Repetitorium
OSTEOPOROSE – TEIL 2
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Die allgemeinen Empfehlungen für eine nichtmedikamentöse Therapie der Osteoporose des Dachverbands Osteologie in seinen Leitlinien enthalten Punkte, die genauso wenig in der Prophylaxe fehlen dürfen.
Tipp 1: Kalziumreiche Kost Kalzium ist das wichtigste Mineral zur Verhütung und Behandlung einer Osteoporose. Ein Erwachsener hat über ein Kilogramm Kalzium im Körper, davon 99 Prozent im Skelett. Es gibt Hinweise darauf, dass durch ein reichliches Kalzium-Angebot die Geschwindigkeit des Knochenaufbaus in jungen Jahren erhöht und in Schwangerschaft, Stillzeit und nach der Menopause die Geschwindigkeit des Abbaus vermindert werden kann. Je nach Alter werden 500 bis 1500 Milligramm Kalzium pro Tag empfohlen.
Auch bei gewichtsbewussten Teenagern kann dieses Ziel mit kalziumreicher, fettarmer Kost, etwa mit Mager-Milch, fettarmem Käse, Joghurt, kalziumangereicherten Fruchtsäften, Mineralwässern mit hohem Kalziumgehalt, grünem Gemüse, Obst, Nüssen, Mandeln, getrockneten Feigen und dunkleren Brotarten erreicht werden. Kalzium wird im Dünndarm innerhalb von etwa vier Stunden aufgenommen. Die Resorptionsquote liegt im Kindesalter bei durchschnittlich etwa 75 Prozent des zugeführten Kalziums und sinkt beim Erwachsenen auf Werte von etwa 30 Prozent. Laktose, Fruchtsäure oder Vitamin C und D sowie geringe Fett- und Proteinmengen fördern die Resorption und können diese auf bis zu 40 Prozent beim Erwachsenen steigern.
Ballaststoffreiche Nährstoffe können wiederum die Kalziumresorption hemmen. Studien zeigen zudem, dass 80 Prozent aller postmenopausalen Frauen nur durchschnittlich 800 Milligramm Kalzium pro Tag mit der Nahrung zuführen. Hier ist eine zusätzliche Substitution mit Kalziumpräparaten in Höhe von etwa 1000 Milligramm pro Tag sinnvoll.
Der Kalziumhaushalt Kalzium ist zusammen mit Phosphat Hauptbestandteil von Knochen und Zähnen. An der Regulation des Kalzium-Haushaltes sind hauptsächlich drei Hormone beteiligt:
- Parathyrin (Parathormon) aus der Nebenschilddrüse; sein Gegenspieler
- Calcitonin aus der Schilddrüse
- Calcitriol, das aus der Vorstufe 25-Hydroxy-Vitamin- D3 in der Niere gebildet wird.
Effektorgan dieser drei Hormone sind primär Knochen, Darm und Niere mit dem Ziel, eine Konstanz der Kalziumionen-Konzentration von etwa 2,5 mmol/l im Extrazellularraum zu erreichen. Im Knochen wirkt Parathormon einerseits abbauend, andererseits aufbauend, wobei im Regelfall die aufbauende Funktion überwiegt.
Tipp 2: Vitaminzufuhr sicherstellen„Vitamin D“, genau genommen ein Hormon, da es im Körper synthetisiert werden kann, wird in der Wachstumsphase zum Aufbau und später zum Erhalt eines stabilen Knochens benötigt. Es sorgt für eine bessere Resorption von Kalzium und Phosphat aus dem Darm und damit im Zusammenhang für eine bessere Reifung und Mineralisation der Knochengrundsubstanz. 400 bis 800 internationale Einheiten (IE) werden täglich für einen gesunden Knochen benötigt. Theoretisch wäre ein etwa zwanzigminütiges Sonnenbad der Haut ausreichend, um diese „Vitamin“-Menge zu produzieren, Sonnencremes und eine mangelhafte Umsetzung der Vitamin-D-Vorstufen in der Haut mittels Sonnenlicht im Alter führen faktisch jedoch zu einem Mangel.
Eine tägliche Zufuhr von 800 bis 1000 IE Vitamin D3 (Cholecalciferol) beziehungsweise des aktiven Vitamin-D3-Metaboliten Alfacalcidol (1-alpha-Hydroxycholecalciferol) in Tabletten oder Drageeform zum Essen ist deshalb für die meisten Erwachsenen sinnvoll. Die aktive Wirkform ist dann Calcitriol. Vitamin C (Ascorbinsäure) erhöht ebenfalls die Kalzium- Resorption, stimuliert die knochenaufbauenden Osteoblasten und fördert die Reifung des Kollagens. 60 Milligramm Vitamin C sind die empfohlene tägliche Mindestmenge, idealerweise sollten 250 bis 1000 Milligramm zugeführt werden.
Das fettlösliche Vitamin A beeinflusst die Entwicklung der Knochenzellen. 5000 IE Vitamin A täglich werden empfohlen. Von besonderer Bedeutung ist Vitamin K, dass nicht nur bei der Blutgerinnung eine Rolle spielt, sondern auch für die Synthese des Osteocalcins, eines Bausteins der Knochengrundsubstanz, essenziell ist. Vitamin K fördert die Bindung von Kalzium an die Knochenmatrix sowie die Frakturheilung. Grünes Gemüse ist als Vitamin K-Lieferant besonders wertvoll. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 100 bis 300 IE. In der Apotheke wird Vitamin K1 als Phytomenadion unter anderem in Form in Injektionslösungen, Tropfen, Kautabletten, Kapseln angeboten. Wichtig sind auch Vitamin B12 und Folsäure für den Erhalt der Knochendichte.
TABLETTEN: KALZIUM-GEHALT BEACHTEN
Die meisten Kalzium-Präparate im Handel enthalten vergleichsweise kleine Mengen Kalzium. In 1000 Milligramm Kalziumsalz sind als -carbonat gebunden nur 40 Prozent, als -phosphat gebunden 38,8 Prozent, als -laktat 18,4 Prozent, als -gluconat nur 9,3 Prozent der tatsächliche Kalziumanteil. Hinzu kommt die mit etwa 30 Prozent Anteil vergleichsweise geringe Resorptionsquote beim Erwachsenen, so dass von 500 mg Kalziumcarbonat in einer Tablette nur etwa 200 mg tatsächlich aufgenommen werden. Die beste Resorption wird mit Kalziumcitrat (Kalziumanteil 24,1 Prozent) erzielt, da diese Verbindung keine Magensäure benötigt und auch nüchtern eingenommen werden kann. Zudem schützt Kalziumcitrat gegen eine Nierenstein-Bildung und beeinträchtigt nicht die Eisenresorption. Eine Kalzium-Dosis abends vor dem Schlafen eingenommen unterdrückt die physiologische Parathormon-Ausschüttung und verhindert beziehungsweise vermindert den Knochenverlust in der Nacht.
Tipp 3: Nahrungs-Knochenräuber meiden Zu beachten ist, dass „Knochenräuber“ wie Oxalsäure in bestimmten Gemüsesorten, etwa Rharbarber, sowie Koffein, aber auch Zucker, Salz, Phosphat, Fett und Eiweiß die Resorption von Kalzium deutlich verringern können. Koffein bewirkt eine gesteigerte Kalzium-Ausscheidung mit dem Harn. Um die negative Bilanz abzumildern, wäre es theoretisch sinnvoll, zu jeder Tasse Kaffee auch eine Tasse Milch zu trinken.
Bei Cola-Getränken bewirkt der hohe Phosphatgehalt die Kalzium-Bindung im Darm und damit eine verminderte Kalzium-Resorption. Zudem zieht zu viel Phosphat, das auch in Fleisch und Wurstwaren in vergleichsweiser hoher Konzentration vorhanden ist, eine vermehrte Ausschüttung von Parathormon nach sich. Dieses löst zur Phosphat-Neutralisation Kalzium und Magnesium aus dem Knochen. Hoher Zuckerkonsum führt zu einer verstärkten Ausscheidung von Kalzium und anderen Mineralien über die Niere, behindert die Kalzium-Aufnahme im Darm und stimuliert die Magensäureproduktion.
Studien zeigen, dass auch die Einschränkung des Salzkonsums und eine nicht zu hohe Fettaufnahme mit einem geringeren Osteoporoserisiko verknüpft sind. Da beim Eiweiß-Abbau im Stoffwechsel Säuren entstehen, die vor ihrer Ausscheidung über die Nieren mit Kalzium neutralisiert werden müssen, kann ein zu hoher Eiweißkonsum ebenfalls zu einer negativen Kalziumbilanz mit nötiger Mobilisation von Kalzium aus dem Knochen führen. Eine permanente Übersäuerung des Körpers fördert erwiesenermaßen ebenfalls eine Osteoporose. Ein ausgeglichener Säure-Base-Haushalt, der durch viel Obst und Gemüse sowie kalziumreiche Milchprodukte zur Neutralisation gebildeter Säuren erreicht wird, ist deshalb anzustreben. Auch hoher Alkoholkonsum schädigt die Knochenzellen und trägt zur Osteoporose bei.
ENTSCHEIDENDE ROLLE: DIE HORMONE
Besondere Bedeutung – nicht zuletzt wegen ihrer Häufigkeit – kommt der postmenopausalen Osteoporose (Typ-1-Osteoporose) zu. Da das Gleichgewicht zwischen Osteoblasten und Osteklasten unter anderem durch knochenaufbauende Sexual- und eher knochenabbauende Schilddrüsenhormone gesteuert wird, kommt es durch das Sistieren der Ovarienfunktion zum Abfall des Östrogenblutspiegels, somit zur deutlichen Reduktion knochenaufbauender Sexualhormone. Das über Jahrzehnte bestehende Gleichgewicht zwischen Knochenauf- und -abbau ist zuungunsten des Aufbaus gestört, der Knochenabbau gewinnt die Überhand.
Tipp 4: Bewegung Bewegung stärkt Knochen, Gelenke und Muskeln. Wirbelsäulenbelastenden und damit knochenaufbauenden Sportarten wie beispielsweise Walking, Jogging, Ballspielen ist dabei der Vorzug zu geben vor entlastenden Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren. Auch Muskeltraining wie Krafttraining, aber auch Tanzen oder Wassergymnastik trägt zum Muskelaufbau bei, der wiederum indirekt osteoanabole Effekte hat. Spezielle Osteoporose-Gymnastik und Rückenschule bilden die Brücke zur gezielten Therapie. Mittlerweile werden sogar Übungsgeräte ange boten, die den Muskel- und Knochenaufbau über Rüttel- und Vibrationsbewegungen stimulieren.
Tipp 5: Stürze vermeiden Muskelschwäche, Bewegungseinschränkungen, Arthrose, Sehprobleme, Depressionen, Gleichgewichtsstörungen sind wesentliche Risikofaktoren für einen Sturz mit entsprechender Frakturgefahr. Um dieses Risiko zu senken, ist Bewegungsverbesserung, entsprechendes Verhaltens- und Reaktionstraining, eine Optimierung der Hilfsmittel- und Medikamentenversorgung sinnvoll.
Insbesondere bei gefährdeten älteren Personen werden Hüftprotektoren gerne empfohlen. Das sind handflächengroße Kunststoffschalen, die seitlich in die Unterhose eingenäht sind und einen guten Schutz vor seitlichen Stürzen bieten. Sie verteilen die Aufprallenergie flächenhaft und schützen so den Oberschenkel. Aktive Rückenorthesen (Kurzwort aus orthopädisch und Prothese) können zur aktiven Korrektur der Fehlstatik der Wirbelsäule, etwa bei einer beginnenden oder schon vorhandenen Osteoporose animieren.
Tipp 6: Nicht rauchen Studien belegen, dass Raucher besonders häufig und früh Wirbelkörperfrakturen erleiden und eine verzögerte Frakturheilung haben. Frauen, die täglich eine Schachtel Zigaretten rauchen, sollen in der Menopause etwa zehn Prozent weniger Knochenmasse aufweisen als Nichtraucher. Rauchen schädigt den Knochen, indem die Estrogenproduktion bei der Frau sinkt, der Estrogen-Abbau jedoch steigt, beim Mann die Testosteron-Produktion sinkt, ebenfalls die Umwandlung von Nebennieren-Androgenen (Dehydroepiandrostan = DHEA, DHEA-sulfat, Androstendion) in Estrogen sich stark mindert und zusätzlich höhere Konzentrationen von Cadmium, Blei und andere toxischen Substanzen den Knochen schädigen.
Tipp 7: Fröhlichkeit statt Depression Knochenschädigende Medikamente und Krankheiten wurden in Teil 1 dieses Repetitoriums schon angesprochen. Hier lassen sich durch eine jährliche Kontrolle der Knochendichte und ordentliche Ernährung mit entsprechender Vitaminzufuhr die Osteoporose-Risiken minimieren. Aber auch Fröhlichkeit ist Balsam für den Knochen. Die Knochengesundheit ist nicht nur eine Frage von Bewegung, Ernährung und Lebensstil, sondern wird auch maßgeblich mit vom Gehirn über nervale, hormonelle und humorale Signalwege gesteuert. Insbesondere bei Depressiven tritt verstärkt auch Osteoporose auf. Psychologen und Psychiater können demzufolge ebenfalls einen wertvollen Beitrag zur Osteoporose-Bekämpfung liefern. Knochen ist kein starres Material, sondern auch Spiegel des Gemüts und der Seele.
Im dritten Repetitoriumsteil steht die Pharmakotherapie – insbesondere nach den Leitlinien der DVO – im Mittelpunkt.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/11 ab Seite 48.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin