Kaffee
UNSER BELIEBTER MUNTERMACHER
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Kaffee gehört neben Tee weltweit zu den beliebtesten Getränken. Doch was den zahllosen Kaffeeliebhabern die Freude an ihrem Genuss oftmals verdirbt, sind die Warnungen vor deren gesundheitsschädigenden Wirkungen. Auf der langen Liste standen unter anderem schon die Gefahr der Abhängigkeit, Erkrankungen von Magen und Nieren sowie Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen. Für kaum etwas, was angeblich auf das Konto von Kaffee gehen soll, gibt es allerdings wissenschaftlich fundierte Belege.
Dennoch: Er hatte seinen Stempel als ungesund weg, weshalb immer noch geraten wird, man solle besser auf ihn verzichten. Alles das kann jetzt zu den Akten gelegt werden – und zwar wirklich zu den wissenschaftlichen. Eine ganze Reihe von medizinischen Studien hat den schlechten Ruf von Kaffee inzwischen klar widerlegt. Mehr noch: Sie haben gezeigt, dass er – in den richtigen Mengen genossen – die Gesundheit sogar nachhaltig fördert.
Tägliche Dosis: vier Tassen So stellte sich im Rahmen von Untersuchungen heraus, dass der Muntermacher den Blutdruck langfristig senkt – anstatt ihn, wie lange fälschlich propagiert, zu erhöhen. Weiterhin fanden Wissenschaftler heraus, dass Kaffee auch die Blutgefäße schützt. Denn er stärkt die Funktionen des Endothels, jener „Tapete“, mit der das Innere der Blutgefäße ausgekleidet ist. Mit diesem Effekt unterstützt Kaffee die Gefäße bei ihren vielen wichtigen Aufgaben und hilft mit, sie vor Schäden zu bewahren. Diese herz- und gefäßgesunden Wirkungen entfalten sich ab einer bestimmten Konzentration von Kaffee am Tag: der Menge von vier Tassen.
Wie Kaffee Herz und Gefäße schützt Wie genau die Bohnen von Coffea arabica, wie der Kaffeestrauch botanisch heißt, die Herz- und Gefäßgesundheit fördern, war lange unklar. Nun wissen wir mehr. Die blutdrucksenkende Wirkung geht auf die in den Kaffeebohnen enthaltenen Polyphenole zurück. Dabei handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, welche die Blutgefäße entspannen und so den Blutdruck herunterregulieren. Nächster Grund für die vielen guten Wirkungen ist der hohe Gehalt an Antioxidanzien. Diese Stoffe fangen im Körper die schädlichen freien Sauerstoffradikale ab und schützen damit vor zahlreichen Erkrankungen, auch außerhalb des Herz-Kreislauf-Systems.
Kommen wir zum Coffein, dem ein hochinteressanter Wirkmechanismus bescheinigt wurde: Es greift in den Stoffwechsel der Mitochondrien, der potenten Kraftwerke unserer Zellen ein. Das gelingt dem Coffein, indem es den Transport eines wichtigen Proteins in die Mitochondrien fördert. Dort angekommen, aktiviert das Protein die Funktionen. Dieser Kick für die Zellkraftwerke sorgt dafür, dass Kaffee Herz und Blutgefäße vor Schädigungen schützen kann. Auf Basis dieser spannenden Erkenntnisse können künftig neue Strategien für die Herzmedizin entwickelt werden. Wenig verwunderlich gibt es bereits die ersten Forschungsansätze, um Coffein demnächst als Nahrungsergänzungsmittel zum Herz- und Gefäßschutz einzusetzen.
Großer Einfluss auf Darmkrebs Bemerkenswerte Befunde liefern jüngste Forschungen auch zum Effekt von Kaffee auf Dünn- und Dickdarm. Sein regelmäßiger Genuss entpuppte sich als positiv für den Krankheitsverlauf bei Patienten mit Darmkrebs, sogar im fortgeschrittenen Stadium. Die in Studien untersuchten Patienten hatten alle eine Darmoperation hinter sich und mussten sich anschließend einer Chemotherapie unterziehen. Wie sich zeigte, war das Risiko einen Krankheitsrückfall zu erleiden oder gar an der Darmkrebserkrankung zu sterben, bei den regelmäßigen Kaffeetrinkern erheblich geringer als bei den anderen Patienten.
Auch hier spielten wieder die magischen vier Tassen täglich eine Rolle. Sie reduzierten die krankheitsbedingten Risiken um 42 Prozent. Bei Darmkrebspatienten, die noch mehr als vier Tassen am Tag zu sich nahmen, waren die Risiken sogar um 52 Prozent geringer. Kaffee kann aber noch mehr: nämlich vor Darmkrebs schützen. Forschungen wiesen nach, dass regelmäßiges Kaffeetrinken das Risiko für diese Krebserkrankung senkt.
Altbewährte Heilmittel Dass Kaffeebohnen nicht nur der wohltuenden Anregung dienlich sind, sondern auch medizinisch wertvoll, ist übrigens keine neue Erkenntnis. In jenen Regionen, wo der Muntermacher schon lange genutzt wird, sind seine Samen in der traditionellen Volksmedizin auch als Arznei zugegen. In Nord- und Ostafrika kaut man Kaffeebohnen geröstet gegen Kopfschmerzen, Erkältungen und Schwächezustände. In arabischen Ländern schätzt man den Kaffeesatz auf eitrige Wunden und Entzündungen aufgelegt.
Auch in unseren Breiten existiert schon länger eine medizinische Anwendung: nämlich starker schwarzer Kaffee mit Zitronensaft als probates Mittel gegen Kopfschmerzen und den morgendlichen Kater nach einem zu tiefen Blick ins Glas. Auch eine homöopathische Arznei wird aus den Kaffeebohnen hergestellt. Unter der Bezeichnung Coffea verordnen Homöopathen sie gegen Kopf- und Wundschmerzen, Schlafstörungen und nervöser Übererregtheit.
Zur Zubereitung Die Zubereitung, also das Kaffeekochen, ist neben dem Rösten entscheidend für Geschmack und Bekömmlichkeit des schwarzen Tranks. Dazu hat man in den verschiedenen Regionen seines nahezu weltweiten Gebrauchs die unterschiedlichsten Vorgehensweisen ersonnen. So brüht man in Afrika überwiegend die grob zerkleinerten Kaffeebohnen mit kochendem Wasser auf und gibt dem Ganzen zur geschmacklichen Verfeinerung wie zur besseren Bekömmlichkeit Kardamom bei.
Hierzulande hat es sich dagegen eingebürgert, die Bohne fein gemahlen in papierene Filter oder spezielle Maschinen zu füllen und mit kochendem Wasser zu übergießen. Filterkaffee wird jedoch von vielen Menschen nicht so gut vertragen wie der in mediterranen und arabischen Ländern übliche Espresso und Mokka. Das liegt vor allem daran, dass beim Filterkaffee jene Stoffe der Kaffeebohne im Papier zurückbleiben, die den Kaffee bekömmlicher machen.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 140.
Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin
Schon gewusst?
Kaffee kam erst recht spät zu uns ins Abendland. Bis es so weit war, schrieb man bereits das Jahr 1601. Seine erste Station war England, wo dem stimulierenden Trank der Muslime rasch der gleiche triumphale Siegeszug wie im Orient gelang. Entsprechend breitete sich der Kaffeegenuss wie ein Lauffeuer in ganz Europa aus, wobei er zunächst freilich nur der Oberschicht vorbehalten blieb. Diese gab sich in sogenannten Logen der gemeinsamen „Berauschung“ am Kaffee hin.
Die größte Anhängerschaft fand der Kaffee zu Zeiten der Aufklärung in intellektuellen Zirkeln: Kant, Voltaire, Rousseau und viele andere Geistesgrößen waren passionierte Kaffeetrinker. Voltaire soll die stattliche Menge von fünfzig Tassen am Tag konsumiert haben. Doch nicht nur Literaten, auch zahlreiche Musiker nutzen Kaffee, oftmals in gewaltigen Mengen, zur Inspiration bei ihrer Arbeit. Das größte Musikwerk, das dem Stimulans gewidmet wurde, ist Sebastian Bachs „Kaffeekantate“.