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Repetitorium

MÄNNERKRANKHEITEN – TEIL 2

Sie ist nur etwa vier Zentimeter groß – wie eine Kastanie – und kann doch große Probleme bereiten. Bei jedem zweiten Mann ab 50 Jahren treten Prostatabeschwerden auf. Mit Problemen beim Wasserlassen fängt es meistens an.

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Dieses Organ, das nur Männer haben, wiegt in jungen, gesunden Jahren ungefähr 20 Gramm. Mit zunehmendem Alter steigt das Gewicht, kann sich sogar verfünffachen. Das ist erst einmal nicht weiter schlimm. Treten allerdings Beschwerden auf, kann die gutartige Vergrößerung medikamentös oder operativ behandelt werden. Einem Großteil der älteren Männer bereitet die wachsende Drüse früher oder später Probleme. Die Prostata kann sich aber auch entzünden und dadurch im gesamten Bauchbereich zu Beschwerden führen. Wie sehen die Behandlungsmöglichkeiten aus und warum bereitet diese kleine, kastaniengroße Drüse so vielen Männern Probleme? In diesem Teil des Repetitoriums widmen wir uns ganz der Prostata.

Ohne Prostata kein Nachwuchs Sie liegt unterhalb der Harnblase, umschließt die Harnröhre und steht damit der Blase vor, daher der deutsche Name Vorsteherdrüse. An der Rückseite grenzt sie an den Enddarm. Als exokrine Drüse liegt ihre Hauptaufgabe in der Bildung von Sekreten. Setzt die Geschlechtsreife ein, wächst und entwickelt sich die Prostata unter dem Einfluss von Dihydrotestosteron. Sie produziert eine milchig-trübe Flüssigkeit, die leicht sauer reagiert und fast 30 Prozent des Ejakulats ausmacht. Verschiedene Stoffe ermöglichen den Spermien ein optimales Transport-Milieu auf ihrem Weg zur Eizelle.

Dazu zählen beispielsweise die saure Phosphatase, Aminosäuren und das Prostataspezifische Antigen (PSA). Zusammen fördern sie auf unterschiedliche Weise die Beweglichkeit der Spermien. Das ebenfalls enthaltene Spermin, ein langkettiges Polykation, schützt die DNA der Spermien. Das Prostatasekret bestimmt daher maßgeblich die Zeugungsfähigkeit eines Mannes. Bei einer Ejakulation ziehen sich die Muskeln der Prostata zusammen und pressen das Gemisch aus den Ausführungsgängen der Drüse in die Harnröhre – ähnlich einem Schwamm, der zusammengedrückt wird. Dieser Vorgang wird Emission genannt. Zeitgleich werden die in den Samenblasen produzierten Sekrete und die Spermien in die Harnröhre eingebracht – Harn- und Samenwege laufen bei der Prostata zusammen.

Die miteinander vereinten Flüssigkeiten können jetzt als Samenerguss mit Hilfe der Schwellkörper aus der Harnröhre gepumpt werden. Dabei verhindert die zusammengezogene Prostata ein Zurücklaufen des Spermas in die Harnblase. Beim Wasserlassen verhindert sie im Umkehrschluss zusammen mit der Muskulatur der Blase, dass Urin in die Spritzkanälchen und die Ausführungsgänge der Drüse eindringen kann. Hormonellen Tätigkeiten kommt die Prostata ebenfalls nach und wandelt Testosteron in seine biologisch aktive Form Dihydrotestosteron um. Die kleine Drüse übernimmt viele Aufgaben – umso größer sind die Probleme, die bei einer Funktionsstörung auftreten können.

Im Alter ärgert sie oft mehr als sie nützt Diesen Satz unterschreiben bestimmt einige Männer ab 50. Das häufigste Problem: eine vergrößerte Prostata. Oder im Fachjargon: eine benigne Prostatahyperplasie (BPH). Was mit zunehmendem Alter normal ist, kann unter Umständen zu Problemen führen. Denn häufig vergrößern sich genau die Teile der Drüse, die die Harnröhre umgeben. Dadurch wird die Harnröhre abgedrückt und das Wasserlassen beeinträchtigt. Betroffene berichten dann von häufigem Harndrang (auch nachts), Startschwierigkeiten beim Wasserlassen, tröpfelndem Urinstrahl (als würde man auf einem Schlauch stehen) oder dem Gefühl einer unvollständigen Entleerung.

Es muss nicht zwangsläufig eine vergrößerte Prostata hinter den Symptomen stecken, auch eine Blasenentleerungsstörung, beginnende Inkontinenz oder eine Tumorerkrankung kann Grund für die Beschwerden sein – ein Besuch beim Urologen lohnt sich also allemal. Die Nähe zum Enddarm erleichtert die Untersuchung – durch Abtasten und mit Hilfe eines rektalen Ultraschalls kann die Größe der Drüse ermittelt werden. Auch Harnblase und Nieren werden geschallt, um andere Erkrankungen auszuschließen und die Blase auf Restharn zu untersuchen.

Bei der Uroflowmetrie, das ist der Fachbegriff für eine Harnstrahlmessung, kann genau geschaut werden, ob eine etwaige Prostatavergrößerung für die Beschwerden verantwortlich ist oder die Blasenmuskulatur nicht richtig funktioniert. Aber warum vergrößert sich die Prostata überhaupt? So genau weiß man das noch nicht. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist zwar bekannt, dass die gutartige Vergrößerung mit dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron zusammenhängt – denn kastrierte Männer entwickeln keine BPH – aber die Blutspiegel hängen nicht direkt mit dem Zellwachstum, besser gesagt mit der ausbleibenden Apoptose der Zellen, zusammen.

Zumal Dihydrotestosteron eigentlich die Drüsenfunktion und deren Wachstum stimulieren. Da die biologisch aktive Form mittels 5-alpha-Reduktase aus Testosteron gebildet wird, stellt diese Reaktion aktuell das beste Angriffsziel für eine Therapie dar. Finasterid und Dutasterid, aus der Gruppe der 5-alpha-Reduktasehemmer, hemmen das Enzym kompetitiv und damit die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron. Es sind die einzigen Wirkstoffe, die weiteres Wachstum verhindern und die Prostata sogar verkleinern können.

Der maximale Therapieeffekt tritt nach sechs bis zwölf Monaten ein. Schnellere Wirkung zeigen die alpha-1-Blocker Alfuzosin, Doxazosin, Tamsulosin und Terazosin. Diese Gruppe wirkt allerdings nicht direkt auf die Prostata, sondern führt dazu, dass sich die glatte Muskulatur in der Drüse und im Blasenhals entspannt. Sie lindern also lediglich die Symptome: Der Harnfluss steigt, die Blase kann sich besser entleeren. In der Monotherapie werden die Mittel vor allem bei Patienten mit geringem Risiko für eine Verschlimmerung eingesetzt.

Eine Kombination mit 5-alpha-Reduktasehemmern ist möglich und wird häufig praktiziert, um die Zeit bis zum Wirkeintritt von Finasterid und Dutasterid zu überbrücken. Danach werden die alpha-Blocker häufig abgesetzt, um das Risiko für Nebenwirkungen nicht unnötig zu verstärken. Die unerwünschten Wirkungen (zum Beispiel verminderte Libido, Impotenz, Erektionsstörung, Brustvergrößerung) tragen häufig dazu bei, dass einige Betroffene eine Ausweichtherapie wünschen. Zudem sind die 5-alpha-Reduktasehemmer Substrat des CYP3A4-Komplexes und bieten somit Interaktionspotenzial mit anderen Medikamenten.

IPSS

Der International Prostate Symptom Score dient als Diagnoseinstrument zum Abklären von Prostatabeschwerden beziehungsweise Problemen beim Wasserlassen. Mit Hilfe von acht standardisierten Fragen kann sich der Urologe ein Bild von den Symptomen und deren Schweregrad machen. Es wird unter anderem die Häufigkeit eines Restharngefühls oder nächtlichen Harndrangs sowie die Stärke des Urinstrahls abgefragt. Den vollständigen Test finden Sie hier: www.urologenportal.de/fileadmin/MDB/PDF/Ipss.pdf. Ebenso wichtig für eine anschließende Behandlung ist die Einschätzung des Patienten, inwieweit die Beschwerden seine Lebensqualität beeinträchtigen. Betroffene mit IPPS-Score unter acht Punkten erhalten erst einmal keine aktive Behandlung. In regelmäßigen Kontrollen wird die Situation immer wieder neu eingeschätzt und gegebenenfalls eingegriffen.

Phytopharmaka bei BPH Vor allem bei leichten Beschwerden greifen viele erst einmal zu Phytopharmaka. Zugelassene Präparate werden allesamt traditionell bei BPH eingesetzt. Ethanolische Auszüge der Sägepalme enthalten vorrangig freie, ungesättigte Fettsäuren und Phytosterole wie beta-Sitosterol. Neben entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften konnten hemmende Effekte auf die 5-alpha-Reduktase nachgewiesen werden. Kürbissamen weisen einen hohen Linolsäuregehalt auf, Tocopherole sowie Phytosterole.

Letztere verhindern die Bindung von Dihydrotestosteron an dessen Rezeptor und damit die Vergrößerung der Drüse – laut experimenteller Studien. Die Wirksamkeit gegenüber Placebo konnte allerdings nur für einen auf dem Markt befindlichen Extrakt gezeigt werden. Die Brennnessel hat eine lange Tradition als Arzneipflanze, so werden wässrig-ethanolische Auszüge, die Phytosterole, Triterpensäuren, Lignane, Polysaccharide und einfache Phenolverbindungen enthalten, auch bei BHP eingesetzt.

Obwohl zahlreiche In-vitro-Untersuchungen und tierexperimentelle Studien durchgeführt wurden, in denen eine 5-alpha-Reduktase-Hemmung, eine immunmodulierende Aktivität und eine Reduktion des Prostatavolumens gezeigt werden konnten, sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Präparate insgesamt widersprüchlich. Pflanzliche Arzneimittel stellen daher gerade zu Beginn eine nebenwirkungsarme und gut verträgliche Option dar. Eine Überlegenheit gegenüber den klassischen Substanzen kann ihnen allerdings nicht zugesprochen werden – zu heterogen und widersprüchlich ist die Datenlage. Daher wird der Urologe bei stärkeren Beschwerden zu einem klassischen, chemischen Präparat raten.

FINASTERID

In geringerer Dosierung wird Finasterid auch zur Behandlung von androgenbedingtem, erblichen Haarausfall eingesetzt. Man geht davon aus, dass Dihydrotestosteron (DHT) die Wachstumsphase der Haarfollikel beeinträchtigt. Durch die 5-alpha- Reduktase-Hemmung wird weniger DHT gebildet und die Anagenphase der Follikel verlängert. Dieser Effekt hält allerdings nur so lange an, wie der Wirkstoffe eingenommen wird. Ein Rote-Hand-Brief von Juli 2018 weist darauf hin, dass es unter der Behandlung zu sexueller Dysfunktion und psychischen Störungen kommen kann. Die Anwendung von Finasterid bei Haarausfall wurde wegen dieser Problematik und wegen gemeldeter Fälle von Brustkrebs vielfach diskutiert.

Besser raus damit Hilft das alles nichts oder verschlechtert sich die Nierenfunktion, bilden sich Blasensteine oder findet sich Blut im Urin, wird der Urologe zu einer Operation raten. Als Goldstandard gilt hier die TURP, die transurethrale Resektion der Prostata. Über die Harnröhre führt der Operateur ein Instrument bis zur vergrößerten Prostata ein. Mit Hilfe einer kleinen Kamera kann er den Teil der Drüse lokalisieren, der die Harnröhre einengt und ihn mit einer elektrischen Schlinge entfernen. Währenddessen werden Instrument und Harnröhre mit einer elektrolytfreien Flüssigkeit umspült.

Gelangt diese in den Blutkreislauf kann es aufgrund einer Elektrolytverschiebung zu Kreislaufstörungen mit Übelkeit und Verwirrtheit kommen. Diese gefürchtete Komplikation wird als TUR-Syndrom bezeichnet, tritt aber sehr selten auf. Man kann aber auch Laser verwenden. Dabei wird das Gewebe nahezu blutungsfrei entfernt, noch im Körper zerteilt und die Gewebereste abgesaugt. Im Anschluss fällt allerdings auch kein Zellmaterial für Untersuchungen an – ein bösartiger Tumor sollte daher zuvor sicher ausgeschlossen werden. Von Vorteil ist, dass Kochsalzlösung zum Spülen verwendet werden kann. Die HoLEP – Holmium Laser Enukleation der Prostata – hat sich neben der TURP als Goldstandard bewährt.

Noch junge Verfahren kommen ohne mechanische Gewebeentfernung aus. So können spezielle Implantate eine verengte Harnröhre offenhalten – ähnlich einem Stent in einer verschlossenen Arterie. Ein weiteres Verfahren erinnert ebenfalls an einen kardiologischen Eingriff: Bei der Prostata- Arterien-Embolisation (PAE) wird ein Schlauch in die Gefäße der Leistengegend geschoben, die für die Blutversorgung der Prostata zuständig sind. Mit Hilfe des Instruments werden kleine Kügelchen in die Gefäße gespritzt, die zum Gefäßverschluss führen und damit zum Absterben des Gewebes – das Drüsengewebe baut sich narbig ab und die Prostata schrumpft.

Nicht vergrößert, dafür entzündet Eine Prostatitis kann eine schmerzhafte Erfahrung sein. Denn aufgrund ihrer Lage kann es zu Beschwerden im gesamten Unterleib kommen: Druckgefühl in der Nähe des Afters, Unterbauchschmerzen, Rückenschmerzen, häufiger Harndrang mit nur geringen Mengen Urin oder Störungen der Sexualfunktion wie beispielsweise Schmerzen beim Samenerguss. Akute Infektionen gehen zudem mit Fieber und Schüttelfrost einher. Dahinter können Bakterien wie E. coli stecken, die auch im Darm vorkommen, aber auch Klebsiellen oder Enterokokken. Die Erreger gelangen über die Harnröhre zur Prostata und lösen dort eine Immunreaktion aus.

Oder sie wandern von zuvor entzündeten Nebenhoden oder Samenbläschen zur Vorsteherdrüse. Bei chronischen Verlaufsformen ist die Ursache oftmals unbekannt. Aber auch hier können Bakterien die Übeltäter sein, zum Beispiel Chlamydien, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden und zur Prostata aufsteigen können. Der Arzt tastet die Prostata ab, die häufig geschwollen ist, und führt einen Ultraschall durch – unter Umständen vom gesamten Beckenbereich. Im Blut sind die Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP) erhöht, auch der PSA-Wert steigt an. Letzterer gilt als Prostata- spezifischer Marker, bei einer Erhöhung sollten weitere Untersuchungen erfolgen.

Sein Nutzen als Tumormarker für Prostatakarzinome wird immer wieder hinterfragt und die Aussagekraft diskutiert. Im letzten Repetitoriumteil wird auf diese Problematik eingegangen sowie Vorsorgeuntersuchungen und Krebserkrankungen eingehend besprochen. Neben Blut untersucht ein Labor auch Urin- und Spermaproben. Häufig finden sich Blut-, Entzündungs- und Schleim- hautzellen, gegebenenfalls können Erreger-Kulturen angelegt und ein Antibiogramm erstellt werden. Bei akuten Infekten erhalten Betroffene Antibiotika und die Beschwerden klingen in der Regel schnell ab. Es kann sich aber auch eine chronische Infektion entwickeln.

Davon spricht man, wenn die Beschwerden mindestens drei Monate lang vorliegen, wobei die Symptomatik meist unspezifisch ist und nicht so stark ausfällt. Nach Erregerbestimmung wird eine gezielte Antibiose eingeleitet, die über vier bis sechs Wochen gegeben wird, zusammen mit schmerz- und entzündungshemmenden sowie krampflösenden Mitteln. Nicht immer können Bakterien nachgewiesen werden – die Ursachen des chronischen Beckenschmerzsyndroms sind noch unklar. Betroffene werden immer wieder mit den gleichen Beschwerden vorstellig, manchmal sind auch einige Entzündungsparameter erhöht, aber ein Grund lässt sich nicht feststellen.

Es werden Infektionen, Erbanlagen, Veränderungen von Nerven und Muskeln, Erkrankungen des Immunsystems oder psychosomatische Ursachen diskutiert. Der Leidensdruck dieser Männer ist groß. Im gesamten Beckenbereich können Schmerzen, Brennen oder Druckgefühle auftreten, die sich auf das Sexualverhalten, den Stuhlgang oder das Wasserlassen auswirken. Häufig stellen sich Ängste oder Depressionen ein. Die Therapie ist daher ebenso multimodal: Physiotherapie, Verhaltenstherapie, Nervenstimulation, alternative Heilmethoden (zum Beispiel Akkupunktur) oder Medikamente können einzeln oder in Kombination angewendet werden. Als Wirkstoffe kommen dabei vor allem nichtsteroidale Antirheumatika, Cortison und Alpha-Blocker infrage, um die Symptome zu mildern und die Lebensqualität zu verbessern. Hilft alles nichts, können operative Eingriffe wie die TURP diskutiert werden, um krankhaftes Gewebe dauerhaft zu entfernen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 86.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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