Schwangerschaft

SELBSTMEDIKATION

Die Gravidität führt bei der werdenden Mutter zu physiologischen Veränderungen – und damit oft zu typischen Beschwerden. Lesen Sie, welche Arzneimittel Sie empfehlen können.

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Auch wenn Experten die nachfolgend aufgeführten Medikamente für eine Behandlung in der Schwangerschaft als einsetzbar beurteilen, sollte bei der Dosisfindung immer der Grundsatz „nur so viel wie nötig und so gering wie möglich“ befolgt werden. Zudem ist besonders im ersten Schwangerschaftsdrittel grundsätzlich die Notwendigkeit einer Einnahme zu hinterfragen.

Kopfschmerzen Da sich im ersten Trimenon aufgrund physiologischer Anpassungsvorgänge zerebrale Blutgefäße erweitern, kommt es gerade zu Anfang der Schwangerschaft oftmals zu diesen Beschwerden. Im weiteren Verlauf nehmen diese wieder ab. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Schwangere von starken, anhaltenden Kopfschmerzen im zweiten Trimenon (14. bis 26. Schwangerschaftswoche) berichten. Diese können auf behandlungsbedürftige Erkrankungen wie eine Schwangerschaftshypertonie (Präeklampsie), Hypotonie, Thrombose oder einen Schwangerschaftsdiabetes deuten und bedürfen ärztlicher Abklärung.

Können diese Komplikationen ausgeschlossen werden, gilt Paracetamol im Allgemeinen das Mittel der Wahl, da es während der gesamten Gravidität verwendet werden kann. Allerdings beschreiben neue Studien einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Kontakt des Kindes mit Paracetamol vor der Geburt und einem späteren erhöhten Asthmarisiko. Daher warnen inzwischen einige Experten vor der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft.

Acetylsalicylsäure (ASS) ist hingegen im dritten Trimenon (27. bis 39. Schwangerschaftswoche) kontraindiziert, da sie als Hemmstoff der Prostaglandinsynthese zu einem vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus botalli (Gefäßverbindung zwischen Lungenschlagader und Aorta) führen kann, wodurch die Lunge des Kindes geschädigt und somit dessen Atmung stark beeinträchtigt wird. Außerdem kann ASS insbesondere bei Frühgeburten das Risiko von Hirnblutungen erhöhen.

Auch andere nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen oder Diclofenac sind im letzten Drittel der Schwangerschaft zu meiden, da sie prinzipiell die gleichen Nebenwirkungen wie ASS aufweisen.

Übelkeit und Erbrechen Im ersten Trimenon treten diese Beschwerden bei jeder zweiten Frau aufgrund hormoneller Veränderungen auf – in Einzelfällen so stark, dass ein Klinikaufenthalt notwendig wird. In leichteren Fällen reichen einfache diätetische Maßnahmen aus, zum Beispiel auf üppiges Essen zu verzichten, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt einzunehmen oder gleich morgens vor dem Aufstehen trockenes Brot oder Zwieback zu essen.

Medikamentös haben sich ältere H1-Anthistaminika bewährt, wobei insbesondere Doxylamin und Dimenhydrinat für das erste und zweite Trimenon verwendet werden. Offiziell zugelassen sind sie gegen Schwangerschaftsbeschwerden jedoch nicht, weshalb darüber der Arzt entscheiden sollte.

Sodbrennen Die in der Schwangerschaft vermehrt produzierte Magensäure bereitet häufig Probleme. Da der Muskel, der normalerweise den Magen zur Speiseröhre hin fest umschließt, durch die vermehrte Progesteronbildung erschlafft, kommt es zu einem Rückfluss des Mageninhaltes in die Speiseröhre und zu deren Reizung. Zudem wird der Magen durch das Wachstum der Gebärmutter im weiteren Verlauf der Schwangerschaft nach oben gedrückt und begünstigt das Austreten von Magensaft.

Kleine Mahlzeiten, regelmäßiges Trinken von Milch oder der Verzicht auf säurefördernde Lebensmittel wie Kaffee oder Obstsäfte können bei Sodbrennen helfen. Auch wirkt ein Hochstellen des Kopfendes vom Bett dem Rückfluss mechanisch entgegen. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, können Antazida, wie beispielsweise Magaldrat oder Hydrotalcit sowie Sucralfat als Schleimhautschutz, die ganze Schwangerschaft über verabreicht werden. H2-Rezeptorantagonisten (z. B. Ranitidin) gelten als Mittel der zweiten Wahl, wenn Antazida nicht ausreichend wirksam sind. Dies muss jedoch mit dem Arzt besprochen werden. Hilft dies ebenfalls nicht, kann er Protonenpumpeninhibitoren, beispielsweise Omeprazol, verordnen.

Verstopfung Fast jede zweite Schwangere klagt über einen trägen Darm, was ebenfalls auf den erhöhten Progesteronspiegel zurückzuführen ist, der auch die Darmmuskulatur erschlaffen lässt. Zudem können Eisenpräparate, mangelnde Bewegung oder zu wenig Flüssigkeit eine Verstopfung begünstigen. Bevor Laxanzien eingesetzt werden, sollte für eine ballaststoffreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und viel Bewegung gesorgt werden.

Führt dies nicht zur Besserung, stehen Quell-, Füll- und Gleitmittel (z. B. Leinsamen, indischer Flohsamen, Weizenkleie, Glycerol, CO2-Bildner), osmotische (z. B. Lactulose, Sorbitol, Macrogol) und hydragoge Laxanzien (z. B. Bisacodyl, Natriumpicosulfat) zur Verfügung. Auch macht Magnesium, das häufig in der Schwangerschaft gegen Wadenkrämpfe verwendet wird, den Stuhl weich.

TIPP
Grundsätzlich sollte in der gesamten Schwangerschaft von kombinierten Analgetikapräparaten abgeraten werden, da es am Ende der Gravidität zu einem versehentlichen Gebrauch von ASS kommen kann.

Kreislaufstörungen Bei jeder dritten werdenden Mutter führt die Hormonumstellung zu einer Hypotonie, die in der Regel nicht behandlungsbedürftig ist. Durch körperliche Bewegung, physikalische Maßnahmen (z. B. Kaltwasseranwendungen) oder Rosmarinbäder kann sie meist reguliert werden. Niedriger Blutdruck ist oft mit einer venösen Insuffizienz assoziiert.

Aufgrund der hormonellen Veränderungen sind die Venen besonders dehnbar und so stark geweitet, dass die Venenklappen nicht mehr dicht schließen. Dadurch versackt das Blut in den Beinvenen, was zu Krampfadern führen kann. Maßnahme der Wahl ist das Tragen von Kompressionsstrümpfen. Viel Bewegung und spezielle gymnastische Übungen fördern zudem den Blutabfluss aus den Beinen und den Rückfluss zum Herzen.

Topische Mittel (z. B. Rosskastanie, Rotes Weinlaub, Mäusedorn) können auch verwendet werden. Von einer innerlichen Anwendung wird wegen fehlender Datenlage abgeraten. Hämorriden, die sich in der Schwangerschaft im Bereich des Enddarms infolge der Weitstellung der Gefäße oftmals bilden, können mit den üblichen Hämorridenzäpfchen und -salben behandelt werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/11 ab Seite 94.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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