Die Wissenschaftler nennen das neu entdeckte Krankheitsbild bei Demenz LATE. © Ridofranz / iStock / Getty Images Plus

Demenz | Neuentdeckung

NEUENTDECKUNG IM BEREICH DEMENZ

Ein Forscherteam der University of Kentucky in Lexington in den USA hat eine neue Demenzform entdeckt, bei denen Patienten zwar die gleichen Symptome wie bei einer Alzheimer Erkrankung zeigen, aber andere histologische Veränderungen auftreten.

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Die Wissenschaftler nennen das neu entdeckte Krankheitsbild, bei dem eine Anhäufung des Proteins TDP-43 in Teilen des Gehirns deutlich zu erkennen ist, LATE (Limbic-predominant Age-related TDP-43 Encephalopathy). In mehreren Studien konnte deutlich gemacht werden, dass diese Ablagerungen gehäuft bei Menschen über 85 Jahren vorkommen. Im Detail kann man festhalten, dass Sie bei jedem Vierten auftreten, vor allem im limbischen System.

Das Protein TDP-43 (Transactive response DNA binding Protein of 43 kDa) bindet an DNA und RNA, ist an der Regulation der Genexpression beteiligt und wird in einer Vielzahl von Geweben exprimiert. Bereits 2006 konnte in Untersuchungen die phosphorylierte Form des Proteins in Einschlüssen bei Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) und bei Patienten mit frontotemporaler lobärer Degeneration (FTLD) festgestellt werden. Menschen, bei denen das neue Krankheitsbild LATE festgestellt werden konnte, haben zunächst Proteinablagerungen in der Amygdala (Stadium 1), später kommt der Hippocampus hinzu (Stadium 2) und dann der Gyrus frontalis medius, eine prominente Großhirnwindung im Frontallappen (Stadium 3). Es gibt Menschen, bei denen eine Sklerose des Hippocampus entsteht. Diese reicht allerdings nicht aus, um von einer LATE-Diagnose auszugehen.

Bislang ist es Forschern nur möglich, eine solche Diagnose post mortem durch histologische Untersuchungen des Gehirns zu stellen. Spezifische Biomarker und Tracer, die solche TDP-43-Ablagerungen für das menschliche Auge sichtbar machen, gibt es bislang nicht. Die Forscher um Peter Nelson hoffen nun, dass aufgrund ihrer Erkenntnisse die Erkrankung mehr Aufmerksamkeit bekommt und dadurch auch die weitere Forschung in Gang gesetzt werden kann. Die Experten sind der Überzeugung, dass man von einer einheitlichen Denkweise, was das Thema Demenzerkrankungen angeht, wegkommen muss. „200 verschiedene Viren können Erkältung hervorrufen, warum denken wir, dass es nur eine Ursache für Demenz gibt?“, so das Team.

Das Krankheitsbild hat verschiedene Ursachen, die dann dementsprechend auch unterschiedlich therapiert werden müssten. Dies könnte zumindest teilweise erklären, warum es bei vielen klinischen Alzheimertherapie-Studien bislang nicht zum gewünschten Erfolg kommt. Weitere Untersuchungen hinsichtlich der Krankheitsentstehung sind daher notwendig, um gezielt Therapieformen für die jeweilige Demenzform zu entwickeln.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung



OriginalpublikationDOI: 10.1093/brain/awz099

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