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Kooperationsgipfel

ÜBERLEBENSSTRATEGIEN

Schon zum Beginn der Veranstaltung im Februar in München wurde Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), deutlich und warb für Impfungen in der Apotheke als „Jahrhundertchance“.

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Das ist ein strategischer Schachzug. Wenn wir das schaffen, ist es eine Jahrhundertchance, wenn wir es nicht schaffen, sind wir tot – fasste der Vorsitzende die Lage im Impfstreit mit den Ärzten zusammen und wies darauf hin, dass man sich gemeinsam mit Gesundheitsminister Jens Spahn gegen die Ärzte-Lobby durchsetzen könne. Hartmann rechnete vor: Wenn alle Apotheker die Jahrhundertchance „Impfungen in der Apotheke“ ergreifen und mitmachen, dann entstünden pro Apotheke 470 zusätzliche Kundenkontakte. Obwohl der BVDAK-Chef die Chancen für damit verbundene Zusatzverkäufe etwa im OTC-Bereich nicht erwähnte, ist klar, dass hier in erster Linie PTA gefragt sind und das Impfen in der Apotheke auch eine Erfolgsgeschichte für die Apotheken-Mitarbeiter sein könnte. Genüsslich erwähnte Hartmann dagegen, dass das Impfen nicht von Amazon und Co. durchgeführt werden kann.

Nutzen auf allen Ebenen Referent Professor Uwe May, Inhaber des Beratungsinstituts May und Bauer, betonte, wie wichtig eine durch die Apotheke unterstützte höhere Durchimpfungsrate etwa im Hinblick auf die Grippe sei: „Wenn die Impfrate um zwölf Prozent ansteigt, vermeidet man etwa 900 000 Krankheitsfälle und 4700 Klinikaufenthalte.“ Insgesamt könnte man volkswirtschaftliche Kosten im Milliardenbereich einsparen. Auch konnte der Gesundheitsökonom über ein positives Beispiel berichten: „Erfahrungen in Großbritannien haben gezeigt, dass innerhalb kürzester Zeit mehr als 70 Prozent aller Apotheker beim Impfen mitgemacht haben.“

May veranschaulichte auch, dass Impfungen in der Apotheke mit mehreren Leistungsschritten verknüpft sind. Dazu gehören: Beratung anhand eines Fragebogens, Dokumentation, die eigentliche Impfung sowie eine Nachbetreuung. Inwieweit etwa PTA und Apotheker bei der Beratung oder der Dokumentation eingebunden werden können, wurde bei dieser Veranstaltung jedoch (noch) nicht diskutiert. Relativ klar hingegen formuliert Professor May die Honorierung der Impfleistungen: 15 Euro findet er „angemessen und politisch vertretbar.“

Kritik an Standespolitikern Apropos Politik: Ebenso wie Referent Ralf König, Direktor Pharmacy des Health Innovation Hub beim Bundesgesundheitsministerium, übte auch der Moderator des Kooperationsgipfels, Dr. Stefan Hartmann, herbe Kritik gegenüber der Standesvertretung. So schätzte es Ralf König als „katastrophal“ ein, dass die Politik mit dem Impfvorschlag den Pharmazeuten eine echte Option zugespielt habe und die Apothekerschaft diese ablehne. Apotheker König rief seine Kollegen dazu auf, „das Impfen bei ihren Apothekerkammern laut einzufordern. Wir müssen Flagge zeigen und uns jetzt verändern, sonst schaffen wir uns ab.“ Nach den Beobachtungen Königs ist die ABDA in Berlin nicht vernetzt und die Standespolitiker „ohnehin nicht diejenigen, die Visionen pflegen.“ Das Fehlen von Strategien und Visionen wurde auch von Hartmann bemängelt. Er fühlte sich vielmehr von „Winkeladvokaten“ vertreten und äußerte den Verdacht, dass sich die Standespolitiker generell nicht mehr „um die Apotheken-Basis bemühen.“

Apotheker dürfen optimistisch bleiben: »Auch Digital Natives sind auf die kompetente Beratung der Apotheker angewiesen.«

Plattform-Präsenz unumgänglich Dass bei der Apotheken-Kunden-Kommunikation gemeinsame Plattformen eine herausragende Rolle spielen, ist klar. Die Frage ist nur noch, wer sich mit welcher Plattform möglichst flächendeckend durchsetzt. Ein Vorreiter ist dabei sicher die Plattform „IhreApotheken.de“ des Zukunftspaktes Noweda und Burda. Der Zukunftspakt wurde von Dr. Jan-Florian Schlapfner vertreten und ist bereits seit April 2019 online. Aktuell nutzen bereits 3000 Apotheker IhreApotheken.de. Während man beim Zukunftspakt die Plattform im laufenden Betrieb kontinuierlich verbessern und ausbauen will, verfolgt der Geschäftsführer des Konkurrenzunternehmens Pro AvO, Peter Menk eine völlig andere Strategie: Sein Unternehmen will mit einer schlüsselfertigen Plattform noch dieses Jahr den Markt aufmischen.

Menk ist davon überzeugt, dass sein Unternehmen mit der schnellsten und modernsten Plattform an den Start gehen wird und man das Angebot unter dem Blickwinkel des Endverbrauchers sehen müsse: „Das wird nicht jedem Apotheker gefallen, aber wir müssen den Endkunden überzeugen – und der ist anspruchsvoll“, so Menk. Das weiß auch Schlapfner: „Wir haben schon hunderte Verbesserungen durchgeführt. Ende 2020 werden wir wo ganz anders stehen. Wir müssen schnell vom Kunden lernen.“ Wer den Plattform-Streit, an dem noch andere Marktteilnehmer beteiligt sind, für sich entscheidet, bleibt abzuwarten.

Virtual Reality als TherapiekonzeptEinen ebenso charmanten wie begeisternden Vortrag hielten die beiden Schwestern Annaliesa Kierndorfer, Geschäftsführerin der aoki Apotheken-Vertrieb Gmbh, und Jocelyn Kierndorfer, Consultant der aoki GmbH. So berichteten sie darüber, dass man schon heute Flugangst im Kontext der virtuellen Realität therapieren kann. Die Betroffenen werden immer wieder in der virtuellen Welt mit auf Flugreisen genommen, um sie so an diese Situation zu gewöhnen. Dabei durchleben die Menschen die virtuelle Welt als echte Welt und bekommen etwa bei einer virtuellen Achterbahnfahrt ebenso Herzklopfen, wie in der echten Welt.

Virtuelle Therapien sind übrigens äußerst kostengünstig und erfolgreich: 80 Prozent der Betroffenen haben bei einer virtuellen Therapie gegen Flugangst Erfolg! Auch Schlaganfall-Patienten können ihre körperlichen Übungen mit Hilfe eines Avatars (sozusagen der Stellvertreter in der virtuellen Welt) absolvieren. Dadurch, dass der Erkrankte die Übungen als echt erlebt, beginnt sein Gehirn sich neu zu strukturieren und er beherrscht wieder verlorene körperliche Bewegungsmuster. Nach Überzeugung der beiden Referentinnen kann die virtuelle Realität auch im Hinblick auf Apotheken gute Dienste leisten: In einer virtuellen Apotheke könnten beispielsweise Verkaufsgespräche trainiert werden.

Individualisierte Arzneimittelherstellung Ingo Krause, Geschäftsführender Gesellschafter kg-pharma GmbH & Co. KG, machte sich für die individualisierte Tablette stark. Und das aus mehreren Gründen: Nicht jeder Erkrankte braucht die gleiche Dosierung, allzu häufig werden mit standardisierten Medikamenten Überdosierungen verabreicht und tragen so zur Leberschädigung bei. Außerdem gibt es Erkrankungen wie etwa ADHS, bei denen die benötigte Dosierungsmenge von Woche zu Woche wechselt. Hinzu kommt, dass Tabletten immer nur an Erwachsenen getestet werden und somit die Mengen häufig nicht kindgerecht sind. Der Referent präsentierte dazu ein ultrakompaktes Tablettiergerät, in dem zuerst gewogen und dann gepresst wird. Das für jede Apotheke geeignete Gerät kann Ein- und Mehrschichttabletten herstellen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2020 ab Seite 82.

Claus Ritzi, Pharmajournalist

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