Bisher wurden Vitamin-A-Säure-Derivate auf Muster-16-Rezepten verordnet. Für Frauen könnte sich das bald ändern. © kaarsten / iStock / Getty Images Plus

Arzneimittelverschreibungsverordnung | Retinoide

KOMMT JETZT DAS T-REZEPT FÜR FRAUEN?

Im Fall einer Frau im gebärfähigen Alter dürfen orale Retinoide nur dann abgegeben werden, wenn der Bedarf 30 Tage nicht überschreitet und das Rezept nicht älter als sechs Tage plus Ausstellungsdatum ist. Aber warum wird es dann auf einem Muster-16-Rezept verordnet?

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„T“ steht für teratogen. Auf dem Sonderrezept dürfen nur Thalidomid, die Leitsubstanz dieser besonderen Arzneistoffgruppe und Lenalidomid sowie Pomalidomid stehen. Beziehungsweise diese drei Stoffe müssen auf einem T-Rezept, andere Arzneimittel wiederum dürfen nicht auf diesem mehrteiligen Formular verordnet werden. Ändert sich das bald? Die ABDA befürwortet zumindest eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) im Punkt retinoidhaltige Arzneimittel. Ein Sonderformular soll her – analog dem T-Rezept.

Und der Ansatz kommt nicht von ungefähr, denn orale Retinoide gehören ebenso wie Thalidomid und Co. zu den teratogenen Substanzen und werden nur unter Einhaltung bestimmter Bedingungen an Frauen im gebärfähigen Alter abgegeben (Männer sind unproblematisch):

  • Eine Schwangerschaft für den Einnahmezeitraum muss ausgeschlossen werden,
  • ein Therapiebedarf von 30 Tagen muss eingehalten werden,
  • das Rezept muss innerhalb von sieben Tagen (6+1) in der Apotheke eingelöst werden.

Das gilt für die Vitamin-A-Säure-Derivate Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Bislang galt für ihre Verschreibung, dass jeder Fall sorgfältig durch die Apotheke geprüft werden musste, bevor eine Abgabe erfolgte. Doch die ABDA schließt nicht aus, dass es im Einzelfall trotzdem arzneimittelrechtliche Sonderregelungen gebe. Diese könnten vermieden werden, wenn Sonderrezepte verwendet werden, die besondere Aufmerksamkeit fänden. Weiter erklärt die ABDA: „Wir regen an, zu überprüfen, ob für die Verordnung retinoidhaltiger Verschreibungen die Verordnung auf einem Sonderformular erfolgen kann, das sich im Grundsatz an den inhaltlichen Vorgaben für das T-Rezept nach § 3a AMVV orientieren könnte.“ Nach Ansicht der ABDA hätte dies direkt zwei Vorteile: Zum einen würde die Arzneimittelsicherheit gestärkt, zum anderen der Apotheke Sicherheit gegenüber Retax geben.
Die ABDA kritisiert außerdem einen bereits länger diskutierten Punkt: Wann ist eine Frau im gebärfähigen Alter? Die für Acitretin, Alitretionin und Isotretionin bestehenden Kontraindikationen in der Schwangerschaft werden bisher so gelöst, dass „Risiko-Patientinnen“ während der Einnahme zur Behandlung von Hauterkrankungen alle 30 Tage einen Schwangerschaftstest beim Arzt durchführen und eine effektive Verhütungsmaßnahme vornehmen – und das auch noch fünf Wochen nach Beendigung der Therapie. Was ist nun aber mit sehr jungen Frauen vor der Pubertät, Frauen im mittleren Alter oder Frauen, die aufgrund ihrer Konstitution nicht gebärfähig, aber im passenden Alter sind – dürfen diese dann doch mehr als den 30-Tage-Bedarf erhalten? Die ABDA kritisiert daher das Anknüpfen von Sonderregelungen an das gebärfähige Alter und eine Höchstmengenverordnung. „Wir regen daher an, zumindest in der Verordnungsbegründung klarstellende Kriterien zu nennen, die die Feststellung des Tatbestandsmerkmals des gebärfähigen Alters objektivierbar ermöglichen“, schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Auch das Retaxrisiko steige durch derartige Sonderregelungen: „Über die Klärung dieser Frage, die der Arzt im Rahmen seiner Behandlung vorzunehmen hat, könnte bei der Verwendung eines Sonderrezepts eine entsprechende obligatorische Kennzeichnung durch den Arzt verankert werden, die für die Belieferung der Verschreibung durch die Apotheke die erforderliche Rechtssicherheit geben könnte.“

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quell: Apotheke adhoc

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