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Krebs

SCHRECKGESPENST BRUSTKREBS

Das Mammakarzinom ist weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Die Behandlungsmethoden werden jedoch immer besser – heute sterben wesentlich weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren.

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Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Von den knapp 70 000 Betroffenen der im Krebsregister erfassten Patientinnen verstarben fast 18 000 (Stand 2012). Für 2014 prognostizierte man 72 500 Neuerkrankungen, die tatsächlichen Zahlen liegen jedoch noch nicht vor. Die relative Überlebensrate liegt mit über 80 Prozent sowohl für fünf als auch für zehn Jahre in einem sehr guten Bereich. Rechtzeitig erkannt ist Brustkrebs gut therapierbar. Früherkennungsmaßnahmen wie die Mammographie tragen heute dazu bei, die Krankheit schon im Anfangsstadium zu erkennen, sind jedoch auch nicht unumstritten.

Sonderstellung Die Angst vor dem Knoten in der Brust kennt jede Frau. Was, wenn man ihn ertastet und es ist Krebs? Welche Chance habe ich? Da Brustkrebs wesentlich früher auftritt als andere Krebsarten, trifft er die meisten Frauen zu einer Zeit, in der sie mitten im Leben stehen: Jede dritte Erkrankte ist jünger als 55 Jahre. Das Risiko ist aber bereits ab dem 40. Lebensjahr erhöht und es trifft nicht wenige Frauen, deren Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist. Die Diagnose Brustkrebs wird damit häufig auch zu einer Identitätsfrage: Verliere ich meine Brüste? Wie weiblich bin ich dann überhaupt noch? Diese Faktoren tragen sicherlich dazu bei, dass Brustkrebs für die meisten Frauen eine sehr belastende Diagnose ist, obwohl er nicht zu den gefährlichsten Krebsarten zählt.

Drüsenzellen entarten Die Brust besteht aus Brustdrüsen und dem Brustfettgewebe. Die Drüsen produzieren nach einer Geburt Milch, die über Milchgänge zu den Brustwarzen geführt wird. Brustkrebs entsteht im Drüsengewebe, entweder an den Drüsenläppchen (lobuläres Karzinom) oder an den Milchgängen (duktales Karzinom), die weitaus häufigere Form. Über Lymphbahnen in der Brust können die Tumorzellen auch die Lymphknoten erreichen und von dort aus in den Körper streuen. Meist sind die Lymphknoten in der Achselhöhle befallen, seltener die Lymphknoten am Brustbein. Besondere Aufmerksamkeit kommt den sogenannten Wächterlymphknoten zu. Es sind die, die im Abflussgebiet der Lymphflüssigkeit eines bösartigen Tumors an erster Stelle liegen. Sind sie tumorfrei, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass weitere Lymphknoten mit Metastasen befallen sind. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, bei ihnen ist die Fallzahl aber viel geringer: Auf 115 erkrankte Frauen kommt ein erkrankter Mann. Dass Brustkrebs eine typische Frauenkrankheit ist, liegt am Hormonhaushalt der Frau – er ist einer der größten Risikofaktoren.

Viele Ursachen Die genaue Ursache von Brustkrebs ist bisher nicht eindeutig geklärt, doch es gibt wissenschaftlich bewiesene Risikofaktoren. Hormone spielen dabei eine große Rolle. Die weiblichen Geschlechtshormone Estrogen und Progesteron docken an Rezeptoren in den Brustdrüsen an und regen so etwa in der Pubertät oder der Schwangerschaft das Brustwachstum an. Diese Hormone können aber auch das Wachstum entarteter Zellen befeuern. Wer zum Beispiel schon jung und über viele Jahre mit estrogenhaltigen Antibabypillen verhütet oder längerfristig eine Hormonersatztherapie gegen Wechseljahrsbeschwerden durchführt, erhöht damit sein Brustkrebsrisiko.

Auch späte Geburten (mit über 30 Jahren), kurze oder fehlende Stillzeiten sowie eine frühe erste (jünger als 11 Jahre) und eine späte letzte (älter als 54 Jahre) Menstruation können Brustkrebs begünstigen. Neben diesen hormonellen Risikofaktoren spielt die Lebensführung eine große Rolle. Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht und Bewegungsmangel, vor allem nach der Menopause, haben einen Einfluss auf die Entstehung von Brustkrebs. Frauen mit einem sehr dichten Brustgewebe sind ebenfalls häufiger von der Erkrankung betroffen. Und dann existiert noch die erbliche Form, die immerhin fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebsfälle ausmacht.

Gibt es in der Familie mehrere Fälle von Brust-, Eierstock- oder Gebärmutterkrebs, muss man von einer erblichen Belastung ausgehen. Es kann dann sinnvoll sein, einen Gentest zu machen. Ursache für die Krebserkrankung ist in diesen Fällen nämlich die Mutation eines oder mehrerer „Brustkrebsgene“, von denen es einige gibt. Am bekanntesten sind wohl BRCA- 1 und BRCA-2, seit Schauspielerin Angelina Jolie bekanntgab, dass Mutation in diesen Genen bei ihr nachgewiesen wurde, und sie sich daraufhin vorbeugend die Brüste abnehmen ließ.

Regelmäßig abtasten Meist ist ein Brustkrebs im frühen Stadium nicht schmerzhaft. Eingefallene Stellen in der Brust, Dellen, Entzündungen oder Schwellungen können ein erstes Zeichen sein. Frauen sollten ihre Brust daher regelmäßig abtasten und auch die Achselhöhlen mit einbeziehen. Ein Knoten bringt meist den ersten Verdacht auf die Krankheit. Die meisten Tumoren finden sich im oberen äußeren Bereich der Brust. Manche kleine Tumoren werden von den Frauen gar nicht entdeckt, sondern erst bei einer regelmäßigen Untersuchung durch den Frauenarzt oder im Rahmen einer Mammographie. Das Mammographie-Screening wurde 2005 in Deutschland eingeführt. Zuerst stiegen die Fallzahlen sprunghaft an, erst seit 2009 fallen sie wieder.

Der Grund hierfür ist sicherlich, dass auch kleine, noch nicht tastbare Tumoren von wenigen Millimetern durch das Screening erkannt wurden. Wie viele von diesen sich jedoch jemals als behandlungswürdig erwiesen hätten, kann niemand sagen. Gegner werfen daher dem Mammographie- Sceening vor, dass es viele falsch-positive Ergebnisse gibt, die die Frauen ängstigen, und dass es zu einer Überdiagnose führt. Zudem könne sie selbst Tumoren verursachen, da es sich ja um eine Röntgenuntersuchung des Brustgewebes handelt. Befürworter sagen hingegen, dass es die Sterblichkeit um 20 bis 30 Prozent verringert. Immerhin nehmen 70 Prozent der Frauen das Screening wahr, das zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr alle zwei Jahre von den Krankenkassen bezahlt wird.

Individuelle Therapie Ein auffälliger Befund wird durch bildgebende Verfahren oder eine Gewebebiopsie untermauert. Ist die Diagnose Krebs gesichert, hängt die Therapie sehr von der Klassifikation ab. Wie groß ist der Tumor? Sind die Lymphknoten betroffen? Hat der Krebs bereits metastasiert? Während in den 1980er Jahren bei einer Operation meist noch die komplette Brust abgenommen wurde, wird heute schonender und möglichst brusterhaltend operiert. In allen Fällen ist dies jedoch nicht möglich, etwa, wenn es mehrere Tumoren in der Brust gibt, der Knoten zu groß ist oder Brusthaut und Brustwandmuskulatur betroffen sind. Dann sollte nach erfolgreicher Therapie über einen Brustaufbau nachgedacht werden.

Einer Operation kann eine Chemo- oder Antihormontherapie vorangehen, um den Tumor zu verkleinern. Um das Risiko für ein Wiederauftreten des Krebses zu minimieren, kommen je nach Situation Chemo-, Antihormon-, Strahlen- und Antikörpertherapie zum Einsatz. Hat der Krebs bereits über die Lymphknoten gestreut, ist die Prognose schlechter. Dann ist er prinzipiell nicht mehr heilbar, und man versucht, den Tumor und die Metastasen durch Operationen und die erwähnten anderen Therapiemöglichleiten einzudämmen. Zielgerichtet wirkende Substanzen wie Tyrosinkinasehemmer und Zellzyklus-Inhibitoren dürften künftig die Prognose bei metastasiertem Brustkrebs weiter verbessern. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/17 ab Seite 90. 

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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