Mehrere Studenten hören ihrem Dozenten zu und melden sich.© Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus
Bei der Ausbildung von PTA, bei den Weiterqualifizierungsmaßnahmen und bei den Aufstiegschancen im Job gibt es Verbesserungsbedarf.

Reformbedarf

ENGAGIERTE PTA BRAUCHEN PERSPEKTIVEN

Die Vorarbeiten zur Umsetzung des PTA-Reformgesetzes haben begonnen, auch wenn es erst 2023 in Kraft tritt. Doch ein kollegialer Gedankenaustausch zwischen Pharmazeutisch-Technischen Assistentinnen, veranstaltet vom Bundesverband PTA, zeigte: Damit ist es nicht getan. PTA mit beruflichen Ambitionen brauchen Perspektiven – inhaltlich und finanziell. 

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Sophie Hauptmann* hat gern als PTA in der Apotheke gearbeitet. Aber nach einer Zwischenstation beim Paul-Ehrlich-Institut ist sie inzwischen für ein Pharmaunternehmen tätig: „Ich war in der Apotheke für die Rezepturen zuständig, habe eigene Verantwortung übernommen, soweit das für PTA erlaubt ist, hatte einen tollen Chef. Aber ich habe so wenig verdient, dass ich nicht zu Hause ausziehen konnte. Die PTA-Gehälter sind einfach zu niedrig. Deshalb habe ich gewechselt.“

PTA Susann Wennig* bildet sich regelmäßig und häufig fort, aber: „In meiner Freizeit. Ich kenne keinen anderen Beruf, in dem das so extrem ist. Und mehr Geld bekommt man hinterher auch nicht.“ PTA Anja Burkard ärgert, dass es bislang keine Qualifikation zur Ausbilderin beziehungsweise Praxisanleiterin für PTA gibt: „Oft heißt es doch: Kümmert ihr Euch mal um die Praktikanten. Wir machen das also sowieso schon.“ Sie findet deshalb: „Eine Art Ausbilderschein wäre sinnvoll. Der würde sich auch bei Bewerbungen gut machen.“

Hauptmann, Wennig und Burkard arbeiten an ganz verschiedenen Orten in Deutschland. Zusammengeführt hat sie und andere eine Online-Veranstaltung des Bundesverbands PTA (BVpta) am 6. Juli: „It’s BVpta-Time“. Mit diesem Format bietet der Berufsverband seinen Mitgliedern und PTA, die über eine Mitgliedschaft nachdenken, seit kurzem in loser Folge die Möglichkeit zum beruflichen Gedankenaustausch. Dieses Mal zum Thema: „Engagierte PTA brauchen Perspektiven.“ Eine kleine, aber tatsächlich sehr engagierte Runde diskutierte mit der BVpta-Bundesvorsitzenden Carmen Steves, Vorstandsmitglied Peggy Becker und BVpta-Geschäftsführerin Bettina Schwarz über Zukunftsfragen.

Was fehlt noch im Reformgesetz?

Die sind nämlich durch das PTA-Reformgesetz, das ab 2023 gelten wird, keineswegs alle beantwortet. Im Gegenteil. „Das Reformgesetz enthält zwar erstmals ein ausformuliertes Berufsbild für PTA“, erläutert Steves. Die Tätigkeiten von PTA werden aufgelistet – auch solche in der pharmazeutischen Industrie, bei Krankenkassen oder anderen Arbeitgebern. Fächer, Unterricht, Prüfungen - „inhaltlich ist vieles besser gefasst“, findet die Vorsitzende. Aber:

  • Eine dreijährige Ausbildung konnten weder der Berufsverband noch andere Fachleute durchsetzen.
  • Die Abschaffung von Schulgeld ist im Gesetz selbst nicht verpflichtend vorgesehen. Zwar befürworten Bund und Länder diese grundsätzlich. Doch sie haben sich bis heute nicht auf eine Lösung für alle betroffenen Gesundheitsberufe einigen können. Die Regelungen der Länder für PTA in der Ausbildung gleichen deshalb einem Flickenteppich.
  • Eine Ausbildungsvergütung wird nur während des halben Jahrs in der praktischen Ausbildung bezahlt, nicht durchgängig.
  • Eine echte Vertretungsbefugnis gibt es weiterhin nicht. Regelungen zur eigenständigen Arbeit unter Verantwortung von Apothekern oder Apothekerinnen werden in der ebenfalls geänderten Apothekenbetriebsordnung aufgeführt. Dafür sind mehrere Voraussetzungen nötig (Notenschnitt in der Prüfung, Berufserfahrung, Fortbildungszertifikat etc.).
  • Eine strukturierte Weiterbildung ist nicht vorgesehen. Es gibt also keine Qualifikation, die dokumentiert zu mehr Kompetenz und einem höheren Gehalt führt.

Eine Durchlässigkeit vom Beruf zum Studium ist nicht verankert. Die „Akademisierung“ des Berufs wird mit dem Reformgesetz nicht auf den Weg gebracht. Nach wie vor gibt es nur wenig Studienoptionen für PTA, in der Regel an Fachhochschulen.

Anspruchsvoller Beruf

Das Zwischenfazit von Steves: „Damit sind keine wesentlichen Schritte für PTA gemacht worden. So kommen wir nicht weiter, die schwierige Lage des Berufs in den Griff zu bekommen.“ Dazu zählt, dass PTA einen Beruf ausüben, der sehr anspruchsvoll sein kann. Doch junge Erwachsene mit Abitur entscheiden sich immer häufiger für einen anderen, besser bezahlten Ausbildungsberuf im Gesundheitswesen oder studieren direkt. Eine Folge: Manche PTA-Auszubildenden in den Schulen sind mit dem Stoff überfordert. Entweder sie brechen ab, oder sie werden trotz aller Schwierigkeiten mit durchgezogen. Das schadet aber dem Image des Berufs. Unter dem Strich fehlen zudem längst nicht nur Apothekerinnen und Apotheker in der Versorgung, sondern auch PTA. „Ohne sie geht es aber in den Vor-Ort-Apotheken nicht“, finden Steves und Schwarz.

Verändertes Berufsbild

Dabei hatte sich alles so gut angehört, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im April 2019 eine Reform des Berufsbilds ankündigte und einen ersten Gesetzentwurf vorlegte: „Unser Gesundheitswesen braucht gut ausgebildete Fachkräfte. Und wir brauchen Ausbildungen, die auf der Höhe der Zeit sind.“ Das vorhandene PTA-Gesetz stamme in seinen Grundlagen aus dem Jahr 1968, erinnerte Spahn damals: „Im Vordergrund stand dabei die Unterstützung des Apothekers, vorwiegend für die Arbeit im Labor und bei der Rezeptur. Im Laufe der Jahre wandelten sich jedoch die Aufgaben in den Apotheken. Heute erwarten Patientinnen und Patienten in ihrer Apotheke eine gute Beratung und kompetente Information zu Arzneimitteln.“

Doch weder im Bundestag noch im Bundesrat konnten sich diejenigen durchsetzen, die mehr verlangt hatten, als jetzt herausgekommen ist. Denn vor allem die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, der Deutsche Apothekerverband und die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft wandten sich gegen eine dreijährige Ausbildung und die Ausweitung der eigenverantwortlichen Tätigkeiten für PTA.

Beim Streit ums Schulgeld und eine durchgängige Ausbildungsvergütung ging es auch darum, wer welche Kosten tragen sollte. Hier gerieten auch Bundesregierung und Bundesrat aneinander. Der Bundesrat winkte das Gesetz am Ende zähneknirschend durch. Er machte aber klar, dass es weitere Reformen geben muss: „Dem Gesetz ist es nicht gelungen, einen Ausbildungsberuf (verbunden mit längerer Ausbildungszeit und entsprechendem Curriculum) zu schaffen, der zukunftsorientiert als tatsächliche Assistenz des Pharmazeuten ausgestaltet ist.“

Agenda der Arbeitsgruppe

Das sieht auch der BVpta so. Steves berichtet, dass Vorstand und Geschäftsführung sich deshalb in einer Arbeitsgruppe (AG) mit weiteren Mitgliedern aus der Apothekerschaft und von PTA-Schulen engagieren. Die AG will Reformziele des Gesetzes und teilweise weitere Ideen durch praxisnahe Konzepte umsetzen. Wichtige Stichworte für den BVpta sind: Weiterbildung zur Praxisanleiterin, strukturierte Weiterbildung, (berufsbegleitende) Studiengänge für PTA. Seine berufspolitischen Positionen hat der Verband im Januar in einer eigenen Agenda zusammengefasst:

+ Ausbildungsinhalte erweitern, damit PTA ihr Wissen vertiefen können und sich stärker an der pharmazeutischen Praxis ausrichten (u.a.: Modular wählbare Themengebiete, beispielsweise Heimversorgung, Industrie, Krankenhauspharmazie)
+ Ausbildung verlängern, Befreiung von Schulgeldzahlungen und Zusatzkosten
+ Ausbilung staffeln: Berufsfachschulteil + Option auf ein (berufsbegleitendes) Studium an einer Fachhochschule oder Hochschule
+ Verbindliche, anerkannte Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen, denn: Heute gibt es eine Vielzahl von Weiterbildungsmöglichkeiten. Doch ihre Qualität ist unterschiedlich. Und sie führen nicht geregelt zu mehr Kompetenzen oder einer besseren Bezahlung analog zum erweiterten Wissen und Können. „Dass jemand eine Fach-PTA ist, muss sich aber im Gehalt niederschlagen“, so Steves.
+ Geregelte Qualifizierung für alle, die wieder einsteigen wollen
+ Qualifizierungsmöglichkeit zur Praxisanleitung von Auszubildenden in der Apotheke

Die PTA, die bei „BVpta-Time“ miteinander über Zukunftsfragen diskutieren, finden viele Aspekte wichtig.  Katharina Meyer* hält eine Qualifikation zur Fach-PTA für sehr sinnvoll: „Beide würden davon profitieren, PTA und Apotheker.“ Auch würde ihrer Meinung nach dann sichtbarer, dass es PTA gibt, die mit ihrer Tätigkeit zufrieden sind. Und andere, die sich beruflich noch weiterentwickeln wollen. Sie gehört zur letzten Gruppe und hat auch die Erfahrung gemacht: „Mehr Gehalt gibt es nur, wenn man wechselt.“

Berufsbegleitende Zusatzqualifikation

Doch was nutzen Zusatzqualikationen oder ein Studium, wenn PTA in den Apotheken weiterarbeiten wollen? Derzeit wenig, so Steves: „In Vor-Ort-Apotheken ist für studierte PTA noch kein Platz.“ Meyer bedauert, dass sie vieles von dem, was sie in Weiterbildungen gelernt hat, zu wenig nutzen kann. Sie hat sich deshalb für ein Fernstudium Pharmamanagement und -produktion entschieden. Danach will sie weitersehen. Wie alle in der Runde plädiert sie für berufsbegleitende Weiterqualifikationen, auch aus finanziellen Gründen. Auch ihre Kollegin Wennig sagt: „Ich könnte mir nicht vorstellen, noch einmal komplett zu studieren.“

Vorbild Bundesärztekammer

Fazit der Runde: Trotz des Reformgesetzes bleibt der Reformbedarf für den PTA-Beruf hoch. Für Verbandsgeschäftsführerin Bettina Schwarz ist das kein Grund zur Resignation: „Es hat sich etwas bewegt. Sonst hätten wir gar keine Novellierung des Berufsgesetzes bekommen.“ Die Gesundheitsberufe, auch die PTA, rücken gerade wieder mehr in den Vordergrund, findet  sie. Ihr gefällt zudem eine Institution, die bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist: die Konferenz der Fachberufe im Gesundheitswesen. In diesem Gremium tauschen sich derzeit 41 Mitgliedsverbände aus, darunter auch der BVpta. „Mir gefällt unter anderem, wie Vertreter der Ärzte und der Medizinischen Fachangestellten dort darüber diskutieren, das System zu verbessern“, sagt Schwarz. „Das ist ein Weg, den wir mit den Apothekern auch gehen müssten.“

So beschreibt die Konferenz der Fachberufe im Gesundheitswesen ihre Arbeit:
„Die vom Vorstand der Bundesärztekammer gegründete Konferenz mit derzeit 41 Mitgliedsverbänden trat erstmals im April 1989 zusammen. Ziel dieser ständigen Einrichtung, die bisher ein- bis zweimal jährlich getagt hat, ist es, die gegenseitige Information zu verbessern, zur Klärung des Selbstverständnisses beizutragen und in dem sich auseinanderentwickelnden Feld der Gesundheitsberufe im Interesse des Patienten die interprofessionelle Zusammenarbeit zu verbessern, die sektorenübergreifende Versorgung zu fördern und die negativen Effekte der sogenannten Schnittstellen zu minimieren.
In ihrer Gründungssitzung 1989 wurden von der Konferenz „10 Thesen zur Kooperation der Berufe im Gesundheitswesen beschlossen. In der Sitzung 1993 wurde eine Vereinbarung zwischen Bundesärztekammer und fünf Verbänden der Pflegeberufe zur „Kooperation zwischen Ärzten und Pflegeberufen vorgestellt. Das Papier war 1994 Auslöser für ein weiteres Papier zur interprofessionellen Kooperation zum Thema „Kooperationsmodelle“, dem sich allerdings die Verbände der Pflegeberufe nicht anschlossen.“

* Alle Namen der BVpta-Time-Teilnehmerinnen wurden geändert, um ihren offenen Austausch zu schützen.

Quellen:
„It’s BVpta-Time“, Online-Veranstaltung vom 6. Juli 2021. Veranstalter: Bundesverband PTA e.V.
https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/gesundheitsfachberufe/konferenz-der-fachberufe/

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