Aktuelle Studienlage
NEUE LEITLINIE ZU NUTRACEUTICALS
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In der Apotheke ist der Umsatz von sogenannter oraler Schönheit 2018 um 76 Prozent auf 34,6 Millionen Euro in Deutschland gestiegen. Die steigende Nachfrage ist zum einen auf ein sich wandelndes Schönheitsbewusstsein, zum anderen auf die bereits vorhandene wissenschaftliche Evidenz zurückzuführen. Auch wenn noch viel Forschungsbedarf bei Nutraceuticals besteht, kann für einige Wirkstoffe auf eine gute Datenlage zurückgegriffen werden. Jedoch gab es bis dato insbesondere für Nutraceuticals, die einen positiven Effekt auf das Hautbild haben sollen, weder eine eindeutige und regulatorische Definition für diesen Begriff, noch eine verlässliche Übersicht über die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Daten und Health Claims. Daher wurde von der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) eine neue Leitlinie mit dem Titel „Nutraceuticals zur Beeinflussung des Hautbildes“ erstellt.
Überraschende Rechercheergebnisse Insgesamt werden in der neuen Leitlinie mehr als 50 Nutraceuticals beziehungsweise Inhaltsstoffe und Kombinationen aus verschiedenen Substanzbereichen aufgelistet und hinsichtlich der wissenschaftlichen Evidenz der Datenlage beurteilt. Bei der zugrundeliegenden Literaturrecherche kam es zu einigen Überraschungen: Anders als auf Basis der verfügbaren Health Claims oder der Produktauslobung erwartet, sind einige positiv ausgelobte Nutraceuticals bezüglich der Studienlage nur unzureichend bis gar nicht dokumentiert. Auf der anderen Seite führt die Leitlinie Nutraceuticals auf, die keinen Health Claim besitzen, jedoch im Hinblick auf die Studienlage sehr gut dokumentiert sind.
Gute Studienlage zu Kollagen-Peptiden So sind beispielsweise die positiven Effekte auf die Haut von Nutraceuticals mit speziellen Kollagen-Peptiden sehr gut in zahlreichen Studien nachgewiesen. Kollagen gilt als das wichtigste extrazelluläre Strukturprotein im menschlichen Körper. Aufgrund seiner einzigartigen Struktur verleiht es unter anderem der Dermis (dem Bindegewebe) ihre Elastizität und Festigkeit. So trägt es maßgeblich zum äußeren Erscheinungsbild der Haut bei. In Nutraceuticals werden typischerweise verschiedene Kollagen-Peptide eingesetzt, die durch enzymatische Hydrolyse aus nativem Kollagen gewonnen werden. Allgemeine Dosierungsempfehlungen liegen für Nutraceuticals mit Kollagen-Peptiden zwar nicht vor, jedoch haben sich in mehreren Studien Peptidmengen von 2,5 g pro Tag bewährt.
Substanzspezifische Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen sind kaum oder nicht bekannt. Es gilt als gesichert, dass die über die Blutbahn in die tiefen Hautschichten transportierten Peptide die Bindegewebszellen (Fibroblasten) stimulieren, die für die Hautbeschaffenheit wichtigen, körpereigenen Komponenten wie Kollagen, Hyaluronsäure, Elastin, etc. zu bilden. Dies führt zu strukturellen Veränderungen in der Dermis, die mit einer Verbesserung der Hautphysiologie, unter anderem verminderter Faltenbildung, einhergehen. Besonders gut funktioniert das, wenn die eingesetzten Kollagen-Peptide möglichst gut mit dem humanen Kollagen übereinstimmen (sog. [HC]-Kollagen-Peptide, wie in ELASTEN® Trinkampullen), was in zahlreichen Studien in Bezug auf die positiven Effekte auf Hautelastizität, Hautfeuchtigkeit, Hautdichte und Hautrauigkeit nachgewiesen werden konnte.
Dabei wurden nicht nur Kollagen-Peptide alleine, sondern auch eine Kombination mit anderen Substanzen wie Vitaminen, Mineralstoffe, pflanzlichen Extrakten oder Hyaluronsäure eingesetzt. Studien zeigen, dass sich diese Wirkstoffe ergänzen und die Wirkung verbessern. Die Leitlinie empfiehlt, aufgrund der Heterogenität der Kollagen-Peptide bei der Wahl des Nutraceuticals unbedingt auf produktspezifische, idealerweise placebokontrollierte Studien zu achten.
Vitamin C: Wirksamkeit unbestritten Ein absoluter Klassiker im Bereich der oralen Wirkstoffe mit positiven Effekten auf die Haut ist Vitamin C (L-Ascorbinsäure). Es wird als natürliches und wasserlösliches Vitamin in zahlreichen Nutraceuticals als alleiniger Inhaltsstoff oder in Kombination mit anderen Vitaminen, Nähr- oder Mineralstoffen eingesetzt. Da es vom menschlichen Körper nicht gebildet werden kann, muss es mit der Nahrung aufgenommen werden. Vitamin C ist ein starkes Antioxidans und unter anderem am Aufbau von Bindegewebe beteiligt.
So fungiert beispielsweise seine biologisch aktive Form, die L-Ascorbinsäure, als Co-Faktor bei der Kollagensynthese. Vitamin C gehört zu den bestuntersuchten Anti-Aging-Wirkstoffen, weshalb seine Wirksamkeit als unbestritten gilt und in einer Vielzahl an klinischen Studien nachgewiesen ist. Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) hat folgenden Health Claim für die Hautgesundheit veröffentlicht: „Vitamin C trägt zu einer normalen Kollagenbildung für eine normale Funktion der Haut bei“.
Kupfer kontraproduktiv? Auch für Kupfer wurden zwei Health Claims durch die EFSA formuliert: „Kupfer trägt zu einer normalen Hautpigmentierung bei“ und „Kupfer trägt zur Erhaltung von normalem Bindegewebe bei“. Jedoch fehlen bisher jegliche Studien zu oralen Effekten von Kupfer auf das Hautbild sowie Studien zur Bestimmung der für die maximale Hautverbesserung nötigen Dosis. Dazu kommt, dass es sich bei Kupfer um ein sogenanntes Übergangsmetall handelt, das in höheren Dosen schädlich ist und auch oxidativen Stress erzeugen kann, der sich nachgewiesen negativ auf die Hautqualität auswirkt.
Nutrivigilanz wünschenswert Grundsätzlich ist festzuhalten, dass für Nutraceuticals das Risiko von Nebenwirkungen aufgrund der oft relativ niedrigen Dosierung von Inhaltsstoffen und der meist nicht oder nur gering vorhandenen systemischen Wirksamkeit deutlich kleiner ist als bei Arzneimitteln und anderen Therapeutika. Die Wahrscheinlichkeit unerwünschter Effekte steigt bei Kombinationsprodukten mit der Anzahl enthaltener Substanzen und der Einnahmedauer.
In der Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass die Inzidenz unerwünschter Wirkungen von Nutraceuticals nur bedingt aus den Ergebnissen von Studien entnommen werden kann. Es erscheint daher empfehlenswert, in Anlehnung an die Pharmakovigilanz für Arzneimittel, auch für Nutraceuticals in einer Nutrivigilanz sämtliche gemeldete mutmaßliche Nebenwirkungen im Hinblick auf mögliche Häufungen und sich möglicherweise daraus ergebende Risiken systematisch zu dokumentieren.
Fazit Der überwiegende Teil der als „Nutraceutical“ deklarierten und mit positiven Effekten auf das Hautbild ausgelobten Substanzen, die in der Leitlinie untersucht wurden, gelten bezüglich der Studienlage als ausreichend dokumentiert. Als wichtigste Voraussetzung für die Evidenz wurde gewertet, ob der Nutzen durch eine Metaanalyse beziehungsweise Vielzahl von klinischen Studien oder aber durch mindestens eine hochwertige Studie (RCT) nachgewiesen wurde. Die neue Leitlinie wurde von der Fachgruppe Nutraceuticals und anderen Mitgliedern der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) erstellt und ist dort in Kürze abrufbar unter: www.gd-online.de.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 48.
Gastbeitrag von Dr. Meike Streker, Kosmetikwissenschaftlerin