Die Natur hält nicht nur Schönes, auch vieles Nützliches bereit. Viele technologische Verfahren oder auch Arzneistoffe haben natürliche Vorbilder. © Yuryy Bezrukov / 123rf.com

Phytopharmaka | Arzneistoffentwicklung

NEUE ANTIBIOTIKA AUS DER NATUR

Die Natur hält noch einiges bereit, neue antimikrobielle Wirkstoffe zum Beispiel. Es werden immer mehr krankmachende Bakterienstämme identifiziert, gegen die aktuell kein passender Arzneistoff vorhanden ist. Die Weiterentwicklung bekannter Verbindungen überbrückt nur eine kurze Zeit – die Wandlungsfähigkeit der Mikroben ist enorm hoch. Ein neues Screening-Verfahren soll potenzielle Kandidaten schneller identifizieren.

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Wie das Penicillin entdeckt wurde ist hinlänglich bekannt: Alexander Fleming entdeckte aus Zufall, dass eine bestimmte Schimmel-Gattung in seinem Labor das Wachstum der dort angelegten Staphylokokken-Kulturen hemmt. Bei der rasenden Zunahme der Antibiotika-Resistenzen, haben die aktuellen Vertreter der Forschung leider nicht die Zeit über ihre Arbeit erst einmal Schimmel oder sonstiges wachsen zu lassen. Arzneistoffe aus der Natur gibt es viele, die meisten Antiinfekta zählen dazu und auch einige bekannte Vertreter aus der Gruppe der Analgetika, Antitussiva oder Immunologika. Die Fahndung nach ihnen ist allerdings mühsam und gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Um dieses Vorgehen zu beschleunigen, sammeln Wissenschaftler bereits seit längerem die strukturellen Informationen ausgewählter Naturstoffe in speziellen Datenbanken, zum Beispiel dem Global Natural Products Social Netzwerk (GNPS). Somit gelingt den Teams weltweit der Datenaustausch auf kurzem Weg – Big Data eben. Nur diese ganzen Daten effizient auszuwerten und zu bewerten ist der eigentliche Teil der Arbeit. Und ein zusätzliches Problem stellen zudem die Detektionsmethoden dar, die zur Bestückung der Datenbanken angewendet werden. Als besonders vielversprechend gelten nämlich Peptid-Verbindungen (PNP, Natriuretic peptide). Bereits bekannte Reserveantibiotika wie Vancomycin oder Daptomycin zählen ebenfalls zu dieser Gruppe. Die möglichen Variationen sind allerdings so umfangreich, dass sie schlicht nicht durch die aktuell gesammelten Daten abgedeckt werden können, das System ist mit der Vorhersage überfordert.

Ein neu entwickelter Algorithmus mit Namen VarQuest soll hier nun einspringen. Er ermittelt, welche potenziellen Varianten es für die erfassten PNPs geben könnte und wie wahrscheinlich die reale Existenz ist. Am Schluss spuckt er sogar das fertige Molekül inklusive hochwahrscheinlicher Strukturformel aus. In einem vergleichenden Test hängte das neue System die bekannten Verfahren sowohl in Effizienz als auch in puncto Schnelligkeit ab. Er analysierte in wenigen Stunden hunderttausende massenspektrometrische Daten, identifizierte fast zehnmal mehr potenzielle Kandidaten als die bisherigen Verfahren und tausend Varianten bereits bekannter Antibiotika-Verbindungen. VarQuest und ähnliche Algorithmen sollen in Zukunft weltweit Wissenschaftler bei der Suche nach neuen Wirkstoffen aus der Natur unterstützen.

Farina Haase,
Volontärin, Apothekerin

Quelle: www.wissenschaft.de

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