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Venen

SCHÖNE UND GESUNDE BEINE

Erkrankungen der Venen kann man zwar nicht heilen, aber eine frühzeitige Behandlung hilft, das Voranschreiten zu verlangsamen und Folgeschäden zu verhindern.

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Venenleiden gehören nach Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation zu den häufigsten Erkrankungen. Allein in Deutschland klagen jede zweite Frau und jeder vierte Mann über Krampfadern. Jeder achte Erwachsene leidet bereits an einer fortgeschrittenen chronischen Venenerkrankung. Bereits bei jungen Menschen sind erste Vorzeichen wahrnehmbar. So sollen laut Deutscher Venen-Liga e.V. 30 Prozent der 14-Jährigen eine Venenschwäche aufweisen.

Entgegen der Schwerkraft Die Venen erfüllen in unserem Herz-Kreislauf-System eine wichtige Aufgabe. Sie transportieren täglich circa 7000 Liter Blut selbst von der tiefsten Stelle des Körpers hinauf zum Herzen. Von dort gelangt es in den Lungenkreislauf, wo es die aus dem Stoffwechsel anfallende Kohlensäure abgibt, mit Sauerstoff gesättigt und anschließend wieder dem Blutkreislauf zugeführt wird. Die Venen leisten dabei wahre Schwerstarbeit, denn sie pressen die Venen zusammen, wodurch das venöse Blut nach oben gedrückt wird.

Die in den Venen in regelmäßigen Abständen befindlichen Klappen unterstützen den Rückfluss zum Herzen. Sie fungieren als Einwegventile und verhindern damit ein Zurücksacken des Blutes. Außerdem ist noch die Thoraxpumpe eine wichtige Transporthilfe, indem der beim Einatmen entstehende Unterdruck im Bauchraum das venöse Blut nach oben saugt.

Erschwerter Rückfluss Bei gesunden Venen fließt das Blut aus den oberflächlichen, unter der Haut gelegenen Venen über Verzweigungen (Perforansvenen) zu den tiefen, in den Muskeln eingebetteten (intrafaszialen) Venen, die den Hauptanteil beim Rücktransport des Blutes übernehmen. Kommt es zu einer Beeinträchtigung des ausgeklügelten Transportsystems, kann das venöse Blut nur noch verzögert zum Herzen zurückströmen und versackt in den oberflächlichen Venen. Das gestaute Blut übt einen starken Druck aus und weitet die dünnen, leicht dehnbaren Gefäßwände der Venen aus, wodurch ihre Klappen nicht mehr vollständig schließen. Außerdem verformen sie sich und machen sich als gekrümmte, bläulich schimmernde Krampfader (Varizen) optisch bemerkbar. Diese können sich später sowohl bei den Perforansvenen als auch in den tiefen Venen bilden.

Entwicklung einer chronisch-venösen Insuffizienz Aber nicht nur Krampfadern bestimmen das Geschehen bei der Entstehung von Venenerkrankungen. Im Beinvenensystem kommt es infolge des zunehmenden hydrostatischen Drucks zudem zur Aufweitung der Fugen zwischen den Endothelzellen der kleinsten venösen Gefäße (Venulen oder Venolen). Normalerweise sind die Gefäße lückenlos mit Gewebe ausgekleidet und somit gut abgedichtet. Wenn aber das Blut aus den tiefen Venen in die Venulen gedrückt wird, werden sie durch die Druckerhöhung durchlässig, sodass immer mehr Wasser, der Hauptbestandteil des Blutplasmas, hindurch sickert und es besonders im Knöchelbereich zur Ödembildung kommt.

Außerdem werden komplexe biochemische Reaktionen in Gang gesetzt, die zu Blutgerinnseln und zur Aktivierung entzündlicher Reaktionen führen. Der Rückstau des sauerstoff- und nährstoffarmen Blutes bedingt auch eine unzureichende Versorgung von Haut und Gewebe. Überdies entwickelt sich oft eine verstärkte Venenklappeninsuffizienz, wodurch sich das Blut in den Venen immer stärker staut und eine fortschreitende Venenentzündung und später eine chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) resultiert.

Der Begriff CVI umfasst alle sichtbaren Veränderungen und Symptome, die sich mit der Zeit in Folge einer chronischen Rückflussstörung des venösen Blutes entwickeln. Anhand der klinischen Ausprägung wird die CVI in verschiedene Stadien eingeteilt. Die Klassifizierung reicht von Krampfadern ohne nennenswerte Beschwerden bis hin zu einer Varikose mit einem offenen Bein/Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris venosum).

VIELFÄLTIGE RISIKOFAKTOREN
Für das Auftreten von Venenerkrankungen besteht in der Regel eine familiäre Veranlagung. Neben einer genetisch bedingten Bindegewebsschwäche werden die Venen mit dem Alter weicher und dehnbarer. Besonders Frauen neigen dazu, da sich die weiblichen Hormone ungünstig auf die Elastizität und Durchlässigkeit der Venen auswirken. Daher belasten auch Schwangerschaften und die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva die Venen. Weitere Risikofaktoren sind hohes Körpergewicht, langes Sitzen oder Stehen sowie Bewegungsmangel.

Schleichender Prozess Bevor ein Ulcus cruris entsteht, beginnen Venenerkrankungen mit leichten Funktionsstörungen. Im Verlauf der Jahre können sie sich schließlich zu schwersten Formen mit lebensbedrohlichen Komplikationen entwickeln. Anfangs bleiben Venenleiden oft unbeachtet und werden unterschätzt. Die Betroffenen suchen oftmals erst einen Arzt auf, wenn Spannungsgefühle, Schwellungen und Schmerzen in den Beinen zunehmen.

Doch diese ersten fassbaren Symptome einer Venenerkrankung haben eine jahrelange pathogenetische Vorgeschichte. Da die entzündlichen Veränderungen in den Tiefen der Venen anfangs aber nicht ersichtlich werden, schreitet die Erkrankung ohne Eingreifen unbemerkt voran.

Venenleiden im Einzelnen Sind nur kleinste Venen in den oberen Hautschichten erweitert, spricht man von Besenreisern. Sie haben meist nur eine kosmetische Bedeutung und führen selten zu Beschwerden. Allerdings sollte man sie nicht verharmlosen, denn sie können auch im Zusammenhang mit schwerwiegenden Venenerkrankungen stehen und auf diese hinweisen.

Ein ausgeprägtes Krampfaderleiden (Varikose) mit krankhaft erweiterten Venen, also Krampfadern, entsteht meist an den Venen des oberflächlichen Venensystems im Unterhautfettgewebe aufgrund einer genetisch veranlagten Venenschwäche (primäre Varikose). Seltener liegt eine sekundäre Varikose in den tiefen Venen als Folge einer anderen Erkrankung (z. B. Thrombose) vor. Krampfadern gehen mit schweren, müden Beinen (vor allem in der warmen Jahreszeit), einem Spannungsgefühl in den Beinen sowie geschwollenen Unterschenkeln und Knöcheln (besonders abends) einher.

Eine Beschwerdezunahme ist bei längerem Stehen oder Sitzen und bei Wärme zu beobachten. Möglich sind auch ein Kribbeln und Unruhegefühl in den Beinen sowie nächtliche Wadenkrämpfe. Zudem können sich durch die verminderte Durchblutung Ernährungsstörungen der Haut einstellen, die sich in Verfärbungen und Verdickungen zeigen. In fortgeschrittenen Fällen kann sich die Haut so verändern, dass ein Ulcus cruris entsteht. Ist der venöse Blutfluss gestört, können sich auch vermehrt Blutgerinnsel bilden.

Tiefe Beinvenenthrombosen (Phlebothrombose), bei denen Blutgerinnsel die tiefen Bein- und Beckenvenen verschließen, sind gefürchtet, da ein abgelöster Thrombus zur Lunge wandern und eine lebensbedrohliche Lungenembolie auslösen kann. Hinweise auf eine Phlebothrombose sind ein stark angeschwollenes oder blau verfärbtes Bein sowie starke Druckschmerzen in den Kniekehlen, an der Wade oder Fußsohle. Auch eine akute, örtlich begrenzte Venenentzündung (Thrombophlebitis) kann sehr schmerzhaft sein. Hierbei kommt es im Rahmen einer Entzündung der Venenwand zur Blutgerinnselbildung in den oberflächlichen Venen, was zu einer Erwärmung und Rötung der betroffenen Vene und einem massiven Druckschmerz führt.

VENENLEIDEN VORBEUGEN
Das schützt ...
+ Venengymnastik
+ Körperliche Aktivitäten wie beispielsweise Laufen, Wandern, Radfahren, Schwimmen
+ Barfußgehen
+ Beine hochlegen
+ Flache Absätze tragen
+ Kaltwasseranwendungen
+ Konsequentes Tragen von Kompressionsstrümpfen
Das schadet ...
+ langes Stehen oder Sitzen (besonders mit übereinander geschlagenen Beinen)
+ Wärme wie zum Beispiel Saunagänge, hieße Vollbäder, intensive Sonnenbestrahlung
+ Übergewicht
+ Rauchen
+ Einnahme oraler Kontrazeptiva

Schnell reagieren Um das Voranschreiten eines Venenleidens möglichst aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen, ist es sinnvoll, eine beginnende Venenschwäche rechtzeitig zu diagnostizieren und bald einer adäquaten Behandlung zuzuführen. Nur so kann es gelingen, bleibende Venenschäden und nach sich ziehende Komplikationen zu vermeiden.

Klagen die Kunden über schwere und müde Beine und berichten von Schwellungen und einem Spannungsgefühl in den Beinen, können diese Beschwerden erste Symptome einer chronischen Venenerkrankung sein, die ernst zu nehmen sind. Auch wenn sich äußerlich noch keine Krampfadern zeigen, läuft bei Venenpatienten in den Tiefen ihrer Venen eine chronische Entzündung ab, die behandelt werden sollte.

Ein Bündel an Maßnahmen Nach den Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der CVI der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie ist das Ziel der Behandlung, die subjektiven Beschwerden zu verbessern, Ödeme zu verringern oder zu beseitigen und eine Verschlimmerung des CVI-Grades zu verhindern. Dafür empfehlen sie eine Kombination aus operativen Methoden, physikalischen Maßnahmen, Kompressionstherapie und systemisch wirksamen Medikamenten.

Bevor eine operative Therapie notwendig wird, können konservative Verfahren einer Venenerweiterung entgegenwirken und den Blutfluss fördern. Mit physikalischen Maßnahmen gelingt es, die Muskelvenenpumpe zu aktivieren. Dabei trainieren venengesunde Sportarten wie Wandern, Walken oder Radfahren die Wadenmuskulatur und beschleunigen den Rückfluss des Blutes zum Herzen. Auch regelmäßige Spaziergänge, gezielte venengymnastische Übungen sowie das Tragen flacher, bequemer Schuhe tun den Beinen und damit den Venen gut. Ebenso lindern das Abduschen der Beine mit kaltem Wasser oder das Hochlagern der Beine die Beschwerden.

Sehr wirksamer und meist integraler Bestandteil einer Behandlung von Venenerkrankungen ist die Kompressionstherapie. Durch den Druck von außen werden die Venen eingeengt, so dass die Venenklappen wieder schließen. Gleichzeitig verbessert er die Arbeit der Muskelvenenpumpe. Ein Zurückfließen des Blutes aus dem tiefen in das oberflächliche Venensystem wird verhindert und damit der venöse Rückstrom gefördert.

Dabei üben Stützstrümpfe einen geringeren Anpressdruck aus als Kompressionsstrümpfe. Letztere werden je nach Intensität des ausgeübten Drucks im Fesselbereich in verschiedene Kompressionsklassen (1 bis 4) eingeteilt und sind in vielen Farben und Materialien erhältlich. Während Kompressionsstrümpfe in erster Linie zur Vorbeugung und Nachsorge von Schwellungen verwendet werden, kommen Kompressionsverbände vor allem zur entstauenden Akutbehandlung (z. B. eines Ulcus cruris) zum Einsatz. Unterstützend wirken zudem venenwirksame Medikamente.

Pflanzliche Venentherapeutika Vor allem kommen pflanzliche Ödemprotektiva systemisch zur Anwendung, welche die Dichtigkeit der Venen verbessern und somit den Austritt von Flüssigkeit ins umliegende Gewebe reduzieren (antiexsudativ). Bewährt haben sich beispielsweise Flavonoide (Isoquercitrin, Quercetin und Kämpferol) aus dem Roten Weinlaub. Der Extrakt ist in der Lage, dem Verlust der Endothelabdichtung entgegenzuwirken und Entzündungsprozesse zu verhindern. Ödeme verringern sich, Schmerzen und Spannungsgefühle nehmen ab. Gleichzeitig werden thrombotische und entzündliche Reaktionen unterbunden sowie die Mikrozirkulation und Sauerstoffversorgung im Gewebe verbessert.

Gleiche Effekte zeigen die Flavonoide Rutin aus dem Buchweizen und die Rutoside aus dem japanischen Schnurbaum, die zur Resorptionserleichterung partialsynthetisch in Troxerutin bzw. Oxerutin verändert werden. Darüber hinaus existieren feste Kombinationen aus Troxerutin mit Cumarin aus dem Steinklee. Auch Aescin, ein Saponingemisch vom Triterpenglykosid-Typ aus dem Rosskastaniensamen, sowie die Steroidsaponine Ruscogenin und Neoruscogenin aus dem Extrakt des Mäusedornwurzelstocks werden häufig aufgrund ihrer ödemprotektiven und antiexsudativen Eigenschaften als Venentherapeutika eingesetzt.

Ein frühzeitiger Therapiebeginn beim Auftreten der ersten Beschwerden liefert die besten Ergebnisse. Dabei ist eine regelmäßige Einnahme erforderlich. Besserung versprechen auch Gele und Salben mit Extrakten aus Rotem Weinlaub, Mäusedorn, Rosskastanie, Arnika oder Heparin. Auch wenn die Effektivität einer topischen Behandlung bislang noch nicht belegt werden konnte, berichten die Anwender von einer subjektiven Erleichterung, insbesondere wenn gekühlte Gele oder Sprays zum Einsatz kommen. Zur Unterstützung des venösen Rückflusses sollte das Eincremen vom Fußknöchel in Richtung Oberschenkel erfolgen. Bei akuten Venenentzündungen und Thrombosen muss wegen der Emboliegefahr auf eine Massage verzichtet werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/12 ab Seite 60.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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