Wenn Kinder ein Arzneimittel nicht mögen, wird es schwierig es ihnen zu verabreichen. © Sam Edwards / OJO Images / Getty Images Plus

Darreichungsformen | Kinder

KINDGERECHTE DARREICHUNGSFORMEN SIND GEFRAGT

Wenn Kinder etwas nicht mögen, ist es nahezu unmöglich, es ihnen zu verabreichen. So ist es auch mit Arzneimitteln. Für Eltern und Kinder wäre es deutlich einfacher, wenn es mehr kindgerechte Darreichungsformen gäbe. Die EU stellt sich nun dieser Thematik.

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Haben Sie als Kind gerne eine Tablette heruntergeschluckt? Wahrscheinlich eher nicht. Vor allem Kinder im Vorschulalter verstehen häufig nicht, dass sie die Tablette herunterschlucken sollen oder haben mit dem Schluckvorgang an sich Schwierigkeiten. Um diesem schwierigen Ablauf sowohl für Kinder, als auch für die Eltern zu verbessern hat die EU den sogenannten PUMA-Prozess etabliert (Paediatric Use Marketing Authorization). Dieser soll Hersteller dazu motivieren, aufgrund eines vereinfachten Zulassungsverfahrens und weiteren Vergünstigungen, die bei Erwachsenen etablierten Wirkstoffe in kindgerechte Darreichungsformen umzuwandeln. „Allerdings gibt es bislang erst sechs Präparate mit PUMA-Zulassung auf dem Markt“, erklärte Professor Dr. Rolf Daniels, pharmazeutischer Technologe an der Universität Tübingen, beim Tag der Offizinpharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) in Heidelberg.

Der Prozess verläuft schleppend, denn neben der Erleichterung bei der Zulassung spielt noch ein anderer, nicht zu unterschätzender Aspekt eine große Rolle: der Erstattungspreis des Medikaments. In Deutschland hängt dieser von der frühen Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) und dem anschließenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ab. Und eben genau hier liegt das Problem: Von den sechs PUMA-Präparaten wurden Buccolam® und Kigabeq® bislang nicht bewertet, Hemangiol® wurde ein Zusatznutzen bescheinigt, Alkindi® dagegen nicht. Bei Slenyto® und Sialanar® waren sich IQWiG und G-BA uneins: Das IQWiG konnte keinen Zusatznutzen erkennen, der G-BA dagegen schon.

Das Engagement der Hersteller wird dadurch gebremst, dass eine gewisse Unsicherheit darüber herrscht, welcher Preis für PUMA-Präparate zu erzielen ist. „Die Rezeptur muss somit bei Kinderarzneimitteln eine große Lücke schließen“, so Daniels. Die Entwicklungsphase eines Kindes hat einen großen Einfluss darauf, welche Arzneiform für das Kind am besten ist. Orale Arzneiformen wie Liquida sind bei kleinen Kindern meist Mittel der Wahl.

„Für Liquida spricht, dass die Applikation, die exakte Dosierung und die Herstellung in der Apotheke relativ einfach sind“, erklärt Daniels. Dagegen sprechen mögliche Probleme bei der chemischen und/oder mikrobiologischen Stabilität, bei Suspensionen zusätzlich eine mögliche Sedimentation beziehungsweise Kuchenbildung und nicht zu unterschätzen der unangenehme Geschmack einiger Arzneimittel, der sich mit Aromastoffen nur bedingt überlagern lässt.

Damit die mikrobiologische Stabilität gewährleistet werden kann, muss normalerweise ein Konservierungsmittel zugeführt werden. Für fast alle Konservierungsmittel bestehen Anwendungsbeschränkungen bei Kindern. Allerdings gibt es alle gebräuchlichen Konservierungsmittel auch in pädiatrischen Fertigarzneimitteln. „Das geringste Übel sind Kaliumsorbat und Methylparaben“, sagt Daniels. Aufgrund der hormonellen Wirkung ist Propylparaben unbedingt zu vermeiden. Bei der Abgabe kann folgender Tipp helfen: Konservierte Zubereitungen sollten besser bei Raumtemperatur als im Kühlschrank aufbewahrt werden. „Bakterien wachsen zwar im Kühlschrank langsamer, aber das Konservierungsmittel funktioniert dort auch schlechter“, erklärt Daniels.

Möchten Apotheken beispielsweise Liquida herstellen, stehen verschiedene industrielle Grundlagen zur Verfügung. Als Beispiele werden hier Ora-Plus®, Ora-Sweet®, Ora-Blend®, InOrpha® sowie SyrSpend® SF in verschiedenen Varianten genannt. Der Professor gibt allerdings zu bedenken, dass sie zwar eine schnelle und einfache Herstellung möglich machen, sie aber vergleichsweise teuer und nicht variabel sind. Stattdessen empfiehlt er die NRF-Stammzubereitung S.52. als „übersichtliche Formulierung, die man für viele Zwecke einsetzen kann“.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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