Legt man ihm nicht das Handwerk, richtet das Masernvirus viel Unheil an: Unter anderem lässt er unseren Körper die Abwehr gegen bereits bekannte Erreger vergessen. Die Immunantwort braucht Jahre, bis sie wieder richtig funktioniert. © Design Cells / iStock / Getty Images Plus

Impfen | Studienergebnisse

MASERNVIREN LÖSCHEN GEDÄCHTNIS DES IMMUNSYSTEMS

Wer eine Maserninfektion durchmacht, der ist danach auf Jahre hinaus auch anfälliger für andere Erreger. Wer sich jedoch impfen lässt, für den bleibt dieser Effekt aus.

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Der Impfforscher Michael Mina hatte es bereits in früheren Studien nachgewiesen: Nach überstandenen Masern bleibt das Immunsystem für zwei bis drei Jahre geschwächt. Kinder, die die Infektion überstanden hatten, hatten danach ein erhöhtes Risiko, eine Lungen- oder Gehirnentzündung zu bekommen. Doch was genau dahintersteckte, fand er nicht heraus.

Minas Forschergruppe und ein weiteres Team unter der Immunologin Velislava Petrova wollten jedoch herausfinden, worin dieses Phänomen begründet lag und untersuchten dazu Blutproben von 77 ungeimpften Kindern. Sie kamen schnell zu dem Schluss, dass eine Maserninfektion zahlreiche verschiedene, im Laufe des Lebens gebildete Antikörper zerstört. Das „Gedächtnis“ des Immunsystems, das gegen zahlreiche Erkrankungen den passenden Antikörper gespeichert hat, wird sozusagen gelöscht und muss alles wieder neu lernen – sprich, die Erkrankungen noch einmal durchmachen. Nach einer Maserninfektion erhole sich das Immunsystem lediglich oberflächlich, sagt Klaus Überla, Direktor des Virologischen Institutes am Universitätsklinikum Erlangen. Obwohl sich die Gesamtheit der Abwehrzellen rasch wieder erhole, sei deren Zusammensetzung nach der Infektion verändert, ergänzt sein Kollege Johannes Trück vom Universitäts-Kinderspital Zürich. „Teile des vormals durch Impfungen oder Durchmachen der Erkrankungen gestärkten Immungedächtnisses wurden dabei ausgelöscht und müssen neu aufgebaut werden.“

Für die Forscher belegt dieses Ergebnis die Notwendigkeit, konsequent gegen Masern zu impfen. Zwar geschieht das durch einen Lebensimpfstoff, dennoch führt diese Impfung nicht zu einer Schwächung des Immunsystems. Im Gegenteil: Das Immunsystem von kleinen Kindern wird durch sie gestärkt.

Die Studienergebnisse sind besonders interessant im Zusammenhang mit der Tatsache, dass noch in diesem Jahr eine Impfpflicht für Masern in Kraft treten soll. Sie soll für medizinisches Personal und auch für Schul- und Kindergartenkinder gelten. Bei Schulkindern droht den Eltern ein Bußgeld bis zu 2500 Euro. Die Masernimpfung besteht aus zwei Teilen und wird im Alter zwischen 11 und 14 Monaten sowie zwischen 15 und 23 Monaten verabreicht.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Zeit online

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