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Säuglinge und Kleinkinder

MEIN BAUCH TUT WEH!

Jedes Kind hat irgendwann einmal Bauchschmerzen. Meist sind sie harmlos, oft dauern sie nur kurz. Es können aber auch ernsthafte Ursachen dahinterstecken, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machen.

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Kleine Kinder können Schmerzen weder exakt lokalisieren noch genau beschreiben. Diffuse Empfindungen um die Nabelgegend herum oder stechende Schmerzen an klar definierten Stellen im Bauch sind für die Kleinen nicht voneinander zu unterscheiden. Sie bezeichnen verschiedenste Beschwerden im Bauch undifferenziert als Bauchweh, seien es Krämpfe, Übelkeit, Durchfall oder Völlegefühl im Oberbauch. Kleinkinder klagen sogar über Bauchschmerzen bei Schmerzen an ganz anderen Körperstellen. Erst ab dem Grundschulalter sind sie in der Lage, genauere Auskunft zum Schmerzgeschehen zu geben und erst bei einem Zwölfjährigen kann man sich schließlich auf die Angaben zum Ort, zur Qualität, Intensität, oder Dauer der Schmerzen verlassen.

Schwierige Diagnose Die Ursachen für die Bauchschmerzen sind vielfältig und bleiben bei Säuglingen und Kleinkindern häufig unklar. Blähungen, eine Verstopfung oder übermäßiges Essen können genauso möglich sein wie Darminfektionen, Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten oder Erkrankungen unterschiedlichster Schwere. Bei Kindern sollte auch immer an seelische Faktoren gedacht werden, wobei sowohl positive wie negative Gefühle Bauchweh auslösen können (z. B. Aufregung, Angst). Wenn kleine Kinder wimmern oder schreien, Erbrechen oder Durchfall haben, die Nahrung verweigern, Gewicht verlieren, die Beine anziehen oder sehr empfindlich bei Berührung ihres Bauches reagieren, ist also Spürsinn gefragt und im Zweifel sollte lieber der Arzt aufgesucht werden. Je jünger das Kind ist, um so eher ist eine ärztliche Abklärung erforderlich - bei Säuglingen grundsätzlich, notfalls auch in einer kinderärztlichen Notfallambulanz.

Akute und chronische Bauchschmerzen Grundsätzlich muss zwischen akuten und chronischen Bauchschmerzen unterschieden werden. Plötzlich auftretende Beschwerden haben meist andere Auslöser als immer wiederkehrende Schmerzen im Magen-Darm-Trakt. Akute Bauchschmerzen setzen häufig infolge von Magen-Darm-Infektionen ein, die meist vorrübergehend und harmlos sind. Hinter akuten Schmerzepisoden können sich aber auch andere Infektionen (z. B. akute Mittelohrentzündung, Scharlach, Blasenentzündung), ein Wurmbefall oder gefährliche Erkrankungen (z. B. Blinddarmentzündung, Darmverschluss, eingeklemmter Leistenbruch, Nieren- oder Gallensteine) verbergen. Als chronisch werden Bauchschmerzen definiert, die seit mehr als zwei Monaten bestehen und mindestens viermal im Monat auftreten.

Bereits bei Kindern können sich immer wiederkehrende Bauchschmerzen auf chronische Darmerkrankungen zurückführen lassen. So leiden Schulkinder gelegentlich an Darmentzündungen, Magenschleimhautentzündungen oder Magengeschwüren. In diesem Zusammenhang treten auch Infektionen mit dem Bakterium Helicobacter pylori auf. Eine Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder eine Nahrungsmittelallergie gegen Fremdproteine (Hühner- oder Kuhmilcheiweiß) zeigen sich schon in den ersten Lebensmonaten, wenn beim Übergang von Säuglings- auf Normalkost Nahrungsmittel neu in den Speiseplan aufgenommen werden. Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie eine Lactose- oder Fructose-Intoleranz machen sich dagegen meist erst im Grundschulalter bemerkbar.

Funktionelle Bauchschmerzen Die große Mehrzahl der Kinder mit chronischem Bauchweh ist jedoch organisch gesund. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass sich umso seltener organische Ursachen für die Schmerzen nachweisen lassen, je größer die Kinder sind. Man spricht dann von funktionell bedingten Bauchschmerzen, die sich je nach Lokalisation als Reizmagen oder Reizdarm manifestieren. Häufig sind die Symptome unspezifisch und können selbst von älteren Kindern schlecht beschrieben werden. Auch wenn eine organische Erkrankung fehlt, bilden sich die kleinen Patienten ihre Beschwerden nicht ein.

Man nimmt an, dass bei diesen Bauchwehkindern sehr empfindliche Nerven im Magen-Darm-Trakt existieren. Stress, soziale Probleme oder anderer Seelenkummer schlagen ihnen buchstäblich auf den Magen. Kehren die funktionellen Schmerzen sehr häufig wieder und schränken die normalen Aktivitäten des Kindes ein, kann das Hinzuziehen eines Psychologen sowie das Erlernen von Entspannungsmethoden sinnvoll sein, damit das Grummeln im Bauch nicht zum Dauerbegleiter wird.

Regulationsstörungen Im Säuglingsalter kommt es bei vielen Kindern zu heftigen Schreiattacken gepaart mit Krümmen sowie einem harten, geblähten Bauch. Das stundenlange Weinen, vorzugsweise am frühen Abend, beginnt oft schon in den ersten Lebenswochen, hat seinen Höhepunkt um den dritten oder vierten Lebensmonat herum und endet meist nach einem halben Jahr. Früher sprach man bei diesem Phänomen von Dreimonatskoliken. Man nahm an, dass die Kleinen Bauchschmerzen haben, weil sie beim Trinken zu viel Luft verschlucken, die dann schmerzhafte Blähungen verursachen.

Heute geht man davon aus, dass die Luft im Bauch eher die Folge des Weinens ist und Experten sehen die Schreiattacken nicht als Koliken, sondern als eine Regulationsstörung an. Demnach können die Schreibabys mit den Reizen aus ihrer Umwelt oder dem eigenen Körper noch nicht umgehen. Sie haben noch nicht gelernt, sich selbst zu beruhigen. Typischerweise reagieren sie auch schlecht auf elterliche Beruhigungsversuche und haben Schwierigkeiten, sich an den Schlaf-Wachrhythmus anzupassen. Als oberstes Prinzip für die Eltern gilt, möglichst selber Ruhe zu bewahren. Um das Kind zu beruhigen, können verschiedene Methoden ausprobiert werden.

Beliebt ist der Fliegergriff, bei dem der Säugling auf dem Unterarm des Erwachsenen liegt und herumgetragen wird. Ebenso wirken sanftes Schaukeln, eine Babymassage sowie Körperkontakt beruhigend. Auch ein warmes Bad oder Kirschkernkissen können entspannen, genauso gleichmäßige Hintergrundgeräusche (z. B. Gespräche, Musik) oder Singen rhythmischer Kinderlieder. Eine ruhige Umgebung, ein strukturierter Tagesablauf sowie ausreichender und regelmäßiger Schlaf tagsüber beugen einer Überreizung des Säuglings am Abend vor und unterstützen die Eltern in ihren Beruhigungsversuchen.

In vielen Fällen verschaffen phytotherapeutische Maßnahmen bei Bauchweh verschiedenster Ursache Linderung. In der Kinderheilkunde sind Teeaufgüsse aus spasmolytisch, antiphlogistisch oder carminativ wirkenden Drogen üblich, gerne auch miteinander kombiniert. Beliebte Kombinationen sind Kamillenblüten und Pfefferminzblätter. Ein Klassiker ist zudem ein Tee aus den Früchten von Anis, Fenchel und Kümmel, der sich vor allem bei Blähungen bewährt hat. Auch können ein Öl oder eine Salbe mit Kümmelöl um die Nabelgegend herum einmassiert oder Kümmel-Zäpfchen appliziert werden.

Alternativ lassen Simeticon-Tropfen die Luft aus dem Darm entweichen. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Gabe von Probiotika (z. B. mit Lactobacillen) bei Blähungen und Reizdarm helfen kann. Ältere Kinder profitieren von Fertigpräparaten auf Basis ätherischer Öle. Stillende Mütter sollten ihren Coffeinkonsum einschränken und vorbeugend auf blähende Speisen verzichten. Zudem wird eine aufrechte Position beim Stillen empfohlen und der Säugling sollte nach der Trinkmahlzeit ein Bäuerchen machen. Beim Füttern mit der Flasche kann ein Ventilsauger helfen, unerwünschtes Luftschlucken zu minimieren.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 98.

Gode Chlond, Apothekerin

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