eine flauschige weiße Maus
Mäuse mit flauschigem, vollem Pelz könnten zum Hoffnungsträger für Menschen mit stressbedingtem Haarausfall werden. © Caymia / iStock / Getty Images Plus

Haarausfall | Cortisol

STRESSIGE ZEITEN LASSEN DIE HAARE RIESELN

Es ist ein Thema, das auf der Beliebtheitsskala nicht gerade ganz oben steht: Haarausfall. Chronischer Stress kann diesen begünstigen – doch warum eigentlich? Wissenschaftler gingen dieser Frage jetzt nach.

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Die Mäuse, sie mussten wieder herhalten. Besser gesagt, ihr Pelz. Denn wenn die Mäuse-Haarpracht immer dünner und schlapper wird, ist das für Menschen durchaus ein betrüblicher Umstand. Schließlich basiert so ein Mäusefell auf ähnlichen biologischen Prinzipien wie der Schopf der Zweibeiner. Bekannterweise führt ein Zuviel des Stresshormons Corticosteron bei Mäusen zu Haarausfall – Corticosteron ist das tierische Pendant zum menschlichen Cortisol.

Haarzyklus mit drei Phasen
Auch das Mäusehaar unterliegt dem sich stets wiederholenden Zyklus von Wachstum, Degeneration und Ruhe. Während des Wachstums bringt der Haarfollikel in der Haarwurzel kontinuierlich einen sich verlängernden Schaft hervor. Diese Bildung basiert auf der Aktivität von Haarfollikel-Stammzellen. Während der Degenerationsphase stoppt dann das Wachstum und der untere Teil des Haarfollikels schrumpft. Im Verlauf der anschließenden Ruhephase fällt das Haar daraufhin aus. Später beginnt der Zyklus von neuem. Der wissenschaftliche Verdacht lag also nahe, dass der vermehrte Haarverlust bei Stress auf einem vorzeitigen Übergang des Follikels in die Ruhephase beruht – Stresshormone könnten der Auslöser sein.

Mäuse unter Stress
Die Labormäuse wurden also über neun Wochen experimentellem Stress ausgesetzt. Dabei bestätigte sich, dass der Spiegel von Corticosteron im Blut der Nager anstieg. Um die Rolle der Nebennieren und des Corticosterons zu bestätigen, entfernten die Wissenschaftler die Organe bei einigen Versuchstieren. Dabei zeigte sich, dass sich die mit den Ausfällen verbundenen Ruhephasen der Haarfollikel verkürzten – das Stresshormon beeinflusst also eindeutig die Entwicklung der Haarwurzel.

Welche Zellen genau?
Bekannt ist auch, dass der Botenstoff seine Wirkung durch einen Glucocorticoid-Rezeptor entfaltet. So schalteten die Forscher diesen Signalempfänger gezielt bei den unterschiedlichen Zellen im Bereich der Haarwurzeln der Mäuse aus. Dabei zeigte sich, dass nicht direkt die Haarfollikel-Stammzellen auf das Hormon reagieren, sondern unter ihnen liegende Zellen – die sogenannten dermalen Papillen.

Durch anschließende molekulargenetische Untersuchungen konnten sie dann aufzeigen, welche Rolle diese Zellen bei der Signalübertragung spielen: Das Stresshormon hemmt nämlich die Bildung eines Proteins namens GAS6. Dieser Stoff regt die für die Haarwachstumsphase nötige Zellteilung an. Das verdeutlichten die Forscher, indem sie auf gentechnischem Wege die Produktion von GAS6 künstlich erhöhten. Der Negativeffekt von Corticosteron konnte durch diese Bereitstellung beseitigt werden!

…und was bedeutet das für den Menschen?
Mit Blick auf den Menschen erscheinen diese Ergebnisse vielversprechend, denn es zeichnen sich damit mögliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten für stressbedingten Haarausfall ab. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch viele offene Fragen: Lassen sich die Versuchsergebnisse der Mäuse auf den Menschen übertagen? Denn ein paar Unterschiede gibt es schon.

Die Wissenschaft kündigte schon einmal umfangreiche Anschlussuntersuchungen an: „Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, die negativen Auswirkungen von chronischem Stress auf unser Haar entgegenzutreten“, hofft einer Forscher der Studie an der Harvard University in Cambridge.

Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin

Quelle: wissenschaft.de

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