Zwei Männer montieren ein Photovoltaik-Modul an einem Balkon© Astrid860 / iStock / Getty Images
In Deutschland wurden mittlerweile mehr als 400 000 Balkonkraftwerke bei der Bundesnetzagentur registriert, davon allein 50 000 in diesem Jahr.

Umweltschutz

BALKONKRAFTWERKE, EFFIZIENTE ART DER STROMERZEUGUNG

Balkonkraftwerke werden immer beliebter, aber das Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft. Lesen Sie, ob die Solarzellen auch für Sie in Frage kommen und wie viel sie zur Energiewende beitragen.

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Die Energiewende hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen: 2023 wurde laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg zum ersten Mal mehr als die Hälfte des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft erzeugt. Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, soll dieser Wert nach dem Plan der Bundesregierung in den nächsten sechs Jahren auf mindestens 80 Prozent steigen.

Für den Einzelnen ist es oft gar nicht so einfach, selbst Teil der Energiewende zu sein. Klar, man kann einen Ökostromanbieter nutzen und Strom sparen. Aber darüber hinaus, mit Photovoltaik auf dem Dach selbst Strom zu gewinnen, ist oft kompliziert, teuer und nichts für Menschen, die zur Miete wohnen. Aber Balkonkraftwerke haben das Potenzial, das zu ändern. Mittlerweile wurden mehr als 400 000 Balkonkraftwerke bei der Bundesnetzagentur registriert, davon allein 50 000 in diesem Jahr.

So funktioniert’s

Balkonkraftwerke sind Photovoltaik-Module, die an Balkonen angebracht werden und Solarstrom erzeugen. Im Wesentlichen bestehen sie aus drei Teilen: einem oder zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter, der die Sonnenenergie umwandelt, und einem Stecker für die Steckdose. Der Wechselrichter wandelt Gleichstrom in Wechselstrom um und ermöglicht es so, Strom ins hauseigene Netz einzuspeisen.

Wasserkocher, Kühlschrank oder Waschmaschine bedienen sich zuerst dort, bevor sie am regulären Netzstrom ziehen. Auf dem deutschen Markt gibt es inzwischen viele Anbieter für Balkonkraftwerke. Günstige Modelle, die 400 oder 450 Watt produzieren, sind für unter 400 Euro erhältlich. Die Hersteller bieten lange Garantiezeiten. Wer darüber nachdenkt, sich ein Balkonkraftwerk zuzulegen, kann sich das über lokale Förderungen bezuschussen lassen.

Solarpanels anbringen, Stecker rein und Geld sparen

So lautet das Produktversprechen bei Balkonkraftwerken. Bevor es losgehen kann, gilt es aber noch ein paar Punkte zu beachten. Voraussetzung ist natürlich: ein Balkon. Außerdem braucht es eine Außensteckdose, um die Solaranlage anzuschließen. Wenn die noch nicht vorhanden ist, kann ein Elektriker sie aber auch nachträglich verlegen. Das kostet zwischen 130 und 400 Euro. Will man ein Balkonkraftwerk nutzen, muss man sich das vom Vermieter genehmigen lassen. Außerdem braucht es einen Stromzähler mit Rücklaufsperre, den die meisten Wohnungen aber sowieso haben. Die Solaranlage muss außerdem im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur und beim lokalen Stromnetzbetreiber angemeldet werden. Zum ersten April 2024 wurde die Registrierung für Balkonkraftwerke von der Bundesnetzagentur schon vereinfacht.

Mit dem Solarpaket I, das im August 2023 vom Kabinett beschlossen wurde und auf das sich im April auch der Bundestag geeinigt hat, kommen noch weitere Erleichterungen hinzu. Zu den wichtigsten Änderungen gehört, dass man sich gar nicht mehr beim Netzbetreiber anmelden muss, sondern nur noch beim Marktstammdatenregister. Auch die erlaubte Höchstleistung, die aktuell auf 600 Watt beschränkt ist, soll auf 800 Watt angehoben werden.

Dazu soll man von der Vermieter-Gunst künftig weniger abhängig sein: In einem weiteren Gesetzentwurf des Justizministeriums ist ein Anspruch auf die „Zustimmung zum Balkonkraftwerk“ vorgesehen – sodass die Vermietung nur im Einzelfall “nein” sagen kann.

Das bringt’s unterm Strich

„Ein Paket mit 300 Watt deckt den Grundstromverbrauch ab, also sowas wie Kühlschrank und andere Standby-Geräte”, erklärt der Experte Volker Stelzer vom Karlsruher Institut für Technologie. Strom, der nicht direkt genutzt wird, fließt automatisch ins öffentliche Stromnetz. Mit einer 300-Watt-Anlage könne man etwa zehn Prozent des Stromverbrauchs von einem Drei-Personen-Haushalt erzeugen, sagt Stelzer, wobei es auch einen Einfluss habe, wie das Modul angewinkelt und in welche Himmelsrichtung es gerichtet ist.

„Am meisten Sinn macht es, wenn der Balkon auf der Südseite liegt”, so Stelzer. „Aber selbst eine reine Ausrichtung nach Norden bringt was, denn das Modul verarbeitet nicht nur direkte Sonneneinstrahlung.”

Mit einem Rechner der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin kann man ganz gut kalkulieren, wie viel Strom mit einem Balkonkraftwerk genau gespart wird. Das Geld für die Anschaffung ist in der Regel nach wenigen Jahren wieder drin.

Und für die Energiewende?

Volker Stelzer sagt: „Wenn man die Hälfte der deutschen Balkone mit Balkonkraftwerken ausstatten würde, könnte man etwa 1,7 Prozent des Gesamtstromverbrauchs, einschließlich der Industrie, damit erzeugen.” Er hält das für eine sehr effiziente Art der Stromerzeugung, da der Strom direkt vor Ort genutzt wird und keine neuen Leitungen gelegt werden müssen.
Im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts hat Stelzer noch etwas bemerkt. 2020 stellte er 22 Teilnehmenden Balkonkraftwerke zur Verfügung und untersuchte, wie sich die Nutzung auf ihren Alltag auswirkt. Das Ergebnis: „Alle Teilnehmenden wurden sensibler, was ihren Stromverbrauch angeht und haben angefangen, noch mehr Strom zu sparen.” Stelzers Fazit lautet daher: Wer ein Balkonkraftwerk nutze, spare nicht nur Strom und Geld, sondern bekomme auch ein besseres Gefühl für die Energiewende.

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