Klimawandel | Konsum
BEIM ESSEN DIE WELT RETTEN
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Selten fliegen, öfter mal das Auto stehen lassen, sparsam mit Wasser umgehen - diese Tipps zur Reduzierung des eigenen CO2-Fußabdrucks sind weithin bekannt, aber nicht immer leicht umzusetzen. Noch unübersichtlicher wird es, wenn es um das Thema Ernährung geht. Lässt sich mit Essen das Klima schützen?
Wenn man Essen aus Klimaschutzperspektive betrachten möchte, lautet die Losung „weniger Tier, mehr Bio“. Auf diesen Nenner bringt es Michael Bilharz vom Umweltbundesamt. „Wir sollten definitiv weniger Fleisch essen“, meint auch Autor Malte Rubach, „aber es muss keiner zum Asketen werden“.
In seinem Buch „Die Ökobilanz auf dem Teller“ gibt er Tipps, wie man „vital und gesund bleiben kann, genussvoll isst und nicht den Spaß am Leben verliert, nur weil Ihnen jemand vorgaukelt, ab jetzt müssten Sie mit Kichererbsenbrei und Hafer-Drinks zur Weltrettung beitragen.“ Dabei hat Rubach weder gegen Kichererbsen noch gegen Hafer-Drinks etwas einzuwenden, ihm geht es darum, Lebensmittel nicht pauschal abzuwerten.
„Wir sollten definitiv weniger Fleisch essen, aber es muss keiner zum Asketen werden.“
Weniger Fleisch essen
Laut Bilharz liegt der durchschnittliche CO2-Fußabdruck im Bereich Ernährung in Deutschland bei rund 1,7 Tonnen pro Person und Jahr - bei Mischkost-Ernährung. Vegetarier lägen bei 1,3 bis 1,4 Tonnen und Veganer bei ungefähr 1 Tonne. Und das bezieht sich nur auf das Essen. Das Umweltbundesamt wie auch die internationale Staatengemeinschaft haben das Ziel ausgelobt, von derzeit insgesamt über elf Tonnen CO2 auf unter eine Tonne CO2 pro Person und Jahr zu kommen.
CO2-Fußabdruck pro Kopf pro Jahr in Deutschland insgesamt: 11 t
Davon durch Nahrung:
Mischkost: 1,7 t
Vegetarisch: 1,3 – 1,4 t
Vegan: 1 t
Was am meisten CO2 verursacht, sind Bilharz zufolge Produkte von Wiederkäuern, also vor allem Rindfleisch, aber auch Käse und andere Milchprodukte, gefolgt von Schweine- und Hühnchen-Fleisch.
Planeten-Ernährung als Richtlinie
Wer sich hier einschränken will, kann sich an der „Planetary Health Diet“ orientieren. Diese Ernährungsweise ist - so beschreibt es Rubach - so ausgerichtet, dass jeder ausreichend zu essen bekommt, und gleichzeitig die planetaren Grenzen der Ressourcen nicht gesprengt werden.
Die „Planeten-Ernährung“ empfiehlt pro Person maximal 300 Gramm Fleisch pro Tag, bevorzugt Geflügel- oder Schweinefleisch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät zu nicht mehr als 300 bis 600 Gramm pro Woche. „Vor allem das Fleisch sollte regional produziert sein“, sagt Rubach.
Dazu können bei der „Planeten-Ernährung“ wöchentlich eineinhalb bis drei Liter Milch oder bis zu 300 Gramm Käse und drei bis vier Eier kommen. Hülsenfrüchte sowie Getreide werden zur Haupteiweißquelle hochgestuft, führt Bilharz aus.
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Essen nicht problematisieren
„Man könnte sich als Verbraucher und Verbraucherin beim Essen jeden Tag den Kopf darüber zerbrechen, woher einzelne Produkte stammen“, gibt Bilharz zu. Selbst Ökobilanzexperten könnten die Fragen im Einzelnen nicht beantworten, weil alles vom konkreten Einzelfall abhänge.
„Ich warne davor, das Essen zu stark zum Klimaschutz-Problemfall zu machen, weil wir beim Essen sowieso schon sehr viele Probleme haben - von Magersucht bis Adipositas“, sagt Bilharz. Auch Rubach rät, den moralischen Standard nicht zu hoch zu halten, der Genuss sollte nicht zu kurz kommen.
Dabei gingen klimafreundliche und gesunde Ernährung Hand in Hand, meint Bilharz. „Ernähren Sie sich möglichst pflanzenbasiert, achten Sie auf Ballaststoffe, wenige tierische Fette und viel Gemüse und Obst, möglichst Bio.“
Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe
Bilharz empfiehlt Bio-Produkte, weil hier strengere Restriktionen gelten, was Zusatzstoffe und Zutaten betrifft, auch bei Fleisch- oder Milchersatzprodukten. Das EU Bio-Siegel mache es für die Konsumenten einfach. Wer es genauer haben wolle, könne sich mit den weitergehenden Kriterien der verschiedenen Siegel auseinandersetzen.
In den meisten Regionen Deutschlands sei es darüber hinaus sinnvoll, Leitungswasser zu trinken, rät Bilharz. „Es gibt überhaupt keinen Grund, nicht das Wasser aus dem Hahn zu trinken.“ Getränke belegen Rubach zufolge in der Bundesrepublik Platz zwei beim Beitrag zur Entstehung von Treibhausgasen in Deutschland, direkt nach Fleisch. „Pro Liter ist der CO2 Fußabdruck natürlich kleiner, durch die tägliche Trinkmenge insbesondere abgefüllter Getränke steigt er aber in die Höhe.“ Mehr Leitungswasser zu trinken, wäre also ein guter Ansatz.
Klimaschutz sei immer eine Gemeinschaftsaufgabe und kein Optimierungsprojekt für den persönlichen Heiligenschein, warnt Bilharz. Deshalb komme es nicht auf eine Einzelmaßnahme an, sondern auf die Bilanz am Ende des Jahres.
Essen sei immer eine Abwägungsfrage zwischen alltäglicher Praktikabilität, Pragmatismus und einem ethischen Anspruch, so Rubach. „Sie dürfen alles essen, so lange Sie sich an ein verträgliches Maß halten.“
Quelle: dpa