Der Bewertung kanadischer Kollegen, dass Fleischkonsum keine gesundheitlichen Nachteile nach sich zieht, steht ein deutscher Pharmazeut kritisch gegenüber. © Lisovskaya / iStock / Getty Images Plus

Ernährungsempfehlung | Metastudie

ROTES FLEISCH IST DOCH NICHT GESUND

Viele Medien, auch wir, berichteten Anfang des Monats von einer Studie, die nahelegte, dass Fleisch essen gar nicht so schlimm ist. Das hatte eine Gruppe von Forschern anhand einer Metastudie herausgefunden. Ein Wissenschaftler zerpflückte jetzt die Arbeit seiner Kollegen: „Nein, rotes Fleisch ist nicht gesund“ sagt Professor Martin Smollich.

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Smollich ist Pharmazeut und Lehrender am Institut für Ernährungsmedizin der Uni Lübeck sowie außerordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Er wirft seinen kanadischen Kollegen vor, die ihnen vorliegenden Studien unsachgemäß ausgewertet und sich zudem in einem Interessenkonflikt befunden zu haben: Hauptsponsor der Metaanalyse war nämlich ein Lobbyverband der texanischen Agrarindustrie, deren erklärtes Unternehmensziel es ist, die Rinderzucht in Texas zu fördern.

Zahlreiche Studien würden signifikante Hinweise auf eine erhöhte Sterblichkeit unter Menschen, die viel Fleisch essen, liefern, schreibt Professor Smollich in der „ZEIT“ in einem Gastbeitrag: „Es zeigte sich durchweg, dass es sich positiv auf die Gesundheit auswirkte, selbst wenn Menschen ihren Fleischkonsum nur ein bisschen reduzierten.“ Allerdings wurde dem eine Untersuchung gegenübergestellt, die die Bedeutung einer fettreduzierten Diät zum Thema hatte (also die primär nichts mit Fleischkonsum zu tun hatte), die allerdings bei weitem die meisten Teilnehmer hatte, sodass sie das Gesamtergebnis dominierte. Eine fünfte Studie sah sich an, ob Menschen gern Fleisch essen und kam deshalb zu dem Schluss: „Fleisch soll deshalb gegessen werden, weil es schmeckt.“ Smollich bemerkt dazu süffisant: „Wie das Team trotzdem zu dem Fazit kommt, es sein empfehlenswert, Fleisch in Mengen wie bisher zu konsumieren, darüber darf man sich wundern.“

Ernährungsempfehlung / Zusammenhang umstritten
                                                                                        
Metastudie legt nahe: Fleisch ist gar nicht so ungesund

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Über die Evidenz von Ernährungsstudien hat Smollich sowieso seine Zweifel, denn bei ihnen lassen sich keine Placebo-Gruppen bilden. Allenfalls tun es Beobachtungsstudien. Er zitiert hier die Tabakhersteller, die über Jahrzehnte erklärt haben, der kausale Zusammenhang der Krebsentstehung durch Rauchen sei nicht eindeutig nachgewiesen. Und er moniert, dass überhaupt nicht untersucht wurde, wie sich eine vegane oder vegetarische Ernährung auf die Sterblichkeit auswirkt. „Nur zu schauen, was dreimal Fleisch die Woche weniger ausmacht, ist so, als würde man untersuchen, ob es das Krebsrisiko eines Kettenrauchers senkt, wenn er drei Zigaretten pro Tag weniger raucht. Wäre das Grund genug, zu behaupten, Rauchen sei gar nicht so schädlich? Und Rauchern zu empfehlen, weiterzumachen?“ Smollich zieht selbst ein Fazit aus den den Forschern vorliegenden Ergebnissen: „Es wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus, auch nur dreimal die Woche weniger Fleisch zu essen. Unter denen, die das taten, waren die Gesamtsterblichkeit um bis zu 15 Prozent und die Krebssterblichkeit um bis zu 18 Prozent reduziert.“ Quod erat demonstrandum.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Die Zeit

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