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Alles dabei!

REISEAPOTHEKE

Informieren Sie Ihre Kunden, welche Medikamente für den Urlaub einzupacken sind, damit die schönste Zeit im Jahr unbeschadet genossen werden kann.

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Übelkeit, kleinere Verletzungen oder Durchfall sind auf Reisen keine Seltenheit und lassen sich in der Regel mit geeigneten Medikamenten gut selbst versorgen. Aber nicht immer ist eine Apotheke in der Nähe oder Sprachschwierigkeiten erschweren den Arzneimittelerwerb. Die Bundesapothekerkammer warnt zudem vor der Gefahr, gefälschte Arzneimittel im außereuropäischen Ausland zu erhalten.

Individuell abgestimmt Bei der Zusammenstellung der Reiseapotheke muss das Land, die Art und Dauer der Ferien sowie das Alter der Mitreisenden berücksichtigt werden. Denn ein Trekkingurlaub in unberührter Natur geht mit anderen gesundheitlichen Risiken einher als eine Pauschalreise mit Hotelaufenthalt, ein Kurztrip in eine Großstadt oder der Familienurlaub auf dem Bauernhof.

Es sollte auch nachgefragt werden, für welche Beschwerden der Urlauber typischerweise auf Reisen besonders anfällig ist. So reagiert der eine in der Ferne immer mit Verstopfung, während der andere häufig mit Reiseübelkeit zu kämpfen hat. Persönliche Präferenzen aufgrund guter Erfahrungen bestimmen zudem die Präparatewahl. Und es müssen natürlich Medikamente, die der Betroffene regelmäßig einnimmt, in ausreichender Menge eingepackt werden.

Tipps für den Transport Am besten gehört die Hälfte aller mitgenommenen Medikamente ins Handgepäck. So ist ein dringend benötigtes Mittel immer griffbereit, falls die Koffer ihr Reiseziel verspätet erreichen. Temperaturempfindliche Präparate sollte der Reisende bei Flügen immer bei sich führen, da bei einem Transport im eisigen Frachtraum ein Einfrieren möglich ist. Für die Beförderung kühlpflichtiger Arzneimittel bieten sich kleine Kühlboxen oder Isoliertaschen an.

Hitzeempfindliche Darreichungsformen wie Zäpfchen sind auch während des Urlaubs kühl zu lagern, da sie bei Temperaturen über 25 °C zu schmelzen beginnen. Oftmals ist ein Ausweichen auf andere Applikationsformen sinnvoll. Prinzipiell sollte die Reiseapotheke nie direkt der Sonne ausgesetzt werden.

MIT BETÄUBUNGSMITTELN REISEN
Urlauber, die Betäubungsmittel (BTM) mitnehmen, müssen sich rechtzeitig über die Einfuhrbestimmungen erkundigen. Für Reisen in europäische Staaten des Schengener Abkommens, muss der BTM-Bedarf vom verordnenden Arzt bescheinigt und von der obersten Landesbehörde beglaubigt werden. Das nötige Formular und nähere Informationen liefert die Homepage des BfArM (www.bfarm.de). Für Reisen in andere Länder außerhalb des Schengen- Raums muss der Reisende nicht nur eine beglaubigte ärztliche Bescheinigung mitnehmen, sondern zudem die nationalen Bestimmungen des jeweiligen Reiselandes berücksichtigen. Einige Länder schränken die Menge der
mitzuführenden BTM ein oder verbieten sogar deren Mitnahme generell. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollte sich der Urlauber noch vor Antritt der Reise in Deutschland bei der jeweiligen diplomatischen Vertretung des Ziellandes über die genauen Modalitäten informieren.

Möglichst klein, leicht und einfach zu handhaben Um Platz und Gewicht zu sparen, kann auf den Umkarton verzichtet und nur die notwendige Anzahl an losen Blistern mitgenommen werden. Doch der Beipackzettel sollte immer dabei sein, um den richtigen Gebrauch zu gewährleisten. Die Mitnahme erleichtert zudem ein eventuell nötiges Nachkaufen der Präparate. Praktisch sind Portionsbeutel bei Flüssigkeiten. Sie sind kleiner und leichter als Glasflaschen und zudem einfacher einzunehmen – ein zusätzlicher Pluspunkt.

Brausetabletten eignen sich weniger, da nicht immer Trinkwasser für die Zubereitung zur Verfügung steht. Besser sind einzelverpackte Direktgranulate, die sich im Mund ohne Wasser auflösen. Ebenso ermöglichen Kau- sowie Schmelztabletten eine wasserfreie Einnahme. Ideal sind auch platzsparende Sondergrößen von Gesichts- und Körperpflegeprodukten.

Erste Hilfe Sortiment Jede Reiseapotheke sollte eine Grundausstattung mit Verbandsmaterial wie beispielsweise Pflaster, Kompressen, Mullbinden, Schere, Einmalhandschuhe und Pinzette beinhalten, um kleine Wunden zu versorgen. Zum Desinfizieren sind entsprechende Mittel in Sprayform (z. B. mit Octenidin) empfehlenswert, da sie durch den Sprühdruck die Wunde gleichzeitig reinigen. Blasen heilen mit speziellen Pflastern besonders gut und nahezu schmerzfrei ab.

Eine elastische Binde und entzündungshemmende Gele oder Salben leisten gute Dienste bei Sportverletzungen. Ist ein Aktivurlaub geplant, kann das Erste-Hilfe-Set noch mit einer sofort aktivierbaren Kühlkompresse ergänzt werden. Auch Wärmepflaster werden von sportlich aktiven Urlaubern gerne eingepackt.

Schmerzen & Fieber Ein Analgetikum und ein Fieberthermometer sind unverzichtbare Reisebegleiter für grippale Infekte und Schmerzen aller Art. Sind Kinder unter 14 Jahren mit dabei, sollte auf Acetylsalicylsäure wegen der Gefahr des Reye- Syndroms verzichtet werden. Auch für die Tropen ist es nicht geeignet, da bei einigen Infektionen wie beispielsweise dem Denguefieber das Risiko für Blutungen erhöht ist. Bessere Alternativen sind Paracetamol oder Ibuprofen. Als Saft können beide Wirkstoffe für jede mitreisende Altersstufe adäquat dosiert werden (Ibuprofen ab sechs Monaten). Letzterer ist besonders bei Schmerzen indiziert, die mit Entzündungen einhergehen (z. B. die der Ohren).

Erkältungen vorprogrammiert Klimatisierte Luft auf Flughäfen und im Flieger trocknen die Schleimhäute der Atemwege aus, sodass der Urlauber häufig gleich zu Anfang von einer Erkältung geplagt wird. Aber auch im weiteren Verlauf der Reise werden Klimaanlagen in Hotels oder Restaurants schnell zum Auslöser grippaler Infekte.

Insbesondere kleine Kinder sind aufgrund ihres schlechteren Abwehrsystems und der anatomischen Gegebenheiten für Atemwegsinfektion empfänglich und entwickeln zudem leicht eine Mittelohrentzündung, die nicht nur mit fiebersenkenden und schmerzstillenden Mitteln, sondern auch mit abschwellenden Nasentropfen (z. B. mit Xylometazolin, Oxymetazolin) behandelt werden sollte. Außerdem ist es sinnvoll, die Reiseapotheke mit weiteren typischen Erkältungspräparaten gegen Halsschmerzen (z. B. mit Flurbiprofen), Husten (z. B. mit Pentoxyverin, Ambroxol) und Schnupfen (z. B. mit Myrtol) auszustatten.

Typische Beschwerden beim Fliegen Um die Schleimhäute feucht zu halten, hilft vorbeugend viel zu trinken. Ebenso haben sich befeuchtende Lutschtabletten sowie Nasen- und Augentropfen (z. B. mit Hyaluronsäure) bei Lufttrockenheit bewährt. Insbesondere Kontaktlinsenträger sowie ältere Menschen und Säuglinge, die leicht Reizungen und Entzündungen am Auge entwickeln, profitieren von künstlichen Tränen.

Auch abschwellende Nasensprays gehören ins Handgepäck, um den Druckausgleich während des Fliegens zu erleichtern. Dafür eignen sich zudem spezielle Ohrstöpsel und das Kauen von Kaugummi. Solche mit Dimenhydrinat lindern darüber hinaus eine Reiseübelkeit. Sind antihistaminikahaltige Präparate bei einer Reisekrankheit wirkungslos, können Scopolaminpflaster empfohlen werden, für die man allerdings ein Rezept benötigt.

Nikotinhaltige Kaugummis können Rauchern helfen, lange Flugzeiten zu überbrücken. Ein weiteres Problem langer Flüge oder Busreisen ist die Gefahr einer Thrombose, da langes enges Sitzen den venösen Rückstrom einschränkt. Eine gute Empfehlung sind daher Kompressionsstrümpfe und der Hinweis, sich vorbeugend Heparinspritzen verordnen zu lassen.

Sonnenschutz muss mit In den Sommermonaten gehört dieser immer ins Gepäck. In der Apotheke steht eine breite Palette an Sonnenschutzmitteln in verschiedenen Konsistenzen und Darreichungsformen für unterschiedliche Zielgruppen (z. B. Säuglinge, Kinder, Allergiker, Wassersportler, Aknepatienten, Personen mit empfindlicher oder vorgeschädigter Haut) zur Auswahl. Es kann je nach Sonnenempfindlichkeit und -exposition unter verschieden hohen Lichtschutzfaktoren gewählt werden. Empfehlenswert sind auch After-sun-Produkte für die Pflege der sonnengereizten Haut.

»Tritt nach Reisen in ein Malariagebiet Durchfall mit Fieber auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden, da eine Malaria nicht ausgeschlossen werden kann.«

Zur Linderung eines Sonnenbrandes sollten kühlende Gele oder Cremes mit eingepackt sein, wobei Zubereitungen mit H1-Antihistaminika wie Bamipin, Dimetinden oder Chlorphenoxamin sowie glukokortikoidhaltige Präparate mit Hydrokortison zur Verfügung stehen. Sie stillen auch den Juckreiz von Insektenstichen oder bei allergischen Hautreaktionen. Unter Umständen ist sogar die orale Einnahme eines Antiallergikums (z. B. Cetirizin) erforderlich, das auch bei anderen allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen hilfreich sein kann. Kunden, die bei UV-Belastung zu Lippenherpes neigen, kann eine Lippencreme mit Aciclorvir, Penciclovir oder Melissenextrakt mit auf den Weg gegeben werden.

Vor Insekten schützen Führt die Reise in Regionen, wo mit vermehrtem Insektenflug zu rechnen ist, dürfen Repellents nicht fehlen. Schutzmittel mit Icaridin oder DEET stehen zur Verfügung. Besonders wichtig sind diese in Malariagebieten, wobei dort noch weitere expositionsprophylaktische Maßnahmen wie das Tragen entsprechender Kleidung (hell, langärmelige Oberteile, lange Hosen) und die Verwendung imprägnierter Moskitonetze erforderlich sind.

CHECKLISTE: WAS GEHÖRT IN EINE REISEAPOTHEKE?
+ Fieberthermometer
+ Erste-Hilfe-Set (z. B. Schere, Pinzette, Einmalhandschuhe, Verbandsmaterial, elastische Binde, Wunddesinfektion, Salben gegen Verbrennungen und Sportverletzungen)
+ Antiallergikum
+ Sonnen- und Insektenschutz
+ Analgetikum
+ Befeuchtende Nasen- und Augentropfen
+ Präparate gegen verschiedene Magen-Darm-Probleme (z. B. gegen Reiseübelkeit, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Sodbrennen, Bauchkrämpfe)
+ Präparate gegen Erkältungskrankheiten (z. B. gegen Schnupfen, Husten, Halsschmerzen)
+ Eventuell Malariaprophylaxe, Antibiotikum, Vaginaltherapeutikum,
+ Eventuell Händedesinfektionsmittel, Mittel zur Wasseraufbereitung
+ Eventuell Dauermedikation

Unter Umständen kann auch eine Chemoprophylaxe oder eine Stand-by-Medikation gegen Malaria notwendig sein. Die Auswahl des Präparates richtet sich nach der Resistenzlage in den einzelnen Ländern, der Art und Dauer des Urlaubes sowie dem Alter und Gesundheitszustand der Person. Eine effektive Expositionsprophylaxe bietet auch den einzigen Schutz bei der Schlafkrankheit und dem Denguefieber. In heimischen Gefilden bieten Repellents und das Tragen langer Kleidung zudem eine effektive Maßnahme gegen Zecken. Bei Reisen in Endemiegebiete kann auch eine FSME-Impfung sinnvoll sein.

Verdauung aus dem Gleichgewicht Auf eine ungewohnte Ernährung mit stark gewürzten oder fettigen Speisen, andere Lebensgewohnheiten oder veränderte klimatische Bedingungen reagieren viele Urlauber mit Verdauungsstörungen. Für Reisende, die häufig am Anfang der Ferien unter Verstopfung leiden, sind daher Laxanzien (z. B. mit Bisacodyl, Natriumpicosulfat) wichtiger Bestandteil ihrer Reiseapotheke.

Andere haben vermehrt mit Sodbrennen zu kämpfen und benötigen Antazida (z. B. mit Hydrotalcit, Magaldrat) oder einen Protonenpumpenhemmer (z. B. mit Omeprazol, Pantoprazol). Auch können Entschäumer wie Dimeticon oder pflanzliche Mittel zur Linderung von Blähungen oder Spasmolytika (z. B. Butylscopolamin) gegen Bauchkrämpfe Mittel der Wahl sein.

Gefürchtete Reisedurchfälle Das mit Abstand häufigste Magen-Darm-Problem sind wässrige Durchfälle. Auslöser sind meist durch Bakterien oder Viren verunreinigtes Wasser oder kontaminierte Speisen. Daher sollte zur Vorbeugung bei Aufenthalt in den Tropen oder in Ländern mit unsicherem Hygienestandard die bewährte Verhaltensregel „peel ist, boil ist, cook it or forget it!“ (schälen, kochen, braten oder verzichten) mit auf den Weg gegeben werden. Rohe Kost wie ungeschältes Gemüse, Obst oder Meeresfrüchte, ungebratenes Fleisch, unverpacktes Speiseeis sind ebenso wie Eiswürfel tabu.

Da in diesen Ländern die Gefahr der Erregerübertragung generell besonders hoch ist, ist auch die Mitnahme von Desinfektionsmitteln für die Hände in praktischen kleinen Portionsgrößen, als Tücher oder Handwaschgele ein guter Rat. Tritt trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine Diarrhö auf, müssen insbesondere Ältere und Säuglinge den Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlust möglichst mit standardisierten Rehydratationslösungen ausgleichen.

Sehr zuverlässig hemmt Loperamid die Darmbewegungen. Sein Einsatz ist besonders sinnvoll bei Reiseaktivitäten, die mit Durchfall unvereinbar sind (z. B. längere Bus- oder Flugreisen). Es sollte aber nur für kurze Zeit (nicht länger als zwei Tage) eingenommen werden. Loperamid darf bei schweren Darminfektionen, die mit Fieber oder blutigem Durchfall einhergehen, nicht eingesetzt werden. Ebenso ist der Wirkstoff für Kinder unter zwei Jahren kontraindiziert.

Impfungen nicht vergessen Vor einer Reisediarrhö kann auch eine Choleraimpfung schützen, da sie auch gegen Giftstoffe Enterotoxinbildender Escherichia coli Bakterien (ETEC), den häufigsten Erregern des Reisedurchfalls, wirksam ist. Ob diese Impfungen prinzipiell notwendig sind, kann bei einem Reisemediziner oder bei Tropeninstituten nachgefragt werden. Häufig wird die Empfehlung für eine Hepatitis-A-Impfung in Regionen mit unklarem Hygienestandard ausgesprochen. Auf jeden Fall sollte bei der Beratung der Hinweis auf einen ausreichenden Impfschutz bei den Standardimpfungen wie Diphtherie, Tetanus, Poliomyelits und Pertussis nicht fehlen.

Antibiotika & Co In seltenen Fällen können bei Reisedurchfällen Antibiotika erforderlich sein. Bei Aufenthalt in Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung sollten vor allem Risikopatienten vorab mit ihrem Arzt über eine Verordnung bewährter Antibiotika (z. B. Rifaximin, Ciprofloxacin, Azithromycin) sprechen. Auch für Reisende, die häufig unter Harnwegsinfektionen leiden, hat sich deren Mitnahme bewährt. Betroffene, die nach Antibiotikaeinnahme für Pilzinfektionen in der Scheide anfällig sind, benötigen außerdem ein Vaginaltherapeutikum (z. B. mit Clotrimazol).

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 ab Seite 60.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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