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Heilpflanzen

UNVERWECHSELBARE NÄGELCHEN

Während Gewürznelken mit ihrem würzig-scharfen Duft vorwiegend als Gewürz Verwendung finden, hat das daraus durch Wasserdampfdestillation gewonnene Nelkenöl den Einzug in die Heilkunde geschafft.

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Gewürznelken bestehen aus den getrockneten ungeöffneten Blüten- knospen des Gewürznelkenbaums (Syzygium aromaticum L.) aus der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae). Der immergrüne Bäum wird zehn bis zwölf Meter, selten 20 Meter hoch und ist schlank-pyramidenförmig. Er trägt ledrige, glänzende Blätter und weißlich-rosa Blüten in dreifach dreigabeligen Trugdolden mit vielen langen Staubblättern, die ein typisches Merkmal der Myrtengewächse sind. Die Heimat des Nelkenbaums liegt auf den Molukken, einer indonesischen Inselgruppe. Heute wird er als Nutzpflanze in vielen tropischen Ländern kultiviert. Neben Indonesien, Malaysia, Südamerika, Sri Lanka und Pemba sind Sansibar und Madagaskar bekannte Anbaugebiete, die sich teilweise auch im Namen der im Handel befindlichen Gewürznelken wiederfinden (z. B. Madagaskar- oder Sansibar-Nelken).

Aromatische Blütenknospen Pro Baum können jährlich zwei bis vier Kilogramm Gewürznelken (Caryophylli flos) geerntet werden. Die Droge darf nach den Anforderungen des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur.) höchstens sechs Prozent Nelkenstiele, geöffnete Blüten oder Früchte enthalten, da diese Bestandteile aufgrund ihres geringeren Ätherisch-Öl-Gehaltes ein minderwertigeres Nelkenöl liefern. Es werden die ganzen Blütenstände abgepflückt, wenn sie bereits voll entwickelte, aber noch ungeöffnete Knospen tragen, da diese den höchsten Gehalt an ätherischem Öl besitzen. Nach der Ernte verfärben sich die Blütenknospen beim Trocknen hell- bis dunkelbraun. Sie sind 15 bis 17 Millimeter lang. Der obere Teil hat eine kugelige Form, bei der die Blütenblätter zu einer Haube verwachsen sind. Darauf verweist auch der Gattungsname Syzygium, der sich vom griechischen Wort syzygos = gepaart, vereinigt ableitet. Der untere Teil besteht aus einem länglichen bis vier Millimeter dicken Unterkelch, der nach oben in vier derbe, abstehende Kelchzipfel übergeht.

Ätherisch-Öl-Droge Gewürznelken enthalten je nach Herkunft 14 bis 26 Prozent äthe- risches Öl (Ph. Eur. mind. 15 Prozent) mit Eugenol (ein Phenylpropan- oder Hydroxyzimtsäurederivat) als Hauptkompo- nente. Weitere Inhaltsstoffe sind Flavonoide und Gerbstoffe (Gallotannine und Ellagitannine). Eugenol ist im Nelken- öl (Caryophylli floris aetheroleum) zu 75 bis 85 Prozent enthalten. Außerdem finden sich Eugenolacetat, beta-Caryophyllen und andere Terpene. Spuren der Begleitsubstanzen Heptan- und Octan-2-on machen den charakteristischen Geruch des Nelkenöls unverwechselbar. Die Qualität der Gewürznelken ist an ihrem Schwimmverhalten im Wasser zu erkennen. Nelken von guter Qualität mit genügend ätherischem Öl gehen unter oder schwimmen senkrecht. Minderwertige Blütenknospen, die weitgehend von ätherischem Öl befreit sind, liegen waagerecht auf dem Wasser. Zudem erlaubt die Nagelprobe, bei der beim Eindrücken mit dem Fingernagel bei hochwertiger Ware ätherisches Öl aus den Nelken heraustritt, eine Beurteilung der Qualität.

Altes Gewürz und Heilmittel Die Blütenknospen erinnern aufgrund ihrer stiftförmigen Gestalt an einen Nagel, weshalb sie den davon abgeleiteten Namen Nelken tragen und volkstümlich Nägelchen genannt werden. Die nähere Bezeichnung Gewürznelken verweist auf ihre hauptsächliche Verwendung als Gewürz. In China wurden die Gewürznelken schon vor 2500 Jahren sehr geschätzt und als wertvolles Gewürz rege gehandelt. Im vierten Jahrhundert gelangte das kostbare und begehrte Gut über die Mittelmeerländer mit den Arabern nach Europa. Dort erkannte man außer seinem aromatischen Duft zur Aromatisierung von Speisen auch bald sein Potenzial als Heilmittel. Im Mittelalter trugen Pestärzte Nelkenketten um den Hals und kauten die Blütenknospen, um sich nicht bei den Kranken anzustecken. Später empfahl Paracelsus (1493 – 1541) Nelken zur besseren Verdauung und Sebastian Kneipp (1821 – 1897) lobte das Nelkenöl gegen Blähungen und bei Magenverstimmungen.

Medizinische Anwendung Während Gewürznelken heute hauptsächlich ein beliebtes Gewürz zur Weihnachtszeit im Glühwein oder Lebkuchen sind und zudem einer der Bestandteile von Currypulvern darstellen, wird das daraus gewonnene Nelkenöl noch immer arzneilich verwendet. Nelkenöl wirkt leicht lokalanästhetisch, was das früher beliebte Kauen von Gewürznelken bei Zahnschmerzen erklärt. Auch die Zahnärzte schätzten die leicht betäubende Wirkung und gebrauchten Nelkenöl als Füllmaterial von Wurzelkanälen. Gegenwärtig wird es in der Zahnheilkunde zur örtlichen Schmerzstillung und als desinfizierendes Mundspülmittel zur Behandlung von entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut eingesetzt, da es neben seiner lokalanästhetischen Wirkung auch antimikrobielle und antiphlogistische Effekte aufweist.

Diese Anwendungsgebiete finden sich auch in der Monographie der Kommission E und der ESCOP, wobei letztere es auch zur Behandlung chronischer Analfissuren nennt. In der Volksheilkunde sind die Gewürznelken aufgrund ihrer spasmolytischen und karminativen Wirkung bei Magenverstimmungen, Blähungen und zur Förderung der Verdauungsförderung beliebt.

Bitte nicht verwechseln Die Gartennelke (Dianthus caryophyllus) ist nicht mit dem Gewürznelkenbaum verwandt. Die Blume wurde lediglich nach den Gewürznelken benannt, weil ihre Wurzeln im Duft den Blütenknospen des Myrtengewächses ähnlich sind. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/17 ab Seite 136.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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