Mann mit Glatze © Viktor_Gladkov / iStock / Getty Images
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Haarausfall

KAHLER KOPF

Haare haben für den Körper eine Schutzfunktion vor Kälte oder Sonnenlicht, sie nehmen für den Menschen allerdings auch eine psychologische Funktion ein. Schließlich steht die Haarpracht symbolisch für Gesundheit, Schönheit und Jugend.

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Zwischen 60 und 100 Haare verliert ein Mensch täglich – dieser Prozess ist zunächst ein ganz normales physiologisches Geschehen, denn die Lebensdauer der Haare ist naturgemäß begrenzt. Immerhin 100 000 bis 150 000 Haare befinden sich für gewöhnlich auf der menschlichen Kopfhaut, sie wachsen täglich 0,35 bis 0,5 Millimeter. Man bezeichnet verstärkten Haarausfall als Effluvium, dieser ist von der Alopezie (Haarlosigkeit) abzugrenzen. Jedes Haar durchläuft einen Zyklus, die Zyklen der einzelnen Haare sind asynchron, sodass der Kopf in der Regel stets behaart ist. Ruht das Wachstum für einen längeren Zeitraum, lichtet sich die Haarpracht allmählich. Betroffene, insbesondere Frauen, empfinden den Haarverlust aufgrund der kosmetischen Veränderung meistens als sehr belastend. Häufig ist die Apotheke die erste Anlaufstelle, bei der sich Personen mit gesteigertem Haarausfall Hilfe erhoffen.

Der normale Haarzyklus Das menschliche Haar besteht im Wesentlichen aus hochspezialisierten Proteinen, dem Keratin. Sie entstehen in den Haarfollikeln, welche die Haarwurzeln umgeben. Der Haarwachstumszyklus gliedert sich in mehrere Phasen: Man unterscheidet die Anagenphase (drei bis sechs Jahre), die Katagenphase (ein bis zwei Wochen) sowie die Telogenphase (zwei bis vier Monate). Demnach verbleibt ein Haar für etwa sechs Jahre auf der Kopfhaut, bevor es ausfällt und ein neues nachwächst.

Jeder Haarzyklus beginnt mit der Wachstums- beziehungsweise Anagenphase, in welcher ein Haarfollikel die Bildung eines neuen Haares einleitet. In der darauf folgenden Übergangsphase (Katagenphase) wird das Haar umgebaut. In der Telogenphase endet der Wachstumsprozess. Die Haare verbleiben noch zwei bis vier Monate im Haarfollikel, fallen dann beim Haarewaschen oder beim Kämmen aus und werden schließlich in der Wachstumsphase durch neue Haare ersetzt. Störungen des Zyklus (wie etwa eine verkürzte Anagenphase) führen zum klassischen Erscheinungsbild des Haarausfalls.

Verschiedene Auslöser Der Haarzyklus unterliegt hormonellen Einflüssen, daher können Hormonumstellungen des Körpers zum Effluvium führen. Frauen nach der Schwangerschaft oder beim Ansetzen oder Umstellen von hormonellen Kontrazeptiva sind gelegentlich davon betroffen. Die in oralen Kontrazeptiva häufig enthaltenen Antiandrogene zeigen allerdings einen gegensätzlichen Effekt und verbessern einen androgenetischen Haarausfall bei Frauen. Auch pathologische Veränderungen der Schilddrüse, Eisenmangel, Chemotherapie, die Einnahme von Arzneimitteln wie Betablocker, Cholesterinsenker oder Retinoide sowie toxische Ursachen (zum Beispiel eine Vergiftung mit Thallium) führen zu einem akuten Haarverlust.

Manchmal ist die Symptomatik genetisch bedingt oder beruht auf einer falschen Behandlung der Haare (zum Beispiel zu straffer Zopf). Befindet sich der Organismus in einem Ausnahmezustand (zum Beispiel bei Stress, bei Crash-Diäten oder nach einem Infekt) gehen die Haarfollikel unter Umständen verfrüht in die Telogenphase über, sodass die Haare nach drei bis vier Monaten ausfallen. Nach Beendigung der Situation wachsen sie jedoch ohne Therapie wieder nach. Gelegentlich berichten Kunden nach dem Wechsel von Lichtmangel zu Lichtreichtum (saisonal oder nach Langstreckenflügen) über Haarausfall. Die androgenetische Alopezie ist eine durch Androgene hervorgerufene Störung des Haarwachstums, die genetisch bedingt und altersabhängig auftritt.

Dabei handelt es sich um die am häufigsten vorkommende Form des Haarausfalls – 50 bis 60 Prozent aller Männer über 50 Jahre und 23 Prozent aller Frauen zwischen 50 und 59 Jahren sind betroffen. Bei der Alopecia androgenetica ist der Haarwachstumszyklus, insbesondere die Anagenphase, verkürzt, die Telogenphase ist hingegen verlängert. Das Haar- kleid lichtet sich allmählich, die Haarpracht wird weniger und dünner. Bei Männern entstehen zunächst die typischen Geheimratsecken, bei Frauen lichtet sich das Haar vor allem am Scheitel. Kreisrunder, entzündlicher Haarausfall (Alopecia areata) beruht auf einer Störung des Immunsystems. Entzündungszellen, welche die Haarzwiebel umgeben, schütten wachstumsschädigende Substanzen aus und rufen den Haarverlust hervor. Man geht bei dieser Variante von einer genetischen Ursache aus.

Wirklich Haarausfall? Gerade bei langem Haar erscheint der Haarverlust oft erhöht. Die ärztliche Diagnostik verschafft Klarheit.

DiagnostikPTA und Apotheker sollten Kunden mit Haarausfall zu einem Arztbesuch raten, damit nach der Diagnostik eine gezielte Therapie möglich ist. Mit Hilfe eines Trichogramms ermittelt der Arzt die Phasen des Zyklus, den Anteil des Haarverlustes sowie die Wachstumskapazität. Eine Blutuntersuchung liefert ebenfalls wichtige Hinweise auf die Ursachen.

Gegen den KahlschlagEs gibt verschiedene Möglichkeiten, Haarausfall zu behandeln. Zu beachten ist, dass die genetische Veranlagung nicht geändert werden kann. Die Therapieziele bestehen zum einen in dem Beenden des Haarverlustes sowie im Idealfall zu einer Verdickung des Haarschafts. Der ATP-abhängige Kaliumkanalöffner Minoxidil eignet sich zur topischen Therapie bei Alopezie. Es gibt eine lokal zu applizierende Lösung sowie einen Schaum mit dem Wirkstoff. Beides ist ohne Rezept in der Apotheke erhältlich. Minoxidil erweitert die Blutgefäße und aktiviert die Blut- und Nährstoffversorgung der Haare. Es kann von Frauen und Männern verwendet werden.

Eine systemische Behandlung konnte sich gegen die topische Behandlung nicht durch- setzen, wird jedoch in niedrigen Dosierungen erprobt. Der 5-alpha-Reduktasehemmer Alfatradiol (17-alpha-Estradiol) dient ebenfalls der äußerlichen Behandlung der genetisch bedingten Alopezie. Die Substanz stoppt die Umwandlung des Hormons Testosteron in Dihydrotestosteron. Die Haartinktur ist rezeptfrei erhältlich und eignet sich für Frauen und Männer mit Haarausfall. Der verschreibungspflichtige Wirkstoff Finasterid kommt in der Dosierung von einem Milligramm pro Tag seit über 18 Jahren zur Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls bei Männern zum Einsatz.

Die Substanz hemmt selektiv das Enzym 5-alpha-Reduktase Typ II und verhindert dadurch die Bildung von Dihydrotestosteron. Im Gegensatz zu Minoxidil-Präparaten greift Finasterid systemisch in den männlichen Hormonhaushalt ein und verursacht daher auch häufiger unerwünschte Begleiterscheinungen. Einige Vitamine und Mineralstoffe (Folsäure, Zink, Kupfer, Eisen, Biotin und Selen) vermindern Haarausfall, falls ein Mangel der entsprechenden Substanzen im Körper vorliegt.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Apothekenkosmetik der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 70.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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