Ein behandschuhter Arzt hält in der einen Hand ein Blutprobe-Röhrchen, in der anderen das Modell einer Schilddrüse.
Obwohl im Blut eine ausreichende Konzentration an Schilddrüsenhormonen nachgewiesen werden kann, kommen sie manchmal nicht im Zielorgan an. Damit befasst sich eine neue Forschungsrichtung. © Shidlovski / iStock / Getty Images Plus

Endokrinologie | Analyse

MANGEL AN SCHILDDRÜSENHORMONEN TROTZ GUTER BLUTWERTE

Ob dem Körper ausreichend Schilddrüsenhormone zur Verfügung stehen, zeigen die gemessenen Blutwerte im Rahmen eines angefertigten Blutbildes. Ein neues Forschungsgebiet untersucht nun, was passiert, wenn die Blutanalyse zwar Werte innerhalb des Referenzbereiches liefert, die Hormone ihre Zielorgane aber nicht erreichen.

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„Was wir im Blut finden, entspricht nicht immer der Konzentration und den Effekten in den Endorganen“, sagt Professor Dr. Dagmar Führer-Sakel vom Universitätsklinikum Essen, Sprecherin der Sektion Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Ihre Wirkung können Triiodthyronin und Thyroxin nur dann entfalten, wenn sie auch vom Zielorgan aufgenommen werden. Das neue Sonderforschungsgebiet LocoTact (Local Control of Thyroid Hormone Action) befasst sich mit diesem Zusammenhang. Herz, Leber und Gehirn stehen dabei im Blickpunkt.

Seltene Erkrankungen hätten die Forscher auf dieses Gebiet aufmerksam gemacht, so Führer-Sakel, die selbst Endokrinologin ist. So führt beispielsweise die Erbkrankheit Allan-Herndon-Dudley-Syndrom (AHDS) zu Störungen des Muskelaufbaus und der Motorik sowie zu geistigen Entwicklungsverzögerungen. Grund ist eine Genmutation, durch die Betroffene den Monocarboxylat-Transporter 8 nicht bilden. Dieser Transporter ist aber nötig, um T3 ins Gehirn zu überführen. Bei anderen Erkrankungen gebe es auch Resistenzen einzelner Organe gegen die Schilddrüsenhormone. Führer-Sakel sieht auch einen Zusammenhang bei häufigen Erkrankungen wie Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Fettleber.

Bei dem Projekt LocoTact arbeiten Forscher der Universitäten Lübeck, Leipzig, Duisburg-Essen, der Charité Berlin sowie von Helmholtz- und Leibnitz-Instituten interdisziplinär. In zwölf Jahren soll es Ergebnisse geben, hofft Führer-Sakel: „Dann wollen wir soweit sein, dass wir den Betroffenen, zum Beispiel AHDS-Patienten, eine Perspektive geben können“.

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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