Lymph- Und Lipödem
STAU IM GEWEBE
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Beim Lipödem, umgangssprachlich auch Reiterhosensyndrom genannt, handelt es sich um eine Fettverteilungsstörung, die sich insbesondere am Po, an den Ober- und Unterschenkeln sowie manchmal an den Armen bemerkbar macht. Die Erkrankung geht mit einer vererbbaren, chronischen Vermehrung von Fettzellen einher, bei der sich zusätzlich Flüssigkeit aus den Gefäßsystemen ansammelt und es zu Schwellungen kommt. Während der Rumpf schlank bleibt, nimmt das Volumen an Beinen und Armen symmetrisch zu, sodass ein insgesamt unstimmiges Körperbild entsteht.
Belastende Unbeweglichkeit Die Erkrankung tritt vorwiegend bei Frauen nach einer Schwangerschaft, nach der Pubertät oder in den Wechseljahren auf, sodass hormonelle Veränderungen sowie eine genetische Prädisposition als Auslöser diskutiert werden. Betroffene leiden unter Druck- und Spannungsgefühlen, Knötchenbildung im Unterhautfettgewebe, einer erhöhten Sensibilität gegenüber Berührungen sowie unter einer vermehrten Neigung zu blauen Flecken.
Bei manchen Patienten nehmen die Oberschenkel so stark an Umfang zu, dass sie beim Gehen aneinander reiben, wundscheuern, das Laufen schließlich schwierig bis unmöglich wird und die Personen infolgedessen auf einen Rollator angewiesen sind. Das Lipödem lässt sich zum einen anhand von Schweregraden und zum anderen anhand der Stadien der Hautveränderungen klassifizieren.
Verwechslungsgefahr! Das Lipödem wird gelegentlich mit Übergewicht verwechselt, doch bei Letzterem bleiben die Proportionen im normalen Bereich und das Fettgewebe verursacht keinen Druckschmerz. Dennoch kann eine Gewichtsreduktion, sofern möglich, Linderung verschaffen. Das wichtigste Therapieziel ist eine Entstauung des Gewebes: Kompres- sionsverbände oder -strümpfe verhindern, dass sich mehr Wasser einlagert und das Lipödem sich verschlimmert.
Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) besteht aus Krankengymnastik, Hautpflege, der Anwendung von Kompressionsstrümpfen oder –verbänden sowie aus der regelmäßig stattfindenden manuellen Lymphdrainage. Zur dauerhaften Verbesserung eignet sich die sogenannte Liposuktion, eine Fettabsaugung, die am besten im Anschluss an eine erfolgreiche Entwässerung des Lipödems erfolgt. Die Maßnahme wird allerdings nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, ist aber lohnenswert, weil die positiven Veränderungen in der Regel langfristig bestehen bleiben.
Vom Lipödem zum Lymphödem Durch Fibrosierung, also durch die vermehrte Ablage von Bindegewebe, kann sich aus einem Lipödem ein Lymphödem bilden. Das Lymphsystem ist neben dem Blutkreislauf ein bedeutsames Flüssigkeitssystem des Körpers, welches die Beseitigung von Abfallstoffen wie Eiweißen, Schlacken, Giften, Bakterien oder entarteten Zellen übernimmt. Bei einem Lymphödem ist der Abfluss der Lymphflüssigkeit in den parallel zu den Venen verlaufenden Lymphgefäßen beeinträchtigt, sodass sich diese unter der Haut staut. Anders als beim Lipödem tritt das Lymphödem manchmal lediglich auf einer Körperseite auf, etwa wenn die Lymphknoten teilweise entfernt wurden.
Die Störung geht zwar nicht mit Schmerzen einher, stellt aufgrund der Scheuerstellen, der Spannungsgefühle und des unattraktiven Körperbildes dennoch eine enorme Belastung für Betroffene dar. Man unterscheidet das primäre Lymphödem, das auf einer angeborenen Schwäche des Lymphsystems beruht, von der sekundären Form, die sich als Folge von Tumorerkrankungen, Infektionen, Bewegungsmangel, Hautentzündungen oder Verletzungen entwickelt. Eine weitere Ursache kann die Ernährung sein: Menschen mit Übergewicht neigen zur Bildung eines Lymphödems, weil die Lymphbahnen durch die Fettpolster eingeengt werden.
„Entwässerung“ Bei der Behandlung soll die angestaute Lymphe wieder in Bewegung geraten. Den Lymphfluss bringt man mit Hilfe einer manuellen Lymphdrainage, bei der die Physiotherapeuten eine sanfte Massage des Unterhautgewebes zur Verbesserung des Lymphflusses durchführen, wieder in Schwung. Dabei wenden die Therapeuten Kreisbewegungen, Schröpf-, Pump- und Drehgriffe an. Übergewichtige Patienten sollten die Ernährung umstellen, um Gewicht zu reduzieren und die Lymphbahnen zu entlasten.
Von einem Lipödem spricht man, wenn sich an beiden Beinen, seltener auch an den Armen das Fettgewebe der Unterhaut vermehrt und schmerzhaft auf Druck reagiert. Staut sich hingegen Lymphflüssigkeit in den Armen oder Beinen, liegt ein Lymphödem vor. Arme und Beine schwellen dann an.
Diagnostische AbgrenzungMit Hilfe des Stemmer-Tests gewinnt der Arzt Einsicht darüber, ob es sich um ein Lip- oder ein Lymphödem handelt. Er greift die Haut am zweiten Zeh und versucht, diese anzuheben. Bei einem negativen Stemmer-Test (Lipödem) gelingt dies, bei einem positiven Stemmertest (Lymphödem) funktioniert das Abheben der Hautfalte nicht. Generell sind aber auch Mischformen von Lymph- und Lipödemen möglich.
Ruhezustand meiden Bei beiden Ödemerkrankungen ist die Anwendung von Kompressionsstrümpfen sinnvoll. Weil die Patienten die Therapie in der Regel ein Leben lang benötigen, sollten PTA und Apotheker möglichst medizinisch wirksame und trageangenehme Produkte empfehlen. Es gibt beispielsweise flachgestrickte Kompressionsstrümpfe mit einer Kombination aus einer Hochleistungsfaser vom Merino-Schaf und einer modernen Mikrofaser, die weich, klimaregulierend, atmungsaktiv, geruchsneutral und formstabil sind und zudem einen hohen Arbeitsdruck bieten. Wichtig ist allerdings auch, dass sich Betroffene ausreichend bewegen, da die Aktivität den Lymphfluss fördert. Geeignet sind vor allem gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren, Walking, Aqua-Gymnastik oder Yoga.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/18 ab Seite 26.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin
Von einem Lipödem spricht man, wenn sich an beiden Beinen, seltener auch an den Armen das Fettgewebe der Unterhaut vermehrt und schmerzhaft auf Druck reagiert. Staut sich hingegen Lymphflüssigkeit in den Armen oder Beinen, liegt ein Lymphödem vor. Arme und Beine schwellen dann an.