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Marketing

OHNE GEHT‘S AUCH! …?

Gehen Ihnen die gängigen Marketingtipps auch auf die Nerven? Ein Bäcker im Nachbarort ignoriert sie alle, ist aber trotzdem erfolgreich.

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Von außen betrachtet ist das etwas abgelegen in einem Wohngebiet stehende Haus, wohlwollend formuliert, unscheinbar: Der Renovierungsstau ist deutlich sichtbar, das Schaufenster ist weder dekoriert noch beleuchtet, kein Schild weist auf ein Geschäft hin. Nebenan eine freie Fläche, die als Parkplatz dienen kann, aber nicht als solcher ausgeschildert ist und auch nicht besonders einladend wirkt. Im Vorbeifahren entsteht eher der Eindruck, „da war wohl mal ein Geschäft“.

Nur Kunden als Wegweiser Wären da nicht die Menschen, die dort ein und ausgehen, beim Hinausgehen beladen mit großen Tüten, die offensichtlich Brötchen enthalten und mit umfangreichen Kuchenpaketen. Nur deshalb bin ich irgendwann auch einmal hineingegangen. Wenn andere dort so umfangreich einkaufen, kann es so schlecht nicht sein.

Eigenwilliges Sortiment, eigenwilliger Anbieter Innen erwartet mich ein köstlicher Backduft, eine Bäckereistube wie aus frühen Kindheitserinnerungen, gefüllt mit ungewohnt, aber verführerisch aussehenden Backwaren – und ein Bäckermeister, am treffendsten beschrieben mit „ein Original“. Offenbar Bäcker mit Leib und Seele erklärt er bereitwillig und begeistert die Unterschiede und Besonderheiten seiner verschiedenen Brote, Brötchen und Kuchen, erläutert, dass er keinerlei industrielle Zusätze, Backmischungen etc. verwendet und überdies nur das backt, was er selber auch gerne essen mag.

Wer eine Brotsorte sucht, die er nicht mag, muss sie woanders kaufen, er wird sie nicht backen. So füllt er großzügig Brötchentüten und Kuchentabletts – und ehe ich es mich versehe, gehöre auch ich zu denjenigen, die beladen mit großer Tüte und Kuchenpaket sein Haus wieder verlässt.

Verpackung von der Konkurrenz Zu Hause, beim Genuss der Testkäufe, werfe ich einen Blick auf Tüte und Kuchenpapier auf der Suche nach Namen und Telefonnummer des Backkünstlers – und stutze: Tüte und Papier tragen Aufdrucke unterschiedlicher Bäckereien, mit Adressen in unterschiedlichen Orten rund 50 Kilometer entfernt. Spätestens nun ist klar: Die klassischen Marketingregeln sind nicht die Sache dieses Bäckers.

Kreative, durchdachte, möglichst wechselnde Schaufensterdekoration? Gepflegter Außenbereich? Auffälliges Geschäftsschild? Moderne Geschäftsausstattung, Ausrichtung des Sortiments an den Bedürfnissen der Kunden? Kundenbindung und Markenpflege durch einheitliches Design sowie Information auf Verpackungsmaterialien?

Alles Fehlanzeige. Lediglich ein handgeschriebenes Schild an der Tür mit den Öffnungszeiten. Und wer mal etwas telefonisch vorbestellen möchte, erhält ein Stück laminierter Pappe mit seinem Stempel mit Name, Anschrift und Telefonnummer ausgehändigt. Warum finden dennoch immer wieder Kunden den Weg zu ihm, warum ist diese Bäckerei offenbar dennoch erfolgreich? Und – warum taugt dies dann doch nicht als Vorbild für Ihr Apothekenteam?

Sein Angebot ist einzigartig! Seine Produkte sind im wahrsten Sinne des Wortes „unique“. Wer diese Brötchen, Brote, Kuchen haben möchte, muss zu ihm gehen. Woanders erhält man diese Produkte nicht. Das ist – heutzutage – bei einer Apotheke eben grundlegend anders. Vielleicht abgesehen von hauseigenen Teemischungen oder Hautcremes gilt für das Apothekensortiment: Die Produkte sind auch woanders erhältlich. In einer anderen Apotheke, teils auch im Drogeriemarkt, Sanitätshandel etc.

Es ist nicht das einzigartige Produkt, das Kunden in Ihre Apotheke zieht. Sie müssen doch mit anderen Aspekten ansprechen und überzeugen als dieser Bäcker. … Schaufenster … einheitlich gestaltete Info- und Werbematerialien … Service-Angebote nach den Bedürfnissen der Kunden … Sie kennen sie ja, die gängigen Marketingtipps.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/14 auf Seite 30.

Verena Gertz, Marketingfachfrau

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