Kakao
NOCH VOR 150 JAHREN GAB ES SCHOKOLADE IN DER APOTHEKE
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Forscher um Michael Blake von der Universität Calgary untersuchten Reste der Siedlung Santa Ana-La Florida. Sie liegt bei der Stadt Palanda nahe der Grenze zu Peru. Die kleine Siedlung der Mayo-Chinchipe-Kultur war ab etwa 3400 vor Christus bewohnt. In der Siedlung untersuchten die Wissenschaftler verschiedene Gefäße und Werkzeuge wie etwa Stößel und Mörser gezielt auf Rückstände und Erbgut von Kakao. Das Ergebnis: Kakaopflanzen wurden schon viel früher domestiziert als bislang bekannt. „Die Studie zeigt, dass Menschen im oberen Teil des Amazonasbeckens Kakao ernteten und konsumierten“, sagte Studienleiter Michael Blake. „Und das taten sie 1500 Jahre früher als in Mexiko.“
Nach Angaben der Forscher werden von der Pflanze Theobroma cacao in der Region heute sowohl Fruchtfleisch als auch Hülle, Rinde und Blätter für unterschiedliche Zwecke genutzt: als Nahrungs- und Genussmittel, als Tee, Saft oder alkoholisches Getränk, als Medizin und auch als Baumaterial. Dass Mittelamerika bisher als Ursprung des Kakaoanbaus galt, beruht wohl auf einem Missverständnis. „Dass Kakao bei der Ankunft der Europäer im wirtschaftlichen und spirituellen Leben der südamerikanischen Kulturen anscheinend keine so bedeutende Rolle spielte wie in Mittelamerika, liegt möglicherweise einfach daran, dass seine Bedeutung mit der Zeit geschwunden war“, schreibt das Team. „Der Unterschied im Prestige der Pflanze zwischen den beiden Regionen, den die Europäer in ihren früheren Berichten vermerkten, trug zweifellos zu dem Glauben bei, Kakao sei zunächst in Mittelamerika domestiziert worden.“
Ob Maya oder Ecuadorianer - Kakao war früher ein kostbares Gut. Was Menschen vor 5300 Jahren daraus zubereiteten, würde wohl heute niemandem mehr schmecken. Sie schlugen den stark fetthaltigen Presssaft aus der Kakaobohne mit Wasser zusammen auf und genossen besonders den Schaum als köstliche Beigabe. Dabei schmeckte das Getränk so bitter, dass die Spanier Mitte des 16. Jahrhunderts erst einmal ordentlich Zucker und Honig hinein taten. Der Weltensegler Hernan Cortez hatte die Schoten von einer seiner Reisen mitgebracht. Und der Sohn seines Königs, Prinz Philipp ließ es sich gern munden. Er führte das Getränk bei Hofe ein; es galt als vornehm und war sehr teuer.
Von da an gab es kein Halten mehr. Von Spanien aus verbreitete sich die flüssige „Schokolade“, deren Name aus „cacahuatl“ (Kakaowasser) entstand. Heiß und süß und schwarz eroberte sie die Salons und verbreitete sich zunächst innerhalb der oberen Zehntausend.
Es gab Hoch-Zeiten, da war ihr Konsum in intellektuellen Kreisen Kult. Und als dann 1828 der niederländische Apotheker Coenraad van Houten eine hydraulische Presse erfand, mit der man das ölige Schokoladenpulver von einer Menge Fett befreien konnte, da wurde die industrielle Massenherstellung von Tafelschokolade möglich. Denn das nun fettärmere Kakaopulver wurde von einem findigen Hersteller mit Zucker und geschmolzener Kakaobutter vermengt, das Wasser weggelassen, was einen zähen „Teig“ ergab. Die Süßspeise wurde zum Massenprodukt. 1847 ging der erste Bitterschokoladenblock vom Band, und zwar in England.
Als der Schweizer Henry Nestlé 1867 ein Verfahren zur Herstellung von Milchpulver entwickelte, wandelte ein alpenländischer Schokoladenfabrikant dieses Pulver in eine neue Rezeptur um. Zusammen mit dem Besten aus der Kakaobohne wurde es zur Milchschokolade. Was vielleicht erklärt, warum die Schweizer mit 12 Kilogramm pro Jahr Weltmeister in deren Verzehr sind, dicht gefolgt von den Deutschen, die es auf 11,6 Kilogramm bringen.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein verkauften Apotheken Schokolade als Stärkungsmittel. Frauen mischten sie ihren Männern ins Getränk, da sie angeblich auch das Liebesleben förderte. Bei den historischen Azteken durften übrigens nur Krieger und zur Opferung vorgesehene Männer Kakao trinken – für Frauen und Kinder war die bittere Leckerei tabu. So wertvoll und angesehen war der Stoff, dass er dem Höchsten zugeordnet wurde: Theobroma bedeutet übersetzt „Speise der Götter“.
Alexandra Regner,
PTA und Journalistin
Quelle: www.n-tv.de