Lebensmittel | Cumarin
MAIBOWLE – DER FRÜHLINGSKLASSIKER
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Auf der Terrasse oder in der Gartenwirtschaft kann man sich abends in den letzten warmen Sonnenstrahlen noch ein kleines Glas Maibowle genehmigen – je nach Mischungsverhältnis und verzehrten Menge der beliebten Wein-Sekt-Bowle kann einen am nächsten Tag aber schon einmal ein Kater plagen. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen und Schwindel können aber auch andere Ursachen haben. Es handelt sich ebenso um typische Anzeichen einer Cumarin-Vergiftung. Der aromatische sekundäre Pflanzeninhaltsstoff findet sich außer in Waldmeister auch noch in Gelbem Steinklee, Zimtsorten oder einigen Gräsern. Er sorgt für den typischen Waldmeisterduft und den würzigen Geruch von Heu, dient der Pflanze aber auch als Fraßschutz. Wird Cumarin in größeren Mengen aufgenommen, treten die genannten Vergiftungssymptome auf, noch höhere Dosen können zu Lähmungserscheinungen, Koma und Atemstillstand führen. Dafür muss aber sehr viel verzehrt werden, die tolerierte Tagesdosis beträgt 0,1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.
Entwarnung für die Mai-Bowle
In allen Rezepten wird auf die Toxizität und damit den Umgang mit der Pflanze hingewiesen. Allerdings ist das Cumarin in den maximal drei Gramm Waldmeister, die zugesetzt werden, so gering dosiert, dass keinerlei Risiko für eine Vergiftung besteht. Man kann also getrost ein paar Gläser der Bowle genießen ohne gesundheitliche Schäden zu befürchten – auftretende Nebenwirkungen sind dann eher dem Alkohol zuzuschreiben. Waldmeisterhaltige Lebensmittel, die im Supermarkt zu kaufen sind, enthalten zudem lediglich Aromen, die nach Waldmeister riechen. Solche Ersatzstoffe sind beispielsweise Cumarsäure oder 6-Methyl-Cumarin. Ist echter Waldmeister zugesetzt, darf dieser maximale Konzentrationen von zwei bis zehn Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel nicht überschreiten.
Waldmeister und Phenprocoumon?
In den 40er Jahren sind immer wieder kranke Kühe aufgefallen, die nach Fütterung von Silage oder gelagertem Heu Magenblutungen bekamen und daraufhin starben. So beginnt die Geschichte der Entdeckung der Cumarin-Derivate. Bei einer unsachgemäßen Lagerung von Heu oder Grasschnitt im Silo kann es zu einem Pilzbefall cumarinhaltiger Gräser oder Klee kommen. Dadurch bilden sich Bis-Hydroxycumarine – Vitamin K-Antagonisten, die die Bildung der Blutgerinnungsfaktoren II, VII, IX und X hemmen. 1954 wurde dann das erste Antikoagulans Warfarin zur Bekämpfung von Blutgerinnungsstörungen zugelassen. Im Gegensatz zu Phenprocoumon und Warfarin besitzt Cumarin keine Vitamin-K-antagonistische Wirkung. Das bedeutet, auch ein Patient, der auf einen Vitamin K-Antagonisten eingestellt ist, kann sorgenfrei ein Gläschen Maibowle genießen. Er sollte jedoch auf den Alkoholgehalt achten. Bei größeren Mengen oder häufigem Genuss kann Alkohol die Wirkung von Phenprocoumon abschwächen – dadurch steigt die Thrombosegefahr. Es gibt aber auch leckere Varianten ohne Promille.
Mit und ohne Alkohol
Die Waldmeisterzeit ist kurz. Die Blütezeit reicht von Mitte April bis Anfang Mai, in dieser Zeit sollte er kurz über der Erde abgeschnitten werden. Bei der Ernte sind die Stängel allerdings noch geruchlos. Da der Waldmeister erst beim Welken sein volles Aroma entwickelt, sollte man ihn am besten in Bündel gebunden an einem schattigen Ort welken lassen. Wir haben zwei Rezepte rausgesucht, einmal den Klassiker und einmal eine erfrischende alkoholfreie Alternative – Prost!
Der Klassiker
- 5 Stängel, maximal 3 Gramm, Waldmeister
- nach Geschmack Minze oder Zitronenmelisse
- eine halbe Flasche Wein
- eine halbe Flasche Sekt
- nach Geschmack Zucker
- Zitronen- oder Erdbeerscheiben zur Dekoration
Den Zucker in Wein auflösen. Kräuter bündeln und kopfüber in Wein hängen (Schnittstellen sollten nicht in die Bowle gelangen). Nach 35 bis 45 Minuten Bündel entfernen. Den aromatisierten Wein kaltstellen und kurz vor dem Servieren mit Sekt vermischen und Zitronenscheiben dazugeben. Keine Eiswürfel verwenden, diese nehmen das Waldmeister-Aroma.
Der Alkoholfreie
- 1 Liter Mineralwasser oder Apfelsaft
- Saft einer Zitrone - Zitronenscheiben
- Ein Bündel Waldmeister (ungefähr 10 Stängel, maximal 3 Gramm)
- 5 Esslöffel Waldmeistersirup oder Honig
Das Waldmeisterbündel für eine Stunde in das Mineralwasser oder den Saft hängen, danach entfernen. Sirup oder Honig und Zitronensaft dazugeben und alles vermischen. Kalt stellen und kurz vor dem Servieren mit Zitronenscheiben verzieren.
Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin
Quelle: https://www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Waldmeister.html
http://www.chemieunterricht.de/dc2/tip/05_00.htm
http://www.ernaehrung-fuer-gesundheit.de/Marcumar.html
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