dünn angezogen viel länger in der Kälte als geplant. Wenn Wind und Feuchtigkeit dazu kommen, reichen schon Temperaturen knapp oberhalb des Gefrierpunktes, damit Erfrierungen auftreten können.

Diese werden eingeteilt in die Grade eins bis drei. Bereits im ersten Stadium verlieren wir das Gefühl in der betroffenen Region. Eigentlich sind Erfrierungen die Folge eines Schutzmechanismus unseres Körpers: Wenn die Temperatur sinkt, versucht er, die lebenswichtigen Organe zu schützen, indem er die Temperatur im Körperstamm konstant hält. Dies ist nötig, damit sie ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt werden.

Dafür muss aber der Wärmeverlust in der Peripherie reduziert werden. Deshalb wird der Kreislauf „zentralisiert“, das heißt, die kleinen Blutgefäße beispielsweise in Händen und Füßen ziehen sich zusammen. Es fließt weniger Blut in der Peripherie, die Versorgung mit Sauerstoff dort sinkt, die sogenannten Akren, also Hände, Füße, Finger, Zehen, Nase, Kinn und Ohren, kühlen aus.

Drei Schweregrade Erfrierungen werden danach klassifiziert, wie tief die Schädigungen reichen.

  • Bei solchen ersten Grades ist nur die Oberfläche betroffen. Das Gewebe erscheint wegen der reduzierten Durchblutung blass bis grau. Das Gefühl geht verloren – ein Warnzeichen, dass unbedingt beachtet werden sollte!
  • Bei Erfrierungen zweiten Grades ist auch die unter der Haut liegende Gewebeschicht betroffen. Die Kälte schädigt die Zellwände und damit auch die Gefäße. Flüssigkeit tritt in das umliegende Gewebe aus. Die sichtbare Folge: Schwellungen, Ödeme und klare Blasen, die sich sofort oder auch mit Verzögerung bilden können. Durch den Flüssigkeitsaustritt aus den Gefäßen wird das Blut dicker.
  • Die des dritten Grades reichen bis in tiefere Gewebeschichten. Es entstehen trockene Nekrosen und/oder bläulich-rote Blutblasen, die bei Aufplatzen zu nassen Nekrosen führen. Durch die Verdickung des Blutes besteht die zunehmend Gefahr, dass die Blutzellen sich zusammenballen.

Risikofaktoren und Schutz Besonders häufig von Erfrierungen betroffen sind Bergsteiger und Wintersportler ebenso wie Obdachlose und geistig verwirrte Menschen. Das gleiche gilt für Personen, die im Freien oder in Kühlhäusern arbeiten. Erhöht wird das Risiko zusätzlich durch den Konsum von Alkohol, nicht nur, weil er betrunken macht, sondern auch, weil er eine Weitstellung der Gefäße bewirkt – und dadurch einen erhöhten Wärmeverlust.

Nikotin zählt ebenfalls zu den Risikofaktoren, weil es die Gefäße verengt und die Durchblutung verringert. Vorsicht ist auch bei Piercings geboten. Wichtig als Schutz sind angemessene Kleidung und Schuhe, die nicht zu eng sitzen sollten. Zudem ist darauf zu achten, dass sie imprägniert beziehungsweise wasserabweisend und winddicht sind. Denn gerade bei der Kombination von Feuchtigkeit und Wind ist die Gefahr für Erfrierungen besonders hoch.

Sofortmaßnahmen Um welchen Schweregrad es sich handelt, ist vielfach erst nach ein paar Stunden oder gar Tagen festzustellen, da zu Beginn alle ähnlich aussehen. Unabhängig davon gelten folgende Grundregeln: Den Betroffenen an einen warmen Ort bringen und nasse Kleidung ausziehen. Erfrorene Gliedmaßen vorsichtig aufwärmen. Kalte Finger können dazu beispielsweise unter die Achsel oder auf den Bauch gelegt werden, bis sie wieder warm sind.

WANN ZUM ARZT?
Erfrierungen ersten Grades heilen von selbst und ohne Narbenbildung. Möglicherweise bleiben die betroffenen Stellen langfristig empfindlich gegenüber Kälte. Bei stärkeren Beschwerden und sobald sich Blasen bilden, ist ein Arztbesuch angezeigt. Dort werden die Läsionen fachgerecht versorgt und steril verbunden. In dem Fall, dass sich die Blasen öffnen, wird der Arzt die Tetanusprophylaxe überprüfen und die Impfung gegebenenfalls auffrischen. Erfrierungen zweiten Grades heilen meist innerhalb von zwei bis drei Monaten unter Narbenbildung ab. Bei Erfrierungen dritten Grades verfärbt sich das Gewebe blau-schwarz, und es kommt zu einer Mumifizierung sowie einer Abstoßungsreaktion des toten Gewebes, was einige Monate in Anspruch nimmt. In einigen Fällen sind Amputationen nicht zu vermeiden. Eine makabre alte englische Chirurgenweisheit bringt es auf den Punkt: „See in January, cut in June.“

In einigen Fällen bietet sich ein Wasserbad an: Dabei werden die betroffenen Gliedmaßen in ein Gefäß mit zunächst lauwarmem Wasser gehalten und dann vorsichtig warmes Wasser hinzugegeben, bis eine Temperatur von 40 bis 41 °C erreicht ist. Da dieser Prozess sehr schmerzhaft ist, kann ein Analgetikum hilfreich sein.

Wichtig: Erst mit dem Auftauen beginnen, wenn sicher ist, dass die Gliedmaßen danach nicht wieder auskühlen. Massieren, Reiben oder Einreiben mit Schnee ist zu vermeiden, da durch die mechanische Belastung das Gewebe weiter geschädigt wird. Zuckerhaltige, warme Getränke tun gut, Alkohol und Rauchen sind kontraproduktiv . Bei offenen Blasen empfiehlt sich ein steriler Verband ohne Druck. Betroffene Gliedmaßen sind hoch zu lagern, um der Bildung von Ödemen vorzubeugen.

»Um welchen Schweregrad es sich handelt, ist vielfach erst nach ein paar Stunden oder gar Tagen festzustellen.«

Achtung bei Unterkühlungen Nicht selten gehen Erfrierungen mit Unterkühlungen einher – also einem allgemeinen Absinken der Körpertemperatur zusätzlich zu der lokalen Erfrierung. Darauf ist unbedingt zu achten, zumal die Behandlung der Unterkühlung grundsätzlich vorgeht. Auch diese werden nach Schweregraden eingeteilt: Bei leichten Unterkühlungen (Stadium I) versucht der Körper durch Zittern dem Wärmeverlust entgegenzuwirken; Betroffene sind eher erregt, später ruhiger. In diesem Fall genügen die offensichtlichen Maßnahmen: Einen warmen Ort aufsuchen, nasse Sachen ausziehen, gegebenenfalls in eine Decke hüllen und etwas Warmes trinken.

Kritisch wird es bei Unterkühlungen im Stadium II. Hier verlangsamt sich die Atmung, die Muskeln werden starr und das Schmerzempfinden lässt nach. Der Betroffene wird zunehmend müde oder gar bewusstlos. Ein Fall für den Notdienst! Bis zum Eintreffen empfiehlt das Rote Kreuz, den Betroffenen zuzudecken, keine aktive Wärme (z. B. Reiben, Wärmeflasche) zuzuführen, wiederholt das Bewusstsein und die Atmung zu prüfen und, falls nötig, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen. Auch ganz wichtig: den Unterkühlten beruhigen und trösten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/14 ab Seite 72.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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