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Brustkrebs – Teil 1

VERERBTES RISIKO

Damit sie nicht an Brustkrebs erkrankt, hat Hollywoodstar Angelina Jolie sich vorbeugend beide Brüste abnehmen lassen. Mit dieser Entscheidung hat sie eine breite Diskussion ausgelöst.

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Angelina Jolies Mutter ist an Brustkrebs gestorben. Sie selbst hatte nach eigener Aussage ein Risiko von 87 Prozent im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom zu erkranken, ihr Risiko für Eierstockkrebs beträgt 50 Prozent. Die Schauspielerin wusste um dieses hohe Risiko, weil sie sich für einen Gentest entschieden hatte, in dem die Gene BRCA1 und 2 auf Mutationen untersucht werden, die das Erkrankungsrisiko erhöhen.

Mit der beidseitigen Mastektomie hat die Schauspielerin und Mutter ihr Risiko an Brustkrebs zu erkranken auf unter fünf Prozent gesenkt. Indem sie ihre Situation und Entscheidung öffentlich macht, will derHollywoodstar Frauen dazu aufrufen, das Thema ebenfalls aktiv anzugehen. Das ist ihr offenbar gelungen: Die Nachfrage an Kliniken und Beratungszentren ist seitdem deutlich gestiegen.

Vererbung Die meisten Brustkrebserkrankungen treten sporadisch auf. Eine erbliche Belastung (wie bei Angelina Jolie) ist nur wahrscheinlich, wenn mehrere Familienmitglieder erkrankt und/oder wenn sie besonders jung erkrankt sind. Die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sehen einen Hinweis auf ein familiäres Risiko bei mindestens

  • drei an Brustkrebs erkrankten Frauen
  • zwei an Brustkrebs erkrankten Frauen, eine davon vor dem 51. Lebensjahr
  • einer an Brustkrebs und mindestens einer an Eierstockkrebs erkrankten Frau
  • einer an Brust- und Eierstockkrebs erkrankten Frau
  • zwei an Eierstockkrebs erkrankten Fraue
  • einer an Brustkrebs erkrankten Frau vor dem 36. Lebensjahr
  • einem an Brustkrebs erkrankten Mann und einer weiteren Person, die an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt ist
  • einer Frau mit beidseitigem Brustkrebs vor dem 51. Lebensjahr.

Auch wenn nur ein geringer Anteil von Frauen – etwa fünf bis zehn von 100 Brustkrebspatientinnen – ein vererbtes und vererbbares erhöhtes Erkrankungsrisiko hat, so steigt doch für die betroffenen Personen das Risiko an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken erheblich. Nach heutigem Kenntnisstand spielen bei erblichem Brustkrebs vor allem BRCA 1 und 2 eine wichtige Rolle. Das individuelle Risiko hängt von der genauen Art der Mutation ab.

Kosten
Bei einem nachgewiesenen hohen Brustkrebsrisiko übernehmen die Krankenkassen in der Regel die Kosten für den Gentest und die intensivierte Früherkennung. Das gilt auch für die Kosten einer vorbeugenden Operation bei Frauen mit mutiertem BRCA-Gen. Da aber die einzelnen Krankenkassen unterschiedliche Vorgehensweisen haben, sollten diese Fragen im Einzelfall im Vorfeld geklärt werden.

Gesunde Frauen, auf deren Familie – mütterlicherseits oder väterlicherseits – mindestens eines der Kriterien zutrifft, können sich in einem spezialisierten Zentrum beraten lassen. Klarheit über eine erbliche Belastung kann dann ein Gentest schaffen. Wichtig zu wissen ist, dass das Zutreffen eines der genannten Punkte noch nicht bedeutet, dass die gesunde Frau Trägerin eines mutierten Brustkrebsgens ist. Da die Wahrscheinlichkeit ein verändertes Gen von der Mutter oder vom Vater zu erben fünfzig Prozent beträgt, kann der Gentest auch entlasten.

Selbstverständlich besteht keine Pflicht, einen Gentest durchführen zu lassen. Bevor sich jemand dafür entscheidet, sollte sie/er die möglichen Konsequenzen genau abwägen, die aus dem Wissen um eine Mutation für die Person selbst, aber auch für möglicherweise ebenfalls betroffene Familienmitglieder erwachsen können.

Optionen bei erblichem Risiko Trägt eine Frau eine BRCA-Mutation, sollte sie sich umfassend über mögliche Maßnahmen beraten lassen. Zur Wahl stehen eine intensivierte Früherkennung oder eine vorbeugende Entfernung der Brust und der Eierstöcke. Das Ziel bei Ersterer ist es, eine Erkrankung so früh wie möglich festzustellen, um so die Heilungschancen zu optimieren. Dafür wird die Brust halbjährlich vom Arzt abgetastet und per Ultraschall untersucht. Ab dem 25. Lebensjahr erfolgt jährlich eine Untersuchung mittels Magnetresonanztomografie und ab dem 35. Lebensjahr mittels Mammografie.

Die beidseitige Entfernung der Brüste senkt das Risiko einer Brustkrebserkrankung stark. Ein Restrisiko bleibt allerdings trotzdem bestehen, da immer ein wenig Brustgewebe zurück bleibt. Die Entfernung der Eierstöcke minimiert nicht nur das Risiko dort an Krebs zu erkranken, sondern reduziert gleichzeitig auch das Risiko einer Brustkrebserkrankung um die Hälfte.

Aber nicht alle Merkmalsträgerinnen erkranken zwingend an Brustkrebs, denn zwei bis fünf (je nach Mutation) von zehn Frauen bleiben laut Statistik trotz eines mutierten Gens gesund. Sie hätten also diesen drastischen Eingriff sowie wie alle Folgeeingriffe für eine eventuelle Rekonstruktion der Brust umsonst durchführen lassen.

Neben der psychischen Belastung sind für diese Option die bekannten Risiken zu nennen, die mit einer Narkose und Operation einhergehen. Langzeitdaten, die eine Empfehlung für die eine oder andere Strategie erlauben würden, existieren bislang nicht. Deshalb liegt es an jeder betroffenen Frau und ihrer Familie, die für sie und ihre Situation individuell passende Entscheidung zu treffen.

Abwarten In manchen Fällen lässt sich trotz eindeutiger familiärer Häufung von Krebsfällen keine Mutation in einem bekannten BRCA-Gene feststellen. Dann muss meist trotzdem von einem erhöhten Erkrankungsrisiko ausgegangen werden, das wahrscheinlich auf einer Mutation in einem noch nicht identifizierten Gen beruht. In diesem Fall raten Experten zu einer intensivierten Früherkennung, aber nicht zu einer vorbeugenden Operation.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 104.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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