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Tipps für die Beratung

MINERALSTOFFEN AUF DER SPUR

Mineralstoffe sind in vielen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten, über die Sie als PKA Ihre Kunden informieren und beraten dürfen. Aber woher können Sie wissen, was gut für den einzelnen Kunden ist? Dies herauszufinden, gleicht tatsächlich einer Detektivarbeit.

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Wer legt eigentlich fest, welche und wieviel Mineralstoffe ein einzelner Mensch braucht und was gut für ihn ist? Dafür ist in Deutschland die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) zuständig. Meistens decken sich die Werte mit dem im deutschsprachigen Raum tätigen „D-A-CH“–Verband. Diese Abkürzung steht für die Länder Deutschland (D), Österreich (A für Austria) und Schweiz (CH).

In Ihrer Ausbildung haben Sie schon viel über Ernährung gelernt, unter anderem dass der Mensch von Mengenelementen – beispielsweise Calcium und Magnesium – wie der Name andeutet, eine ganze Menge benötigt. Bei den Spurenelementen ist es weniger, eben nur eine Spur. Aber Vorsicht: Die Ernährungswissenschaft ist im Vergleich zu vielen anderen Wissenschaften noch sehr jung, und so ändern sich die Empfehlungen durch neue Erkenntnisse so schnell, dass die DGE seit 2015 nur noch lose Blattsammlungen herausgibt.

Referenzwerte, Empfehlungen, Schätzwerte, Richtwerte, Obergrenzen? Beschäftigt man sich mit Mineralstoffen, begegnet man vielen Begriffen. Die Bezeichnung Referenzwert ist hierbei ein Oberbegriff und beinhaltet Empfehlungen, Schätz- und Richtwerte. Außerdem gibt es noch Obergrenzen. Warum gibt es so viele Arten von Werten und was unterscheidet sie Voneinander?

Empfehlungen Zu Mineralstoffen, für die Empfehlungen ausgesprochen werden, gibt es eine sehr gute Datenlage. Das trifft auf die Mengenelemente Calcium, Magnesium und Phosphor sowie auf die Spurenelemente Eisen, Jod und Zink zu. Von Mengenelementen wird gesprochen, wenn der tägliche Bedarf über 50 Milligramm (mg) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht beträgt. Das sind bei einem 70 kg schweren Erwachsenen über 3500 mg, also mit über 3,5 Gramm (g) pro Tag eine ganze Menge. Der Bedarf von Spurenelementen liegt weit darunter, er bewegt sich im niedrigen Milligramm- oder sogar Mikrogramm-Bereich.

Aber für wen genau gilt die Empfehlung? Prinzipiell erstmal nur für gesunde Erwachsene. Aber auch hier muss wieder ganz genau hingeschaut werden: Für das Spurenelement Eisen (Fe) gilt für erwachsene Männer eine tägliche Empfehlung von zehn Milligramm. Bei Frauen bis zum Ende der Wechseljahre beträgt die Empfehlung wegen des Eisenverlustes durch die Menstruation allerdings 15 mg, in der Stillzeit 20 mg und bei Schwangeren sogar 30 mg. Natürlich sollen Mineralstoffe wie alle Nährstoffe möglichst durch eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung dem Körper zugeführt werden. Aber gerade beim Eisen ist dies nicht immer gewährleistet, und so gibt es hier weltweit die häufigsten Mangelerscheinungen.

Das liegt unter anderem daran, dass Eisen in zweiwertiger und dreiwertiger Form existiert. Die dreiwertige Form, die überwiegend in pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommt, kann vom Körper nicht gut aufgenommen werden. Dadurch sind Menschen, die sich vorwiegend mit pflanzlichen Nahrungsmitteln ernähren, gefährdet einen Eisenmangel zu entwickeln. Eine Eisenvergiftung hingegen ist allein durch die Ernährung nicht zu befürchten. Um das Eisen vor Oxidation zu schützen, also in der zweiwertigen Form zu belassen, können Sie Ihren Kunden folgenden Tipp geben: „Nehmen Sie Ihr Produkt am besten mit einem Vitamin-C-haltigen Getränk ein, zum Beispiel einem Glas Orangensaft!“

Bei Ihrer Beratung sollten Sie aber unbedingt auch darauf hinweisen, dass sich dadurch der Stuhl schwarz verfärben kann. Leider reagieren viele Menschen auch bei den vergleichsweise geringen Eisenmengen mit Störungen im Magen-Darm-Bereich. Für das Spurenelement Jod (J) galt Deutschland bis in die Achtzigerjahre als Mangelland. Inzwischen ist dies laut WHO nicht mehr flächendeckend der Fall. Allerdings sprechen viele Experten trotzdem nur von einer ausreichenden Versorgung auf niedrigem Niveau. Da Jod elementar wichtig für die Funktion der Schilddrüse und damit übergeordnet für alle weiteren Hormone ist, muss die Versorgung mit diesem Spurenelement im Auge behalten werden.

So hemmt das in überdüngten Böden immer mehr vorkommende Nitrat die Resorption von Jodid, wodurch Mangelerscheinungen wieder zunehmen können. Der empfohlene Referenzwert der DGE beträgt für gesunde Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene bis 50 Jahren 200 Mikrogramm (μg) pro Tag. Dabei muss man sich daran erinnern, dass ein Mikrogramm nur ein Tausendstel von einem Milligramm ist. Bei gesunden über 50-Jährigen sinkt der Bedarf leicht. Bei Schwangeren ist er mit 230 μg täglich leicht erhöht, bei Stillenden steigt er sogar noch auf 260 μg an. Bei Kranken, besonders solchen mit Schilddrüsenerkrankungen, kann der Bedarf aber völlig anders sein, denn diese empfohlenen Referenzwerte gelten wie gesagt nur für gesunde Menschen.

Schilddrüsenpatienten sind also kein Fall für Ihre Beratung mit Nahrungsergänzungsmitteln und müssen zum Arzt geschickt werden. Das Spurenelement Zink (Zn) kann aus tierischen Nahrungsmitteln besser als aus pflanzlichen Nahrungsmitteln aufgenommen werden. Der Unterschied ist zwar nicht so gravierend wie beim Eisen, allerdings zeigen auch hier Vegetarier und Veganer häufig Mangelerscheinungen. Diesen gilt es vorzubeugen, da Zink viele wichtige Körperfunktionen aufrechterhält: Insulin wird als Zink-Komplex gespeichert, im Immunsystem beeinflusst Zink das Wachstum von T-​Lymphozyten und das Spurenelement ist auch Bestandteil des Oxidationsschutzes wichtiger Enzyme.

Die Referenzwerte für die Empfehlung liegen für erwachsene Männer bei elf mg täglich, für Frauen bei sieben mg. Für Schwangere steigt die Empfehlung auf zehn mg pro Tag, für Stillende auf elf mg. Der empfohlene Wert kann sich beim Vorhandensein weiterer bioaktiver Pflanzeninhaltsstoffe aber leicht erhöhen. Beispielsweise vermindert das in Hülsenfrüchten wie Sojabohnen vorhandene Phytat die Resorptionsrate des Spurenelements. Nahrungsergänzungsmittel enthalten meistens fünf oder zehn mg Zink, vorliegend als Salz. Auch hier können Sie in Zweifelsfällen bei gesunden Menschen zur Einnahme eines Präparates raten, da erst bei mehr als 25 mg pro Tag eine Überdosierung zu erwarten ist.

Schätzwerte Wenn die Datenlage für die benötigten Mengen eines bestimmten Nährstoffes nicht ausreichend ist, können nur Schätzwerte für den jeweiligen Bedarf angegeben werden. Sie geben Hinweise auf eine angemessene, gesundheitlich unbedenkliche Zufuhr. Dies trifft auf das für an vielen lebensnotwendigen Prozessen (vom Immunsystem bis zur Schilddrüsenfunktion) beteiligte Spurenelement Selen (Se) zu, bei dem die Spanne zwischen notwendiger Menge und toxischer Konzentration recht gering ist. Dieser Schätzwert liegt im Moment für Erwachsene zwischen 30 μg und 70 μg pro Tag.

Ob ein eventueller Ergänzungsbedarf besteht, hängt sehr vom Gehalt der jeweiligen Böden ab. Gerade bei uns in Deutschland ist der Selengehalt wesentlich niedriger als beispielsweise in den USA. Da in letzter Zeit immer mehr Menschen darauf Wert legen, regionale Produkte zu kaufen, um klimaschädliche Transportwege zu vermeiden, wird der aus der Nahrung gewonnene Selenanteil weiter zurückgehen und der Supplementierungsbedarf steigen. Auch Schätzwerte gelten zuallererst für Gesunde. Liegen bestimmte Krankheiten vor, kann der Bedarf im Einzelfall stark abweichen und der Patient vom Arzt Arzneimittel mit einer Konzentration von über 100 μg Selen verschrieben bekommen. Dabei handelt es sich aber sogar um verschreibungspflichtige Medikamente.

Richtwerte Wenn eine Regelung innerhalb scharfer Grenzen aus gesundheitlichen Gründen nicht notwendig ist, dann sind nur Richtwerte vorgegeben. Im Bereich der Spurenelemente trifft dies auf das für Knochen und Zähne wichtige Spurenelement Fluorid (F) zu. Hier gibt es lediglich eine Begrenzung nach oben, also in Richtung eines Zuviels an diesem Nährstoff. Eine Unterversorgung ist heutzutage bei ausgewogener Ernährung und Gebrauch fluoridhaltiger Zahnpasta nicht mehr zu befürchten. So lautet der Richtwert für Erwachsene drei mg pro Tag.

Obergrenzen Für bestimmte Nährstoffe gibt es tägliche Höchstmengen, die nicht überschritten werden sollen. Für das Spurenelement Fluorid gelten beispielsweise 0,12 mg pro Kilogramm Körpergewicht, also für einen 75 kg schweren Erwachsenen neun mg, als Obergrenze. Besonders gefährlich ist eine längere Überschreitung der Fluoridzufuhr bei Kindern im Alter von etwa zwei bis acht Jahren, da es hier leicht zu einer Skelett- oder Dentalfluorose kommen kann. Bei Zweitgenanntem handelt es sich um Zahnschmelzflecken der bleibenden Zähne durch ausgefällte Fluoridsalze. Damit dies nicht passiert, werden Kindern nur noch Fluoridtabletten bei nachgewiesen geringem Fluoridgehalt im Trinkwasser (unter 0,7 ppm = parts per million) verschrieben.

Solange Kinder nach dem Zähneputzen die Zahnpasta noch nicht ausspucken können, ist bei Einnahme von Fluoridtabletten keine fluoridhaltige Zahnpasta zu empfehlen. Auch für folgende Spurenelement gibt es für Erwachsene tägliche Obergrenzen: Jod 600 μg; Zink 25 mg; Selen 300μg. Vor lauter Werten, die es zu beachten gilt, sollten Sie trotz allem Ihren Kunden zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung raten und sich dabei Zeit zum Genießen nehmen. Dann ist eine zu starke Fixierung auf Werte nicht nötig.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/19 ab Seite 125.

Ute Kropp, Apothekerin und PKA-Lehrerin

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