PKA-Fortbildung 09 - 10/2014
LAGERUNG
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Sicherlich ist die kaufmännische Grundregel „Im Einkauf liegt der Gewinn“ bekannt, was in der Apotheke nur mittels einer exzellenten Warenbewirtschaftung realisiert werden kann. Doch unabhängig davon, dass die Verantwortung für den betriebswirtschaftlichen Erfolg letztlich die Apothekenleitung beziehungsweise der Apothekeninhaber trägt, benötigt es effizient arbeitender, wirtschaftlich geschulter Zuarbeiter/ Mitarbeiter an der Basis.
Große Lieferfähigkeit – kleines Lager Die so wichtige Lagerhaltung hat dabei Ziele, die zum Teil miteinander im Widerspruch stehen: Zum einen soll das Warenlager möglichst geringe Kosten verursachen. Ein kleineres Lager bindet weniger Kapital, das Risiko von Verlusten durch Verfall, Verderbnis, Unverkäuflichkeit, Diebstahl oder Zerstörung durch höhere Gewalt ist niedriger. Andererseits soll es eine sehr hohe Quote direkter Lieferfähigkeit für den Kunden gewährleisten. Dies ist ein unmittelbarer Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzapotheken, die nicht sofort liefern können. Eine höhere Kundenzufriedenheit, womöglich neue Stammkunden und gleichzeitig Imagewerbung sind positive Folgen.
Zu guter Letzt ist es Aufgabe unseres Apothekensystems, dass Patienten bei dringendem Bedarf wirklich schnell versorgt werden können. Auftrag einer guten Warenhaltung ist es, zwischen diesen Zielen einen Kompromiss zu finden – die Lagerhaltung zu optimieren. Denn keine Apotheke kann es sich aus Raum- und Kostengründen leisten, jeden Kundenwunsch zu erfüllen. Je genauer jedoch der Markt analysiert wird , umso gezielter ist es möglich, sich mit eingeschränktem Einkaufsvolumen und verminderter Lagerhaltung auf das Gros der Kunden einzustellen.
Mindestlagermenge und DefektquoteMit Ersterem soll die Lieferbereitschaft in der Zeit zwischen Auslösung einer Bestellung und dem Eintreffen der neuen Ware sichergestellt sein. Bei Großhandelsbestellungen ist dies nur ein Zeitraum von wenigen Stunden, anders sieht dies bei Lagerung Direktbestellungen aus, wo Tage dazwischen liegen können.
Um das Warenlager zu optimieren, sollte das gesamte Apothekenteam angehalten sein, die Zahl sowie Produkte von nicht erfüllten Kundenwünschen ins jeweilige Apotheken-EDV-System einzuspeisen. Je nach Software-Anbieter wird dies als „Nein-Verkauf“, „Nicht-Verkauf“ in der EDV-Maske eingegeben. Werden die Defekte, also Kundennachfragen ohne vorrätigen Artikel, nicht belieferte Rezepte, nicht erfüllte Kundenwünsche dann ins Verhältnis zur Gesamtkundenzahl gesetzt, ergibt sich die Defektquote – eine wichtige Kennzahl.
Liegt diese zu hoch, verliert die Apotheke möglicherweise Kunden. Wird die sofortige Lieferfähigkeit andererseits zu stark ausgebaut, erhöhen sich die Lagerkosten überproportional, was sich negativ auf den Gewinn auswirkt. Um die Mindestlagermengen angemessen festzulegen, kann es auch sehr sinnvoll sein, den Defekt von Produkten gezielt zu erfassen, die normalerweise vorrätig sind, aber – aus welchen Gründen auch immer – derzeit „vergriffen“ sind. Nur eine konsequente, nutzenorientierte Produktauswahl für alle relevanten Indikationsbereiche hilft, mit einem begrenzten Vorrat dennoch keine Kundeneinbußen durch Defekte zu verzeichnen.
Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass durch eine aktive Produktauswahl eine sinnvolle Lageroptimierung mit einem Servicegrad von etwa 90 bis 95 Prozent erreicht werden kann – trotz Rabattverträgen!
Die Wareneinsatzkennziffer Eine sehr aussagekräftige Kennziffer ist der Wareneinsatz (WES). Er ist auch wertmäßig die größte Aufwandsposition der Apotheke. Er bestimmt den Rohertrag und damit die Wirtschaftlichkeit. Der WES widerspiegelt den Wert der in einem bestimmten Zeitraum verkauften Ware zu Einstandspreisen, also abzüglich Rabatte, Skonti oder Nebenkosten der Beschaffung. Es gilt:
Wareneinsatz-Kennziffer (WES-Quote) = Wareneinsatz : Warenumsatz x 100
Erlöse – Wareneinsatz = Rohertrag
Wichtig ist der Wareneinsatz in Relation zum erzielten Umsatz. Für Controlling, Betriebsvergleiche etc. wird deshalb die WES-Quote verwendet. Tatsächlich prägen steigende Wareneinsätze seit Jahren die wirtschaftliche Situation der Apotheken. Lag die WES-Quote im Jahr 1970 noch im Durchschnitt bei 60,1 Prozent, so stieg sie bis 2012 auf durchschnittlich 76,8 Prozent an. Mit den Veränderungen in 2013 (Fixaufschlagserhöhung, GKV-Abschlagsabsenkung, Einführung der Preiskomponente für den Notdienstfonds) wurde der Anstieg der WES-Quote gestoppt – die WES-Quote der Apotheken reduzierte sich um durchschnittlich ein bis zwei Prozent.
KONZENTRATION AUFS WESENTLICHE
Statistische Auswertungen sind mit den EDV-Warenwirtschaftssystemen heutzutage leicht zu erstellen. Alle eingescannten beziehungsweise eingegebenen Daten können nach bestimmten Kriterien geordnet und sortiert werden. Allerdings gilt es die Statistikgläubigkeit nicht auf die Spitze zu treiben. Wirklich sinnvolle Maßnahmen sollten allerdings regelmäßig durchgeführt werden. Hierzu zählen als typische PKA-Arbeiten auf jeden Fall die eigenständige, regelmäßige Verfalldatenkontrolle, Langsamdreheranalyse, die Erstellung einer Ladenhüterliste, Retourenvorschläge bei Langsamdrehern sowie Schnelldreheranalyse mit Nachfülllisten-Erstellung. Die Apothekenleitung freut sich über mitdenkende PKA
Einfluss auf diese Wareneinsatzkennziffer haben primär die Absatzfaktoren. Dies sind im Wesentlichen: Umsätze mit den gesetzlichen Krankenkassen führen wegen des Zwangsrabatts zu einer schlechteren Spanne als Umsätze mit Privatrezepten. Umsätze mit apothekenexklusiven Produkten sorgen meist für höhere Spannen. Auch bringen Umsätze in der Sichtwahl häufig höhere Spannen als Umsätze im preisaktiv angebotenen Freiwahlbereich (Ausnahme Kosmetik).
Verfall, Bruch, Diebstahl, Schwund, ein zu hoher Servicegrad (mit vielen Langsamdrehern in Relation zu Schnelldrehern), Lagerwertverluste durch neue Festbeträge beziehungsweise Festbetragsanpassungen nach unten sowie schlechtere Einkaufskonditionen bei Großhandel und Industrie sind bekannte negative Einflussfaktoren auf die WES-Quote. Unabhängig von rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen beschränkt auch die apothekenrechtliche Vorschrift (§15 Apothekenbetriebsordnung), in bestimmten Indikationsgruppen mindestens den Medikamentenbedarf für einen durchschnittlichen Wochenbedarf vorrätig zu halten.
Der Lagerumschlag Der Warenumschlag ist als betriebswirtschaftliche Kenngröße immens wichtig, ist er doch schließlich ein Indiz für die richtige Auswahl und Menge der eingekauften Artikel. Für einzelne Produkte wird sie wie folgt ermittelt: Jährlich umgesetzte Stückzahl : Durchschnittlicher Lagerbestand = Lagerumschlagsgeschwindigkeit Die Lagerumschlagsgeschwindigkeit gibt also an, wie oft der durchschnittliche Lagerbestand innerhalb eines Jahres verkauft wird. Damit gibt die Lagerumschlagsgeschwindigkeit in nur einer Zahl ein aussagekräftiges Bild des Bestellverhaltens im Verhältnis zum Umsatz des entsprechenden Produkts. B
ei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sind Lagerumschlagsgeschwindigkeiten von 12 bis 14 gut zu erreichen. Bei Sichtwahlartikeln sind dagegen 6 bis 8 realistisch, weil hier viele Produkte oft in größeren Mengen direkt beim Hersteller eingekauft werden. Obwohl viel für das Randsortiment getrommelt wird, ist die Umschlagshäufigkeit der überwiegenden Zahl dieser Artikel mit etwa drei bis fünf unterdurchschnittlich. Niedrige Werte zeigen eine starke Kapitalbindung im Lager an und sind deshalb betriebswirtschaftlich nachteilig.
Der Einkauf Die Sicherung der Einkaufskonditionen (Verhandlung, Vorgabe von Eckwerten für die Mitarbeiter im Backoffice, Controlling) liegt, nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für den Rohertrag weitgehend im Aufgabenbereich des Apothekenmanagements. Hier sollte seitens der PKA aber durchaus aktiv der seitens der Leitung gewährte Handlungsspielraum abgefragt werden. Klar gilt: Rabatte sind immer individuell und hängen von der Verhandlungsstrategie, dem Verhandlungsgeschick und vielen weiteren Faktoren ab.
Tatsächlich erfolgen heute 85 bis 95 Prozent des Wareneinkaufs über den Großhandel. Der Nutzen liegt in der effizienteren Gestaltung der Arbeitsprozesse in der Apotheke. Direkteinkauf ermöglicht zwar meist bessere Einkaufskonditionen, ist aber mit höheren Handlingskosten und höherer Kapitalbindung im Warenlager verbunden. Direkteinkauf sollte deshalb erst ab einer bestimmten Größenordnung genutzt werden.
Als Faustregel kann gelten: Wert der Einzellieferung ist mindestens 200 Euro, für Sortimente des OTC-Bereichs muss ein Mindestrabatt von 20 Prozent „raus springen“, außerdem Mindestvaluta bis mindestens die Hälfte der Ware verkauft ist. Marketingunterstützende Maßnahmen des Herstellers, etwa Kundenbroschüren, Handzettel, Plakate, Warenproben oder Werbekostenzuschüsse können ein weiteres Direkteinkaufskriterium sein. Die Konzentration auf möglichst wenige Lieferanten ist heute beim Wareneinkauf ohnehin ein „Muss“.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/14 ab Seite 64.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin