Kino – Schon gesehen?
STILL ALICE
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Alice Howland ist Linguistikprofessorin an der New Yorker Columbia University und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Kurz nach ihrem 50. Geburtstag bemerkt sie plötzlich, dass nichts mehr so ist, wie es eigentlich sein sollte. Zunächst sind es Kleinigkeiten, die kaum auffallen: Sie vergisst Namen und einfache Wörter, kann sich nur noch schlecht an Dinge erinnern und leidet gelegentlich an Orientierungslosigkeit, sodass sie sich zum Beispiel beim Joggen im vertrauten Viertel verirrt.
Die Probleme nehmen zu, folglich wird jede Verabredung schließlich zur Herausforderung und führt häufig zu Blamagen. Alice lässt sich daher in einer Klinik untersuchen, obwohl sie furchtbare Angst hat. Sie vertraut sich ihrem Mann John Howland (Alec Baldwin) an, der sie zunächst zu beruhigen versucht. Doch dann die traurige Gewissheit: Alice leidet unter einer vererbbaren, besonders früh einsetzenden Form der Alzheimer-Erkrankung.
Je höher das Bildungsniveau der entsprechenden Person, umso schneller solle die Krankheit voranschreiten, erklärt ihr der behandelnde Neurologe. Nach und nach wird sich ihre Persönlichkeit ein bisschen mehr zersetzen, sie wird Intellekt und Sprache einbüßen, was für jemanden wie sie, für die Kommunikation einen elementaren Lebensinhalt darstellt, fatal ist.
Anfangs versucht Alice ihre Krankheit zu verheimlichen. Ihre jüngste Tochter Lydia (Kristen Stewart), die sich in Los Angeles als Schauspielerin versucht, ist dann die Erste, die bemerkt, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmt, weil sich Alice der Freundin ihres Sohnes Tom (Hunter Parrish) gleich zweimal vorstellt. Schon alleine, weil ihre Kinder auch betroffen sein könnten, lässt sich die Wahrheit nicht länger verbergen. Die Nachricht ist für alle ein Schock und die heile Familienwelt bricht zusammen.
Wie geht man zukünftig mit Alice um, wenn sie niemanden mehr erkennen oder sich gar in die Hose nässen wird? Anna (Kate Bosworth), ihre älteste Tochter, die genau zu diesem Zeitpunkt schwanger ist, lässt sich nach dieser Hiobsbotschaft auf den Gendefekt testen mit dem vernichtenden Ergebnis, dass auch sie das Alzheimer-Gen geerbt hat. Lydia hingegen, die bisher ein eher schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte, verzichtet auf die Untersuchung, weil sie sich nicht mit der Zukunft beschäftigen möchte, sondern stattdessen lieber für sie sorgt.
Alice Zustand verschlechtert sich zunehmend. Nach einem Besuch in einem Heim für Demenzkranke beschließt die Patientin, ein Video aufzunehmen, in dem sie ihrem späteren Ich befiehlt, eine Dose Tabletten zu schlucken, sollte sie irgendwann nicht einmal mehr in der Lage dazu sein, simple Fragen über sich und ihre Familie zu beantworten.
In der Zwischenzeit bittet ihr behandelnder Arzt sie, eine Rede bei einer Veranstaltung eines Verbandes für an Alzheimer Erkrankte zu halten. Mit Lydias Hilfe formuliert sie einen Text, in den sie sowohl ihre persönliche Erfahrung mit der Erkrankung als auch ihre Ängste einfließen lässt. Der Vortrag wird ein voller Erfolg.
ÜBERBLICK
In unserer Serie „Kino – Schon gesehen?“ stellen wir Ihnen demnächst folgende verfilmte Krankheitsthemen vor:
+ Dallas Buyers Club (AIDS)
+ Mein Leben ohne mich (Eierstockkrebs)
+ Fleisch (Organspende)
+ Anschlag auf den Präsidenten (Ebola)
+ Grüne Tomaten (Krebs oder Wechseljahre)
+ Medicus (Pest) + Freundinnen (Kardiomyopathie)
+ Contagion (Viruserkrankungen wie Sars)
+ Beim Leben meiner Schwester (Leukämie)
+ The Bay (Endoparasitenplage)
+ Million Dollar Baby (Querschnittslähmung)
+ Wenn der Wind weht (Strahlenkrankheit)
Als Alice einmal auf der Suche nach leichter Lektüre ist, trifft sie auf das Tagebuch ihrer Tochter und liest dieses. Im Gespräch mit ihr erwähnt sie Informationen daraus, sodass es zu einem Streit zwischen den beiden kommt, den Alice allerdings kurze Zeit später wieder vergessen hat. An einem anderen Tag entdeckt sie nach einem Skype-Gespräch mit Lydia die Botschaft ihres früheren Ichs und versucht sich daraufhin mit einer Schachtel Tabletten das Leben zu nehmen. Allerdings wird sie dabei von ihrer Haushälterin überrascht und von ihrem Vorhaben abgehalten. Kurze Zeit später zieht Lydia wieder zu ihrer Mutter. Sie liest ihr ein Gedicht vor und fragt sie im Anschluss, ob sie wisse, um welches Thema es darin gehe. Nach einiger Zeit erwidert Alice nur ein Wort: Liebe!
Vererbtes Vergessen Alzheimer mit 50? Das gibt es nicht nur im Kino: In ganz seltenen Fällen können – wie im Film – junge Menschen von Alzheimer betroffen sein. Eine Genmutation ruft die Beschwerden hervor, die Patienten sind beim Erkrankungszeitpunkt dann oft erst 40 oder 50 Jahre alt. Bisher sind drei Gene bekannt, welche für die Alzheimer-Form verantwortlich sind. Träger dieser Gene erkranken in jedem Fall an Alzheimer, 50 Prozent ihrer Nachkommen sind ebenfalls betroffen.
Bei dem Verdacht auf das Vorliegen eines genetisch bedingten Alzheimers kann mithilfe eines Tests nachgewiesen werden, ob eines der drei in Betracht kommenden Gene mutiert ist. Diese Frage taucht immer wieder dann auf, wenn ein Elternteil einer Person an dieser frühen Form erkrankt. Ob die Kinder die Untersuchung dann durchführen, bleibt ihnen selbst überlassen – denn die Information, in jungen Jahren zu 100 Prozent an Alzheimer zu erkranken, stellt eine enorme psychische Belastung dar.
Hintergrund In der Regel treten Alzheimer Erkrankungen jedoch erst nach dem 65. Lebensjahr auf und haben keine eindeutige genetische Ursache. Allerdings können genetische Risikofaktoren zusammen mit Umweltfaktoren einen Teil des Alzheimer-Risikos erklären. Das bedeutendste Gen ist das Apolipoprotein e4, dessen Träger bestimmter Varianten ein dreifach erhöhtes Risiko haben, wenn ein Allel betroffen ist. Sind beide Allele verändert, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung um den Faktor acht.
Wie auch die Gene SORL-1, CLU, PICALM und CR-1 beeinflusst Apolipoprotein e4 den Stoffwechsel der Eiweißsubstanzen im Gehirn der Patienten ungünstig. 2011 wurden fünf weitere Risikogene entdeckt, sodass bis dahin zehn Gene identifiziert wurden, die sich in drei Gruppen aufteilen lassen. Gene der ersten Kategorie greifen in den Fettstoffwechsel ein, die zweite Gruppe beeinflusst das Immunsystem und die dritte wird in die Zellmembran eingebaut. 2013 wurden erneut Risikogene für die Spätform der Alzheimer-Krankheit gefunden. Trotz aller Erkenntnisse sollte man nicht vergessen, dass das Hauptrisiko für Alzheimer nicht einer Genkonstellation zuzuordnen ist, sondern nach wie vor das Alter bleibt.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 122.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)