Kinder sind genauso traumatischen Erlebnissen ausgesetzt wie Erwachsene. Dazu zählt auch die Trennung von der Bezugsperson. © Tatiana kostareva / 123rf.com

Psychotraumatologie | Kindergesundheit

TRAUMATISCHE ERFAHRUNGEN IM KINDESALTER HINTERLASSEN NEUROLOGISCHE SPUREN

Erleiden Kinder ein Trauma, werden sie im folgenden Lebensalter anfälliger für bestimmte physische und psychische Erkrankungen. Diese These wurde auf einer Konferenz der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) bekannt gegeben.

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Abgesehen von Unfällen, Kriegs- und Gewalterfahrung oder dem plötzlichen Tod von Angehörigen, können bei Kindern auch andere Ursachen Traumata auslösen. Dazu zählen zum Beispiel die Trennung von Bezugspersonen, medizinische Maßnahmen oder gar gewalttätige, psychisch kranke oder alkoholabhängige Eltern. Natürlich können all diese Gründe zu akuten psychischen oder physischen Problemen führen, Untersuchungen zeigen aber auch zudem eine negative Auswirkung auf die körperliche und mentale Entwicklung, wodurch auch im Erwachsenenalter Beschwerden auftreten können. Die Stresssituation kann sich auf die Ausbildung des Gehirns, den Stoffwechsel und das Immunsystem auswirken. So zeigen traumatisierte Kinder später ein erhöhtes Risiko für psychische Krankheiten, gastrointestinale Störungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs. Sogar Stresssituationen bereits in der Schwangerschaft können diese Auswirkungen über Abweichungen in der fetalen Entwicklung fördern.

Das wissenschaftliche Team um Prof. Dr. rer. nat. Christine Heim forscht mittels bildgebender Verfahren an den Auswirkungen traumatischer Erlebnisse auf Kinder. Die Universitätsprofessorin und Leiterin des Instituts für Medizinische Psychologie der Berliner Charité referierte bei der Konferenz der DGKN über den aktuellen Forschungsstand zu diesem Thema. Laut Heim können die neurobiologischen Spuren, die Traumata hinterlassen, im Gehirn nachgewiesen werden. Es fällt auf, dass besonders die Hirnareale, die für die Stressregulation zuständig sind, verkleinert sind. Dies erkläre die lebenslange Anfälligkeit und die geringe Stresstoleranz, wodurch Betroffene zeitlebens sensibler auf Stresssituationen reagieren. Zudem könnten diese Strukturänderungen sogar an die nächste Generation weitergegeben werden.
Bereits aus anderen Studien ist bekannt, dass Erwachsene, die im Kindesalter Misshandlungen ausgesetzt waren, dauerhaft erhöhte Entzündungswerte aufzeigen.

Das Ziel der Forschungsgruppe stellt die Entschlüsselung neurobiologischer Prozesse dar, wodurch sich mögliche Targets zur Diagnostik und Therapie ergeben können. Zurzeit kann sich Heim sowohl eine Kombination aus Arzneimittel- und Psychotherapie vorstellen, als auch die Anwendung von Hirnstimulation, um schädliche Veränderungen in den betroffenen Hirnstrukturen frühzeitig umzukehren.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Apotheke adhoc

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