Gemäß der Leitlinie wird vor jeder Thrombolyse-Therapie ein CT durchgeführt, um einen Hirninfarkt sicher zu identifizieren und eine Blutung auszuschließen. © utah778 / iStock / Getty Images Plus

Schlaganfall | Gerinnsel auflösen

THROMBOLYSE NICHT IMMER EFFEKTIVER ALS ASS

Zeit ist Hirn – diesen Satz kennt jeder in Bezug auf einen Schlaganfall. Patienten sollen schnell in die Klinik aufgenommen und behandelt werden. In vielen Fällen bietet sich eine Thrombolyse an, die Standardtherapie bei Schlaganfällen mit Mangeldurchblutung aufgrund eines Gefäßverschlusses. Doch ist der Eingriff immer notwendig?

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Bei einem Apoplex, also Schlaganfall, kommt es, wie der Name schon sagt, zu einer schlagartig auftretenden Durchblutungsstörung im Gehirn. Der einhergehende Mangel an Sauerstoff und Glucose kann rasch zum Absterben von Hirngewebe führen. Eine einseitige Lähmung, Taubheitsgefühle der Gliedmaßen, einseitig herabhängender Mundwinkel, Seh- und Sprechstörungen – die Symptome eines Schlaganfalls können vielfältig sein und sollten auch bei nur einem kurzen Andauern ernst genommen werden. Es kann entweder zu einer Minderdurchblutung im Gehirn kommen (Großteil der Fälle), bedingt durch Gefäßverschlüsse, oder zu einer Hirnblutung, zum Beispiel nach dem Riss eines thrombotischen Hirngefäßes. Im ersten Fall wird als Standardtherapie in der Klinik eine Thrombolyse, oder kurz Lyse, eingeleitet. Durch den Eingriff soll das verstopfte Gefäß wieder freigemacht und schlimmere beziehungsweise dauerhafte Schäden am Hirngewebe verhindert werden.

In einer randomisierten kontrollierten Studie, die vor kurzem im amerikanischen Ärzteblatt erschien, erwies sich die Gabe der systemischen Lyse bei Patienten mit mildem Schlaganfall nicht effektiver als die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS). Die Teilnehmer der PRISMS-Studie (Potential of rtPA for Ischemic Strokes With Mild Symptoms) erhielten hierfür entweder eine Lyse-Therapie in der Standard-Dosis plus ein orales Placebo oder eine Therapie mit ASS (325 mg) plus intravenöses Placebo. Zugelassen wurden nur Patienten mit einer milden Symptomatik (gemessen an einem Punktesystem/Score), deren Auswirkungen sie nicht in ihren Alltagsaktivitäten (Baden, Gehen, Toilettengang, Hygiene, Essen) einschränkte. Beobachtet werden sollte eine Verschlechterung beziehungsweise keine Verschlechterung der Symptomatik bis zu 90 Tage nach dem Apoplex. Die Studie zeigte, dass eine Lysetherapie keine besseren Ergebnisse erziele als eine ASS-Gabe. Ein wichtiger Hinweis für die Entscheidung des behandelnden Arztes, denn zum einen ist eine Lyse mit gewissen Risiken verbunden. Zum anderen erholen sich viele der Patienten trotz mildem Verlauf nicht von ihren neurologischen Ausfällen – bei milden Verläufen bleibt der Einsatz einer Lyse daher eine Einzelentscheidung mit Abwägung des damit verbundenen Risikos.

Die Autoren schränken die Aussagekraft jedoch ein, da die Studie vorzeitig abgebrochen wurde. Dennoch helfe sie dabei, den Stellenwert der Lysetherapie neu zu überdenken. Für Patienten mit mildem Verlauf könne eine ASS-Gabe vorteilhafter sein. Laut der Autoren bleibt ebenso weiterhin der Anteil von 15 bis 30 Prozent der Patienten ein ungelöstes Rätsel, bei denen es nach einem Schlaganfall erst allmählich zu einer Verschlechterung der Symptomatik bis hin zu erheblichen Behinderungen kommt.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Ärzteblatt

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