Probiotische Kosmetik
KLEINSTE MITBEWOHNER – GROSSES THEMA
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Unser Mikrobiom ist in aller Mund und nicht nur da, sondern vor allem auch im Darm und auf der Haut. Während Menschen im vorherigen Jahrhundert noch mit Wasser und Seife gründlich die Bakterien von der Haut schrubbten, gilt es heute, die Hautbewohner, die die teils übertriebenen Hygienemaßnahmen übriggelassen haben, zu erhalten und anzufüttern, weil wir wissen, dass wir ohne die kleinen Mitbewohner krank werden. Während der Laie oft noch von der Hautflora spricht, hat sich in Fachkreisen der Begriff Mikrobiom etabliert, denn man hat ja keine Blümchen in Haut und Darm, sondern winzige Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilze oder andere Einzeller. Doch was erstmal nach Schmutz und Krankheit klingt, hat in der richtigen Zusammensetzung eine wertvolle Schutzfunktion gegen unwillkommene Eindringlinge.
Die Guten und die Bösen Grob unterschieden werden die Kleinstlebewesen einerseits in Kommensale, also unschädliche Mitbewohner, die mit uns mutualistisch, also zum gegenseitigen Nutzen leben und andererseits Pathogene, also krankheitserregenden Mikroorganismen. Aber auch die führen nicht unmittelbar zu Pickeln und Ausschlag, weil ein gesunder Körper den Feind im Griff hat. Bei einem ausbalancierten Hautmikrobiom halten die „Guten“ die „Bösen“ in Schach und sorgen dafür, dass sie nicht überhandnehmen. Rund 38 Billionen Bakterienzellen beherbergt der Durchschnittsmann zwischen 20 und 30 Jahren bei einer Körpergröße von 1,70 Meter und einem Gewicht von 70 Kilogramm in und an seinem ganzen Körper und noch nicht einmal ein Prozent davon ist pathogen.
Das Kern-Mikrobiom gesunder Haut setzt sich zum überwiegenden Prozentsatz aus harmlosen Vertretern wie Staphylococcus epidermidis, Cutibacterium und Corynebacterium zusammen. Wie es sich aber im Detail zusammensetzt, variiert von Mensch zu Mensch, von Frau zu Mann, es wandelt sich mit der Tages- und Jahreszeit und mit dem Lebensalter, um nur einige Faktoren aufzuführen. Selbst bei nah beieinanderliegenden Körperteilen derselben Person setzt sie sich anders zusammen. So findet man in der feucht-warmen Achselhöhle eine andere Besiedlung als auf der Haut des Schulterbereichs.
Kranke Haut heilen
Sowohl bei atopischer Dermatitis auch als auch bei Acne vulgaris steht eine erhöhte Konzentration pathogenen Keime im Zentrum des Geschehens. Während bei Atopikern eine erhöhte Konzentration des Toxin-bildenden Bakteriums Staphylococcus aureus Entzündung hervorruft, sorgen bei Akne Propionibacterium acnes für Effloreszenzen. Durch die Applikation von Basispflegeprodukten, die durch hochkonzentrierte Bakterien-haltige Extrakte angereichert wurden, ließen sich bei beiden Hauterkrankungen positive Effekte erzielen.
Prävention durch PflegeWichtig für die Hautgesundheit ist es, die natürliche Balance des Mikrobioms aufrechtzuerhalten. Doch durch Umwelteinflüsse oder aggressive Reinigungsprodukte kann dieser empfindliche Gleichgewichtszustand gestört werden. Auch Stress, Rauchen und Alkohol sind Gift für eine gesunde Hautbesiedelung. Dadurch verliert die Haut ihre epidermale Barrierefunktion, was mit einem erhöhten Feuchtigkeitsverlust einhergeht. Rötungen, Infektionen, Allergien, Spannungszustände und vorzeitige Hautalterung können die Folge sein. Bei probiotischer Kosmetik und Hautpflegeprodukten steht die Prävention von Hautproblemen im Vordergrund.
Sie sollen den Schutzmantel hegen und pflegen, um die Hautbarriere zu stärken, damit es erst gar nicht zu Hauterkrankungen kommt. Dazu sollen die Probiotika an unseren Hautzellen anhaften, um den Schutzschild zu stärken. Dieser spannende Kosmetiktrend ist erst ein paar Jahre alt und erfreut sich großer Nachfrage. Und das hat einen guten Grund: Denn in der dermatologischen Forschung erkundet man intensiv, welche Bedeutung die Veränderung des Hautmikrobioms bei Hauterkrankungen hat wie beispielsweise bei atopischer Dermatitis, Rosazea oder bei Acne vulgaris und belegt die Wirksamkeit des probiotischen Therapieansatzes mit seriösen Studien.
Probiotika in der HautpflegeAuch für probiotische Kosmetik steht die Idee im Vordergrund, dass die Förderung von guten Bakterien verhindert, dass pathogene Keime die Übermacht gewinnen. In der Hautpflege werden dafür hauptsächlich Prä-, Pro- und Postbiotika sowie Lysate eingesetzt. Anders als in der Nahrungsmittelindustrie sind die Begriffe Probiotika im Bereich der Kosmetik nicht klar definiert. Der Begriff probiotische Kosmetik wird hier meist stellvertretend für verschiedene Optionen zur Gesunderhaltung der Haut zusammengefasst. Probiotika: Hier handelt es sich um lebende Organismen oder solche, die sich auf der Haut aktivieren können, z.B. Milchsäurebakterien. Präbiotika: Sie umfassen die Nährstoffe für Probiotika, z.B. Ballaststoffe.
Postbiotika: Dies sind bioaktive Substanzen, die im Stoffwechsel von Probiotika erzeugt werden, z. B. Enzyme und kurzkettige Fettsäuren. Lysate: Es handelt sich um geschredderte Zellen eines spezifischen mikrobiellen Stammes. Aber es gibt darüber hinaus noch einen zweiten Ansatz das Mikrobiom der Haut in Balance zu halten: Nämlich den, eine möglichst hohe Verträglichkeit eines Hautpflegeproduktes zu erzielen, indem keine unnötigen, hautirritierenden und hautbelastenden Inhaltsstoffe verwendet werden. Bei diesen Stoffen handelt es sich oft um Konservierungsstoffe, Alkohol, bestimmte Emulgatoren oder unsanfte Reinigungsmittel. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine Mikrobiom-freundliche Hautpflege.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 14.
Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion