Ernährung & Diäten
SCHLANK WERDEN UND BLEIBEN
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Organisch gesunde Menschen, die sich vollwertig und ausgewogen ernähren, im Alltag viel bewegen und regelmäßig Sport treiben, haben kaum ein Risiko, übergewichtig zu werden. Und viel gesünder leben sie obendrein. Doch der Lebensalltag in westlichen Industrienationen sieht oft anders aus und legt es geradezu darauf an, uns die Bikinifigur zu ruinieren. Schnellimbisse, Fast-food-Restaurants und Pommesbuden laden an jeder Ecke dazu ein, ruck-zuck einen kleinen, aber extrem hochkalorischen Snack zu vertilgen – ganz egal, ob wir Hunger haben oder nicht.
Vor allem junge Menschen, die keinen festen Mahlzeitenrhythmus haben, zeigen oft ein „chaotisches” Essverhalten, snacken ständig nebenbei und verlieren so schnell den Überblick über die Energiezufuhr. Und selbst bei Familien sieht es häufig nicht besser aus: Weil im hektischen Alltag kaum Zeit zum Kochen bleibt, kommen frisch zubereitete Mahlzeiten oft nur am Wochenende auf den Tisch.
Werktags wird dann schnell die Tiefkühlpizza in den Ofen geschoben oder das Fertiggericht in der Mikrowelle erwärmt. Das macht satt und ist durchaus auch schmackhaft, leistet aber kaum einen Beitrag zu einer vollwertigen Ernährung. Kommt bei diesem „problematischen” Ernährungsverhalten auch noch die Bewegung zu kurz, sind Hüftgold und Bauchspeck beinahe schon vorprogrammiert. Schätzungen gehen davon aus, dass bei uns mittlerweile zwei von drei Männern und jede zweite Frau zu viel auf die Waage bringen. Und selbst viele Kinder und Jugendliche sind hier zu Lande deutlich zu dick.
Dick, dicker, Adipositas Zur Erinnerung: Für Übergewicht und Fettleibigkeit gibt es festgelegte Werte. Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 sprechen Experten von Übergewicht beziehungsweise Präadipositas. Adipositas liegt bei einem BMI ab 30 vor und lässt sich in drei Schweregrade unterteilen:
Adipositas Grad I: BMI zwischen 30,0 und 34,9
Adipositas Grad II: BMI zwischen 35,0 und 39,9
Adipositas Grad III: BMI ab 40
Wie gesundheitsschädlich die angefutterten Speckschichten sind, ist nicht allein vom BMI, sondern auch von der Körperfettverteilung abhängig. So leben die so genannten Apfeltypen, bei denen sich das Fettgewebe hauptsächlich im Bauchbereich tummelt, gefährlicher als die Birnentypen, bei denen der Speck vor allem an Oberschenkeln, Hüften und Po sitzt.
Das Verhältnis von Taillenumfang zu Hüftumfang (der so genannte Taille-Hüft-Quotient) gibt Auskunft, wo die Fettdepots sitzen. Liegt der gemessene Wert bei Frauen über 0,85 und bei Männern über 1,0, so liegt eine besonders bedenkliche Form von Übergewicht vor. Über das individuelle Gesundheitsrisiko gibt auch schon der gemessene Taillenumfang Aufschluss. Faustregel: Ein hohes Risiko für Folgeschäden (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen) liegt für Frauen ab einem Taillenumfang von 88 und für Männer ab 102 Zentimetern vor. Kritisch wird es jedoch schon ab 80 (Frauen) beziehungsweise 94 (Männer) Zentimetern.
WAS BRINGT BEWEGUNG?
Walken, Schwimmen, Treppensteigen – muss das beim Abnehmen denn wirklich sein? Ja, sagt die Wissenschaft. Denn körperliche Aktivität ist nicht nur ein super „Kalorienfresser“, sondern baut auch Muskeln auf. Und: Je größer die Muskelmasse, umso geringer der Fettanteil im Körper. Gut so, denn Muskeln verbrauchen mehr Energie als Fett – sogar in Ruhe. Und so steigt der Grundumsatz, also die Energiemenge, die der Mensch benötigt, um seine Körperfunktionen in völlige Ruhe aufrecht zu erhalten. Ein geringer Grundumsatz ist oft mitverantwortlich für unschöne Rettungsringe, während ein hoher in gewissem Maße vor dem Dickwerden schützt. Raten Sie Ihren Kunden vor diesem Hintergrund …
+ mehr Bewegung in den Alltag zu bringen – zu Fuß zu gehen, Einkäufe mit dem Rad zu erledigen, Treppenstufen zu steigen, satt Aufzüge und Rolltreppen zu benutzen.
+ regelmäßig Sport zu treiben. Gut für Einsteiger sind „sanfte“ Sportarten wie Aquajogging, Schwimmen, Radfahren und Nordic-Walking. Bei deutlichem Übergewicht – oder nach einer längeren Sportpause – sollte zuerst ein ärztlicher Check-up erfolgen, ehe das Training beginnt.
Am besten ist es natürlich, es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, denn Übergewicht ist sowohl ein ästhetisches als auch ein gesundheitliches Problem. So steigt unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen, wenn die Gewichtskurve in die Höhe schnellt.
Das ist den meisten Menschen durchaus klar – und trotzdem gelingt es vielen nicht dauerhaft, sich von liebgewonnenen, aber ungesunden Ernährungsgewohnheiten zu verabschieden. Das kann sich ändern: Vielleicht ist jetzt, zu Beginn des neuen Jahres, genau der richtige Zeitpunkt, um den ein oder anderen guten Vorsatz in die Tat umzusetzen – und bei der Ernährung zu beginnen.
Zehn Regeln für gesunde Kost Was es bedeutet, sich vollwertig zu ernähren, hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE, recht präzise definiert und in zehn leicht verständlichen Regeln zusammengefasst. Sie lauten:
Vielseitig essen Merkmal einer ausgewogenen Ernährung sind abwechslungsreiche Auswahl, geeignete Kombination und angemessene Menge nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel. Die DGE empfiehlt, die Lebensmittelvielfalt zu genießen.
Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln Brot, Nudeln, Reis und Getreideflocken, am besten aus Vollkorn, sowie Kartoffeln enthalten kaum Fett, aber reichlich Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Diese Lebensmittel sollten mit möglichst fettarmen Zutaten verzehrt werden. Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe, vor allem aus Vollkornprodukten, sollten es täglich sein.
Obst und Gemüse Nimm „5 am Tag“: Fünf Portionen Obst und Gemüse sollten wir täglich verzehren – möglichst frisch, nur kurz gegart, idealerweise zu jeder Hauptmahlzeit und auch als Zwischenmahlzeit. Eine Portion kann dabei als Saft getrunken werden. Die Vorzüge der „Grünen“ liegen auf der Hand: Sie sind kalorienarm, aber reich an wichtigen Vitalstoffen.
Täglich Milch und Milchprodukte; ein bis zwei Mal in der Woche Fisch; Fleisch, Wurstwaren und Eier in Maßen: Diese Lebensmittel enthalten wertvolle Nährstoffe. So steckt in Milch beispielsweise viel Kalzium und Seefisch ist eine gute Quelle für Jod, Selen und Omega-3-Fettsäuren. Auch Fleisch ist Lieferant von Mineralstoffen und Vitaminen (B1, B6 und B12), jedoch rät die DGE, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu verzehren. Grundsätzlich sollten fettarme Produkte bevorzugt werden, vor allem bei Fleischerzeugnissen und Milchprodukten.
Sport baut Muskelmasse auf, die einen erhöhten Grundumsatz zur Folge hat – und damit auch in Ruhe mehr Energie verbraucht.
Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel Fett liefert essenzielle Fettsäuren und fetthaltige Lebensmittel enthalten fettlösliche Vitamine. Aber: Fett ist auch besonders energiereich, weshalb zuviel davon Übergewicht fördern kann. Zu viele gesättigte Fettsäuren erhöhen außerdem das Risiko für Fettstoffwechselstörungen, mit der möglichen Folge von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Aus diesen Gründen rät die DGE, pflanzliche Öle und Fette (z. B. Raps- und Sojaöl und daraus hergestellte Streichfette) zu bevorzugen und auf „unsichtbares” Fett zu achten, das häufig in Fleischerzeugnissen, Milchprodukten, Gebäck, Süßwaren sowie in Fastfood und Fertigprodukten enthalten ist. Insgesamt 60 bis 80 Gramm Fett pro Tag reichen aus.
Zucker und Salz in Maßen Zucker und Lebensmittel beziehungsweise Getränke, die mit verschiedenen Zuckerarten (z. B. Glucosesirup) hergestellt wurden, sollten nur gelegentlich auf den Tisch kommen. In der Küche gilt es, kreativ mit Kräutern und Gewürzen, aber mit wenig Salz zu würzen. Das bevorzugte Salz sollte Jod und Fluorid enthalten.
Reichlich Flüssigkeit Wasser ist absolut lebensnotwendig, weshalb man täglich rund 1,5 Liter Flüssigkeit trinken sollte. Gute Durstlöscher sind Wasser und andere energiearme Getränke. Alkohol sollte nur gelegentlich und in kleinen Mengen konsumiert werden.
Schmackhaft und schonend zubereiten Speisen sollten bei möglichst niedrigen Temperaturen gegart werden, soweit es geht kurz, mit wenig Wasser und wenig Fett. Auf diese Weise bleibt der natürliche Geschmack erhalten, Nährstoffe werden geschont und die Bildung schädlicher Verbindungen verhindert.
Sich Zeit nehmen und genießen Nicht nebenbei essen, sondern sich Zeit lassen, lautet eine wichtige Ernährungsregel. Denn das schult das Sättigungsempfinden.
Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben Eine ausgewogene Ernährung, viel körperliche Bewegung und Sport (30 bis 60 Minuten pro Tag) gehören zusammen!
Abnehmen mit Erfolgsaussicht Wie aber sollte die Ernährung aussehen, wenn die Waage bereits deutlich zuviel anzeigt oder wenn der Arzt dringend zum Abnehmen geraten hat? Grundsätzlich gelten für übergewichtige Menschen dieselben DGE-Ernährungsregeln wie für normalgewichtige.
Und das heißt: Wer abnehmen möchte oder muss, sollte auf jeden Fall auf eine vollwertige, ausgewogene Kost setzen, die reich an Frischkost, Vollkornprodukten und fettarmen Lebensmitteln ist. Gleichzeitig müssen Menschen mit Rubensfigur jedoch auch darauf achten, dass ihr Energieverbrauch höher ist als ihre -zufuhr. Denn das ist die zwingende Voraussetzung, damit Pfunde purzeln können.
Wie es gelingt, mehr Kalorien zu verbrauchen als zuzuführen? Durch den richtigen Mix aus Bewegung, die den Kalorienverbrauch steigert, und einer fettverminderten beziehungsweise mäßig energiereduzierten Mischkost. Unter „fettreduzierter Ernährung” verstehen Experten eine vollwertige Ernährungsform, bei der lediglich die Fettaufnahme verringert wird – auf circa 60 Gramm pro Tag.
Durch den verminderten Fettkonsum wird ein tägliches Energiedefizit von etwa 500 Kilokalorien (kcal) und eine kontinuierliche, moderate Gewichtsreduktion angestrebt. Bei der „mäßig energiereduzierten Mischkost” wird nicht nur am Fett, sondern auch moderat an Kohlenhydraten und Eiweiß „gespart”, sodass ein tägliches Energiedefizit von 500 bis 800 kcal entsteht.
Gute und schlechte Diäten Allein die Tatsache, dass Abspecken immer eine langfristige Angelegenheit mit moderatem Gewichtsverlust von etwa 500 Gramm pro Woche und ausgewogener Ernährung sein sollte, macht deutlich: Die meisten Modediäten, aber auch einseitige Diätformen und Fastenkuren sind völlig ungeeignet, um auf gesunde Weise und dauerhaft abzuspecken. Vielmehr bergen viele die Gefahr einer Mangelernährung, bei der der Körper nicht mehr ausreichend mit essenziellen Nährstoffen versorgt wird. Vom berüchtigten Jo-Jo-Effekt, der nach Beendigung einer „Radikalkur” beinahe unvermeidbar ist, ganz zu schweigen.
»Übergewicht ist sowohl ein ästhetisches als auch ein gesundheitliches Problem.«
Doch: Es gibt auch zahlreiche gute und erfolgversprechende Diätkonzepte, mit denen es schon unzähligen Menschen gelungen ist, ihr Ziel zu erreichen. Beispiele dafür sind „Brigitte-Diät”, „Weight Watchers“, das DGE-Programm „Ich nehme ab” sowie das Angebot „Leichter Leben in Deutschland”, kurz „LliD”, das in Kooperation mit Apotheken durchgeführt wird. Auch Krankenkassen bieten für ihre Versicherten häufig geeignete Konzepte an.
Gemeinsam ist „guten“ Diäten, dass sie neben energiereduzierter, aber ausgewogener Kost auch auf Bewegung und – falls erforderlich – Verhaltensänderungen setzen. Bei manchen Programmen dient der Austausch mit Gleichgesinnten als zusätzlicher Motivationsfaktor.
Apotheke als Diätpartner Natürlich: Wenn es ums Abnehmen geht, kommen viele Kunden in die Apotheke: Die einen, oft angelockt von Werbeversprechen, auf der Suche nach der „ultimativen Wunderpille”, die die Kilos quasi im Schlaf zum Schmelzen bringt; die anderen, um sich hier ehrlichen Rat zu holen und nach sinnvollen Präparaten zur Gewichtsreduktion zu erkundigen.
Die erste Gruppe müssen Sie enttäuschen, der zweiten können Sie weiterhelfen. Eine gute, alltagstaugliche und unkomplizierte Möglichkeit, den Erfolg anzukurbeln, sind Formuladiäten, industriell gefertigte Nährstoffpulver, die meist mit fettarmer Milch oder Wasser angerührt werden und eine oder mehrere Hauptmahlzeiten ersetzen. In der Startphase ist es beispielsweise möglich, zunächst alle drei Mahlzeiten durch das Formulaprodukt zu ersetzen, anschließend nur noch zwei oder eine.
Grundsätzlich unterliegen Formuladiäten der deutschen Diätverordnung, die unter anderem einen maximalen Gehalt von 400 kcal pro Mahlzeit vorschreibt. Außerdem müssen die Präparate Nährstoffe in einem ausgewogenen Verhältnis enthalten sowie den Körper mit essenziellen Vitalstoffen versorgen. Formuladiäten sind außerdem praktisch und können insbesondere den oft schwierigen Anfang erleichtern.
Auch medikamentös kann der Diäterfolg unterstützt werden. Für deutlich Übergewichtige gibt es den Arzneistoff Orlistat – verschreibungspflichtig in einer Dosierung mit 120 und rezeptfrei in einer Dosierung von 60 Milligramm. Die rezeptfreie Variante ist für Erwachsene mit einem BMI ab 28 zugelassen. Hinter Orlistat verbirgt sich ein Lipasehemmer, der bewirkt, dass ein Teil der aufgenommenen Nahrungsfette unverdaut ausgeschieden wird.
Im Gegensatz zu oft nebenwirkungsreichen Appetitzüglern wirkt Orlistat nur im Verdauungstrakt. Mögliche Nebenwirkungen sind jedoch Blähungen, weiche Stühle und vermehrter Stuhldrang. Um vorzubeugen, sollte der Fettanteil pro Mahlzeit während der Einnahme von Orlistat auf circa 15 Gramm beschränkt werden.
Gut zu wissen: Sowohl Formuladiäten als auch (rezeptfreie) Lipasehemmer sind beratungsintensive Präparate, die eine Gewichtsreduktion sinnvoll unterstützen, aber keine Wunder wirken können. Nur in Kombination mit Bewegung und der Bereitschaft, das Ernährungsverhalten auch nach der „Pillenphase” oder „Pulverzeit” grundsätzlich zu verändern, bleibt der Erfolg von Dauer.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/13 ab Seite 14.
Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin