Cannabisblüten haben mittlerweile ihren festen Platz in den BTM-Schränken deutscher Apotheken. © rgbspace / iStock / Getty Images Plus

Chronische Erkrankungen | Schmerztherapie

NICHT JEDER PROFITIERT VON CANNABIS

Patienten mit nicht krebsbedingten Schmerzen profitieren offenbar nicht von einer Therapie mit Cannabis. Eine Beobachtungsstudie konnte sogar zeigen, dass Betroffene nach einer vierjährigen Eigentherapie eher stärkere Schmerzen haben und häufiger Angst zeigen.

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An der Studie nahmen 1514 Teilnehmer mit chronischen, nicht krebsbedingten Schmerzen teil, die durchschnittlich seit vier Jahren mit oralen Opioiden behandelt wurden. Knapp ein Viertel der Probanden gab an, bereits Hanf-basierte Präparate zur Schmerzlinderung genutzt zu haben. Das Team um Dr. Gabrielle Campbell vom National Drug and Alcohol Research Centre, University of New South Wales in Sydney, ging dabei der Frage nach, wie sich Cannabis auf die Schmerzen der Betroffenen, ihren Opioid-Bedarf und ihren Alltag auswirkten.

Der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) gilt als schmerzstillend, entspannend und krampflösend, dazu antiemetisch und appetitanregend. Patienten können verordnetes Cannabis als Tee oder bei akuten Schmerzattacken mit Hilfe eines Verdampfers einnehmen, nach ärztlicher und erfahrungsgemäßer Dosierung. Die Zahl der Einzelgenehmigung zum Gebrauch von Medizinal-Cannabisblüten nahm letztlich so weit zu, dass vergangenes Jahr die generelle Zulassung als Betäubungsmittel bei strenger Indikationsstellung erfolgte. Die Anwender der Studie berichteten nun, unabhängig davon ob Cannabis täglich oder selten angewendet wurde, von mehr Schmerzen, mehr schmerzbedingten Beeinträchtigungen und mehr Ängsten. Zudem gaben die Probanden an, schlechter mit ihren Schmerzen umgehen zu können. Die Studienleiter konnten außerdem beobachten, dass der Opioid-Bedarf durch den zusätzlichen Cannabis-Konsum nicht beeinträchtigt wurde, eine Beobachtung, die sich mit den Angaben der Probanden zur Schmerzwahrnehmung deckte. Daraufhin folgerten die Autoren, dass Cannabis mit keinem Hinweis die chronischen, nicht krebsbedingten Schmerzen beeinflusse.

Gesundheitswissenschaftler der Universitäten New York und Liverpools bestätigten derweil die gedämpften Erwartungen an die Cannabinoide als isolierte Wirkstoffe in der Schmerztherapie, räumten der Hanfdroge jedoch ihren Stellenwert in der Schmerzbehandlung ein, bestünden doch ein geringes Abhängigkeitspotenzial und die geringe Gefahr von Überdosen. Zudem beruhten die Ergebnisse der Beobachtungsstudie von Dr. Campbell und ihrem Team aus Patientenbefragungen und sollten daher vorsichtig interpretiert werden: Weder die genaue Konsumhäufigkeit noch Cannabissorte oder –zubereitung konnten genau differenziert werden. Dies habe nach Ansicht der Gesundheitswissenschaftler aber maßgeblichen Einfluss auf den analgetischen Effekt.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Campbell G et al. Lancet Public Health 2018; 3: e341-e350 Hamilton I, Gage SH. A.a.O.: e309-e310 aus: Medical Tribune, 53. Jahrgang, Nr. 38; 21. September 2018

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