Sie quälen uns und können richtig gefährlich sein: Herpesviren. Wissenschaftler haben einen Biomarker entdeckt, der eine Reaktivierung des Virus frühzeitig erkennbar macht. © CherriesJD / iStock / Getty Images Plus

HHV-6 | Biomarker entdeckt

NEUE NACHWEISMETHODE ENTDECKT HERPESVIREN FRÜHZEITIG

Verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente können das Herpes-Virus aktivieren. Wissenschaftler fanden nun einen Weg heraus, die aktiven Viren frühzeitig zu erkennen.

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Es ist klein und gemein: Das Herpes-Virus schlummert in fast jedem von uns; zwischen 95 und 100 Prozent der gesunden Erwachsenen tragen Antikörper in sich. Bei wem es zum Ausbruch kommt – bekanntester Vertreter ist Herpes labialis, der als „Fieberbläschen“ an der Lippe erscheint – ist oft Zufall, begünstigt wird dies aber, wenn das Immunsystem beeinträchtigt ist, beispielsweise durch Infektionen oder nach Organtransplantationen.

Dann macht sich das Virus auf den Weg und kann endlich zuschlagen. Es hat sich so lange in den Körperzellen versteckt, sich in die Enden der Chromosomen integriert und kann dort über Jahre verharren. Kommt das Herpes-Virus zum Zuge, bringt es durch seinen günstigen Standort die Zelle dazu, nur noch Viren-DNA zu produzieren.

Das Virus tritt in zwei Varianten auf: HHV-6A und HHV-6B. Während sich letzteres vor allem bei Kleinkindern bemerkbar macht („Drei-Tage-Fieber“), verläuft eine Infektion mit HHV-6A in der Regel unbemerkt und harmlos. Unter oben beschriebenen Umständen können die Viren allerdings wieder aktiv werden.

Leider produzieren sie nicht nur vergleichsweise harmlose Lippenbläschen. Wissenschaftler betrachten das Virus mittlerweile verstärkt als potenziellen Auslöser diverser Krankheiten wie etwa Multiple Sklerose oder das Chronische Müdigkeitssyndrom. Manche Untersuchungen deuten sogar darauf hin, dass HHV-6 an der Entstehung von Schizophrenie, der Bipolaren Störung, Depressionen oder der Alzheimerschen Krankheit beteiligt ist.

Dr. Bhupesh Prusty von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat nun eine Methode entdeckt, mit der es erstmals möglich ist, die Reaktivierung der humanen Herpesviren in einem frühen Stadium nachzuweisen. Mit seinem Team hat der Virologe jetzt einen Ansatz entdeckt, der sich als geeigneter Kandidat für die Verwendung als Biomarker anbietet. „Wir haben mehrere virale Mikro-RNA-Moleküle identifiziert, die sowohl während einer aktiven Infektion als auch einer viralen Aktivierung gebildet werden.“ Diese Moleküle nehmen indirekt Einfluss auf die Stoffwechselvorgänge in Zellen, können an RNA andocken und damit die Übersetzung der Viren-DNA in Proteine verhindern. „Der Nachweis dieser viralen Mikro-RNA kann unter klinischen Bedingungen als idealer Biomarker dienen“, ist sich Prusty sicher.

Ein tragischer Todesfall brachte den Wissenschaftler auf diese vielversprechende Spur: Eine junge Frau hatte nach einer medikamentösen Behandlung ein Hypersensitivitätssyndrom entwickelt und starb daran. Prusty und seine Kollegen stießen im Blut der Frau auf Spuren des Erbguts von HHV-6, allerdings in unterschiedlichen Konzentrationen zu unterschiedlichen Zeiten des Krankheitsgeschehens. So war beispielsweise zum Zeitpunkt des Todes die Viruslast sehr gering.

Anders hingegen die Konzentration der Mikro-RNA: „Sämtliche Biopsieproben zeigten ein positives Signal für diese spezielle RNA.“ Dies spreche dafür, dass sich dieses Molekül sehr gut als Biomarker für den Nachweis einer aktiven Virusinfektion im Organismus eigne – was für klinische Interventionen in manchen Fällen von entscheidender Bedeutung sein kann.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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