Eine Illustration eines Gehirns.
Fatale Nebenwirkung des Heilungsprozess nach einer Hirnverletzung: die Bildung eines Tumors. © Jolygon / iStock / Getty Images Plus

Gehirn | Krebsforschung

TUMOREN DURCH HIRNVERLETZUNG?

Eine Studie zeigt, dass nach einer Hirnverletzung ein Tumor aufgrund des Heilungsprozesses entstehen kann. „Tumor-Mutterzellen“ werden für den Ersatz des verloren gegangenen Gewebes aktiviert. Sie hören nicht mehr auf, sich zu teilen, und bilden ein Glioblastom – die häufigste und kaum behandelbare Krebsform im Gehirn.

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Eine chirurgische Entfernung des Glioblastoms bedeutet in der Regel für den Patienten, nur ein wenig Überlebenszeit zu gewinnen. Meist bleiben nach dem Eingriff Krebszellen zurück, die zu einem schnellen Nachwachsen führen. Leider können auch andere Behandlungsformen das Fortschreiten der Erkrankung kaum aufhalten. Nach der Diagnose liegt die durchschnittliche Überlebensdauer eines Patienten bei 15 Monaten.

Aus diesem Grund führen Forscher Studien durch, um eine Möglichkeit zu finden, die Glioblastom-Zellen gezielt abzutöten. „Dazu müssen wir die molekulare Natur dieser Zellen besser verstehen“, sagt Co-Autor Gary Bader von der University of Toronto. Dafür sammelte das Team um BaderZellen aus den Tumoren von 26 Patienten und vermehrte sie im Labor. Anschließend erfassten sie mit einer RNA-Sequenzierung, welche Gene in den Zellen aktiv sind.

So fanden sie heraus, dass einige Glioblastome im Zusammenhang mit den Reparaturprozessen entstehen, die nach Gewebeschäden auftreten. Dabei werden Zellen dazu angeregt, verloren gegangenes Gewebe zu ersetzen. Handelt es sich allerdings um Glioblastom-Vorläuferzellen, kann das System „entgleisen“: Eine mutierte Zelle, die in die Wundheilung eingreift, kann nicht mehr aufhören, sich zu vermehren, weil ihre normalen Kontrollfunktionen gestört sind.

Co-Autor Peter Dirks von der University of Toronto ist der Meinung, dass aus diesen neuen Hinweisen neue Behandlungsansätze entwickelt werden können, die sich auf die Verletzungseffekte und Entzündungsreaktionen konzentrieren.

Die Wissenschaftler haben bei den Tumoren der Patienten auch spezifische Gradienten beim Zustand der Krebszellen festgestellt: Einige scheinen eher von den Gewebeheilungsprozessen beeinflusst als andere, doch das Verhältnis der beiden Zustände der Krebszellen ist patientenspezifisch. Beide Zustände zeigen unterschiedliche Reaktionen.

„Wir suchen jetzt nach Wirkstoffen, die an verschiedenen Punkten dieses Gradienten wirksam sind“, sagt ein weiterer Co-Autor, Pugh Trevor vom Princess Margaret Cancer Centre in Toronto. „Es bietet sich eine echte Chance für die Präzisionsmedizin – wir können die Tumoren der Patienten auf Einzelzellebene analysieren und einen Medikamentencocktail entwickeln, der mehr als eine Krebszell-Version gleichzeitig ausschalten kann.“

Sabrina Peeters,
Redaktionsvolontärin

Quellen:
https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/hirnverletzungen-koennen-tumorbildung-anregen/
Laura M. Richards et al.: „Gradient of Developmental and Injury Response transcriptional states defines functional vulnerabilities underpinning glioblastoma heterogeneity“, University of Toronto 2021

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